In jedem Baum wohnt ein Geist. Sein Wohlergehen zu beeinträchtigen, belastet diese Stätte mit Unglück.
Aus Asien
Gabi hat diese Rinde fotografiert. Ist sie nicht wunderschön, wie Wellen?
Wenn die Blätter fallen, sieht es aus, als tanzten sie ein letztes Mal, ehe sie, zu großen Haufen aufgetürmt, dazu einladen, hineinzuspringen. Rilke schildert in seinem Text etwas, was wir im Sommer bemerken, wenn wir nachts auf einer Wiese liegen und in den Himmel schauen – da scheint es uns nach einer Weile, als würden die Sterne auf uns niederfallen. Und nun fällt die schwere Erde aus den Sternen hinab. Erde und Sterne verbindet offenbar sehr viel miteinander.
Von diesen Verbindungen ahnen wir modernen Menschen nicht mehr viel, früher war das anders. Da wusste man noch, dass die Kinder von Meister Adebar auf die Welt gebracht werden, dem Storch, der sich mit den drei Farben des Lebens schmückt: weiß, rot und schwarz. Weiß wie Schnee ist die Haut, Haare so schwarz wie Ebenholz und Lippen so rot wie Blut sind die Farben Schneewittchens, bis ins Märchen hinein hat es dieses Wissen geschafft, wie alle Märchen Chiffren für kosmische und menschliche Geheimnisse sind.
Meister Adebar – Adebar bedeutet: von den Sternen gebracht. Ist das nicht unendlich schön? Die kleinen Kinder werden von den Sternen zu uns gebracht. Mit dem Segen des Tierkreises fliegen sie durch ein bestimmtes Sternentor zu der Familie, die sie sich ausgesucht haben, um dort aufzuwachsen und zu lernen, was sie sich vorgenommen haben. Wir stellen bis heute Holzstörche in den Dörfern auf, um Babys willkommen zu heißen und wissen oft nicht mehr, was dahinter eigentlich an tiefster Weisheit verborgen ist.
Wenn die Blätter fallen, endet ein Vegetationszyklus, doch nicht das Leben. Die Blätter sinken zur Erde, um sich zu verwandeln, dem Baum seinerseits wieder zur Verfügung zu stehen und im Frühjahr erscheinen die neuen Blätter. Der große Jahreskreis. Im alten Ägypten glaubten die Menschen, die Sonne würde am Abend im Nil versinken und darunter durchgezogen von einem mächtigen Pferdewagen, der sie am nächsten Morgen erneut emporsteigen lässt nach der Reise durch den nicht sichtbaren Teil der Welt, die Nachtmehrfahrt der Sonne.
Alles braucht eine Nachtmehrfahrt, um neu zu erstehen. So, wie die Zeit an und mit der Sonne wichtig ist, ist die Nacht, ist der Winter wichtig und die Zeit, in der manches stillsteht. Im Stillstand kehrt Ruhe ein. Gelingt Besinnung. Wächst Neues.
So entsteht Verbindung zwischen Himmel und Erde, indem man sich bewusst mit beiden Polen verbindet, sich demütig hineinstellt in die großen Zyklen und Rhythmen des Kosmos. Dann kann Vertrauen wachsen, entsteht Hoffnung, erwächst aus Demut Mut, entwickelt sich Tatkraft, wenn sich das Herz erwärmt hat.
Im vollkommenen Vertrauen darauf, dass es etwas gibt, was unser Fallen hält. Dieses Vertrauen werden wir sehr wohl brauchen.
Allen einen Tag, der auch Momente der Freude kennt, denn das ist Jupiterkraft.
Danke an Steffi für das wunderbare Foto. So viel Tanz der Blätter.
Herbst
Die Blätter fallen, fallen wie von weit,
als welkten in den Himmeln ferne Gärten;
sie fallen mit verneinender Gebärde.
Und in den Nächten fällt die schwere Erde
aus allen Sternen in die Einsamkeit.
Wir alle fallen. Diese Hand da fällt.
Und sieh dir andre an: es ist in allen.
Und doch ist Einer, welcher dieses Fallen
unendlich sanft in seinen Händen hält.
Rainer Maria Rilke, 11. 9. 1902, Paris
Den farbstarken Farn hat Steffi fotografiert. Welch ein Künstler ist die Natur.
Wahre Freude – das ist etwas, das viele Menschen 2020 nicht so erleben. Angst macht das Herz schwer, Freude macht es jedoch leicht. Was hindert uns daran, in der Freude zu sein? Dass sich ein Virus ausbreitet, können wir nicht verändern, wir können nur lernen, mit dieser Herausforderung unsere gangbaren Wege zu finden, damit wir nicht erkranken und andere Menschen schützen können. Dass das Klima durch unsere Handlungsweise massiv ins Schwanken gerät, können wir nicht über Nacht verändern, nur dadurch bewältigen, dass wir uns vieles bewusst machen und daraus Konsequenzen entstehen, die wir zu leben haben.
Dass Menschen nett zu uns sind oder unfreundlich, liegt oft nicht in unserer Hand. Manchmal liegt es daran, dass es aus einem Wald herausschallt, wie man hineinruft. Und wer selbst zu sich negativ, hässlich in Gedanken und abwertend ist, darf nicht erwarten, dass unser Gesprächspartner Rosen streut, wenn er merkt, wie wir uns selbst gegenüber drauf sind.
Was hindert uns an Freude? Unsere Gedanken sind negativ, sie kreisen um vermeintliche oder tatsächliche Katastrophen. Wir denken uns förmlich in unfreundliche Rohrfresser hinein, die unsere Gehirnbahnen festigen und zementieren.
Freude ist, im Moment zu sein. Das Spiel heute von Sonne und Wolken zu sehen. Die Farben in der Natur staunend wahrzunehmen als Geschenk, das uns die Natur macht. Freude ist, jemandem ein zauberhaftes Lächeln zu schenken und wenn das Herz strahlt, schicken wir das über die Augen sehr wohl zu einem anderen Menschen hin, es kommt an! Freude sind die kleinen Gesten, die wir uns gegenseitig geben können und die uns zeigen: ich sehe dich. Ich nehme dich und deine Bedürfnisse wahr. Schön, dass du da bist, schön, dass es dich gibt. Danke ist die kleinste Freude. Es gibt so vieles, für das wir danken dürfen auch in diesem Jahr.
Freude wächst im Herzen aus winzigen Samen, die wir jeden Tag dort hineinsenken und sie entwickeln, wachsen und verschenken sich, möchten aus allen Knopflöchern hinaus in die Welt. Sie warten förmlich auf empfangsbereite Mitmenschen, denn Freude ist etwas, das sich rasant vermehrt, wenn man sie teilt.
Wie wäre es mit einer viralen Freudeexplosion? Exponentielles Wachstum der Freude besiegt jede Angst. Freude ist Energie, Nahrung für viele Mitmenschen, die unter Einsamkeit, Ängstlichkeit, Panik und Nöten leiden. Freude macht Türen auf, lüftet Kopf, Herz und sorgt für Endorphine. Freude ist Bewegung und alles, was uns bewegt, hilft, besser durch den Tag zu kommen.
Was freut dein Herz? Wie schenkst du heute Freude weiter?
Der Mittwoch mit seinen Merkurkräften ist perfekt für einen bewegten und bewegenden Tag. Freude wider die Angst. Freude stärkt, Freude lässt wachsen, Freude macht Mut. Freude ist ein Geschenk, das immer ankommt.
Ich freue mich, dass du das gelesen hast. Anbei unmerklich eine große Prise verschmitzter Freude voller Licht, Sonnenschein und Leichtigkeit, die in den Herz und in dein Hirn wandern und dort einnisten mag.
Ein herzlicher Dank an Steffi für das Foto! Meister der Kamera dürfen wir jeden Tag genießen. Was für ein Privileg, oder?
Wenn wir Gott in der Menschheit dienen, können wir glücklich werden. Denn immer, wenn wir dienen, dehnen wir unser Bewusstsein aus. Wahre Freude wächst in der Ausdehnung unseres Bewusstseins. Dienen heißt, von Einen zur Vielheit zu gehen und von der Vielfalt zum Unendlichen.
Sri Chinmoy
Lieben Dank an Aurelia für das Waldfoto. Bunte Blätter, grüne Blätter und der Fluss des Lebens. Anfang und Ende.
Wer bestimmt, was du tust? Wer steuert dich? Wem folgst du?
In den letzten Tagen habe ich nach spannenden Gesprächen mit sehr unterschiedlichen Menschen viel über diese Fragen nachgedacht. Wem geben wir die Macht über uns in die Hand jeden Tag?
Es ist erstaunlich, wie oft wir gegen unsere innere Überzeugung handeln. Wie stark unsere Glaubenssätze und Prägungen unseren Alltag kommandieren und steuern, obwohl wir eine sehr feine und genaue Wahrnehmung dafür haben, was wir wahrhaft möchten. Viele Male am Tag handeln wir gegen unsere innere Überzeugung und verargumentieren dieses Verhalten als „klug“, „situativ angemessen“ und anderes Blabla.
Wie oft sitzen mir Menschen gegenüber, die so gar nicht ihrem Weg folgen, stets bemüht sich, das „Richtige“ zu tun, das andere ihnen vorschlagen, was gut zu ihnen passen soll und Geld = Lebensfreude = Anerkennung etc. pp. bringt. Da höre ich innerlich die Zeilen von Dag Hammarskjöld aus seinem bemerkenswerten Buch „Zeichen am Weg“: „Aber dieser Weg ist der Deine, und es gilt jetzt, jetzt darfst du nicht versagen. Weine, wenn du kannst. Weine, doch klage nicht. Dich wählte der Weg – und du sollst danken“.
Jeder kann nur seinen eigenen Weg gehen. Niemals den, den andere sich ausgedacht oder überlegt haben. Niemals passt ein Weg, der nur zu Rosinen führt oder nur durch Täler der Tränen. Es ist immer im Wechsel, das Leben und der Weg, der unserer ist, entsteht erst, indem wir ihn gehen. Indem wir der Stimme vertrauen, die uns in so viele verschiedene Situationen führt, in denen wir lernen, wachsen, gedeihen. Altes, nicht Tragfähiges abstreifen. Neues einladen. Dünnhäutig im Wind stehen. Offen, verletzlich, jedoch ehrlich, wahr und authentisch.
Wir haben keine Zeit für Spielchen mehr. Wir haben wenig Platz für Dauernörgler, Selbsthasser und Pessimisten. Die Welt ist reif, um neu gestaltet zu werden aus Liebe, Respekt, Wertschätzung und Demut vor der Schöpfung heraus. In guter Kraft und tiefer Freude. Offen für viele mögliche Zukünfte. Bereit, in die Stille zu gehen und zu lauschen, damit wir die feinen Stimmen unserer inneren Wahrheiten wieder erleben können und lernen, ihnen zu glauben und zu vertrauen.
Wer steuert dich heute? Was sagt deine feine zarte innere Stimme dazu? Warum handelst du gegen dich?
Dienstage sind kraftvolle Tage mit der Unterstützung des Mars. Hab einen tatkräftigen Tag.
Stephanie hat diese Farbsymphonie eingefangen.Wir werden all diese Farben in unserer Seele gut brauchen können, wenn die Tage grauer werden. Dann malen wir uns eben unser Herz bunt und teilen die Schönheit.
Die Woche ist im Flug vergangen. Nach unserer Prüfungswoche galt es, die Termine, die deshalb nicht stattfinden konnten, unterzubringen. Am Freitag ging es nach Vaihingen zur Akademie, um die angehenden Heilpraktiker für Psychotherapie mit Bergen von Krankheitsbildern zu konfrontieren, die gelernt werden wollen. Auf der Heimfahrt traumhafte Farben entlang der Autobahn – goldener Oktober.
Die Fahrt war deshalb schön, weil wir nach alter Zeit heute angefangen, also eine Stunde früher als üblich Schluss gemacht haben und so jeder im strahlenden Sonnenschein nach Hause fahren konnte. Das ist toll. Und ich freue mich riesig über die geschenkte Stunde heute Nacht. Kleiner Nachholbedarf.
Sehr intensive Gespräche gab es am Wochenende darüber, wie wir mit der derzeitigen Krise umgehen können. JETZT ist der Moment, um sich persönlich weiterzuentwickeln als Maßnahme der Standortfindung ebenso wie als Mittel gegen Angst und Stillstand. Angst lähmt uns und wenn wir uns auf den Weg machen, unsere Ressourcen zu entdecken, aus unseren großartigen Fähigkeiten Neues zu gestalten und das Feld der Möglichkeiten zu erkunden, hören wir auf, Opfer von Angst und Panik zu sein. Es geht nicht um Verharmlosung der Lage oder eine Einschätzung, dazu bin ich als einzelner Mensch ohne Kenntnisse der Virologie nicht in der Lage. Mein Fokus liegt aber auf einer azyklischen Gegenbewegung: Wenn alles panisch wird, werde ich kreativ. Wenn alle ihr Geld zusammenhalten aus Sorge, dass das Land bald untergeht, investiere ich, damit die Firmen, die mein Vertrauen verdienen, nicht auch noch in den Bankrott gehen, denn genau das passiert jetzt gerade. Der Lockdown im Frühjahr war nicht das Problem, sondern unser Verhalten jetzt, unsere Unsicherheit und Angst.
Es geht weder um Unvernunft oder Ignoranz. Hygienemaßnahmen einhalten halte ich für sinnvoll. Und es geht dennoch darum, dass wir uns nicht daheim verbarrikadieren, sondern machen, was möglich ist. Nicht auf Teufel komm raus und es ist auch jedem Menschen absolut zuzugestehen, dass er so handelt, wie er es für sich selbst als sinnvoll erachtet. Aber es ist kein guter Plan, jetzt vor Angst alles abzusagen, sich einzuschließen und an Einsamkeit einzugehen. Es ist jetzt die Zeit, seine Fähigkeiten auszubauen, seine Ressourcen zu kennen und sein Talent in die Waagschale der Welt zu werfen. Es braucht jetzt Ermutiger, Unterstützer, Stärkende und Liebende. Unverzagte, die aufrecht bleiben. Menschen, die Leuchttürme sind durch ihr Verhalten, ihre Ruhe, ihren Mut und ihr kluges Handeln. Wenn wir uns alle an unsere Stimmung des „wir schaffen das“ vom Frühjahr mal erinnern wollten? DAS war eine gute Stimmung. Da waren wir getragen. Jetzt sind wir geduckte verängstigte Schatten unserer Möglichkeiten. Depressiv, angstgeplagt und zukunftsverzagt. Mal ehrlich – was soll dabei herauskommen? Eine gute Zukunft? Was also kannst du heute tun, um deine gute Zukunft in Angriff zu nehmen? Vielleicht anmelden beim LebensKUNSTseminar? Beim neuen Mitte-Kurs?
Allen einen guten Start in eine neue Woche, in der wir die Farbenpracht des Herbstes ebenso sehen wie die Früchte, die wir jetzt ernten, Dankbarkeit für vieles, was gut ist und uns stärken dürfen an Sonne, Licht und vor allen Dingen Hoffnung. Wir werden lernen, mit dem Virus zu leben. Wir werden eine gute Zukunft kreieren. Alle miteinander. Es braucht jeden Einzelnen, aber nicht mit einer Decke über dem Kopf, sondern mit wachen Augen, Ohren und liebevollen Händen.
Danke an Steffi für dieses wunderbare Bild. Möge es euch eine Ermutigung sein. Montag! Wir starten wieder eine neue Woche voller Wunder. Was wird deines werden? Lass dich überraschen.
Was glaubst du? Woran glaubst du? – Zwei ähnlich klingende Fragen. Zwei sehr schwierige Fragen.
Manchen Menschen glauben nur, was sie sehen oder selbst überprüfen können. Sie halten Materie für Realität. Eine Zeitlang habe ich Artikel gesammelt über ungewöhnliche Vorkommnisse, also Ereignisse wie „Kind wird vom Laster überrollt und Mutter hebt Laster an, um das Kind hervorzuziehen.“ „Mann springt auf einen Baum auf der Flucht vor einem Tier und als man ihn rettet, stellt man fest, dass der erste Ast auf fünf Metern Höhe ist.“ „Ein Mensch mit geistiger Behinderung (was an sich rein gar nicht geht, aber das ist ein anderes Thema) hebt einen Viertürerschrank voller Geschirr mit einer Hand an“ und vieles mehr. Ich fand es faszinierend, dass wir in bestimmten Situationen im Leben einen anderen Zugang zu dem finden können, was wir unter Materie verstehen. Also war das abgehakt, Realität ist nicht Materie, Materie nicht Realität.
Die Frage ist oft an ein bestimmtes Gottesbild gekoppelt. Ein älterer Herr mit Rauschebart versus lächelnder Mann unter dem Bodhi-Baum plus x. „Du sollst dir kein Bildnis machen“, heißt es in der Bibel. Der Begriff Gottesbild ist also an sich verwirrend. Da bin ich schon eher mit dem Begriff des „großen Geistes“ verbunden oder dem Gedanken, den Rilke beschreibt: „Und doch ist Einer, welcher dieses Fallen unendlich sanft in seinen Händen hält“.
Klienten frage ich manchmal, ob es etwas gibt, woran sie glauben. Es ist gelegentlich einfacher, wenn Menschen an etwas glauben, weil sie dadurch Halt und Stärkung in ihren Alltagssorgen bekommen. Viele Menschen haben einen kleinen Altar daheim und gestalten ihn nach ihren Vorstellungen. Er erinnert sie daran, dass wir als Menschen Bestandteil eines Systems sind, in dem es viel mehr gibt als das, was wir sehen und wahrnehmen können. Es hilft ihnen, sich nicht verlassen zu fühlen, beschützt und behütet zu sein.
Ich weiß nicht, wie oft ich in diesem besonderen Jahr die Worte „beschützt“, „behütet“ und „geborgen“ gebraucht habe. Selten waren sie so wichtig, so bedeutsam, so ein Halt für Menschen. Wenn sich alles verändert, nichts mehr ist wie vorher, braucht es ein Gefühl des Beschützt- und Behütetsein in etwas Größerem. Das Vertrauen darauf, dass alles sinnvoll sein kann, auch wenn wir es im Moment weder sehen noch verstehen können. Eine Geborgenheit, weil wir Bestandteil einer Menschenfamilie auf dem Planeten sind.
Wenn ich nachts unterwegs bin heim von Vorträgen oder Kursen, fahre ich gern Autobahn. Es fühlt sich für mich beschützt an, wenn auf der rechten Spur Laster an Laster dahintuckert. Ich denke mir – in jedem dieser Lastwagen sitzt ein Mensch, der vermutlich sehr viel im Leben gesehen hat. Wenn irgendwas ist, wird er mir helfen. Wenn ich das erzähle, höre ich nur: Wovon träumst du nachts? – Wenn ich etwas glaube, dann das, dass wir viel mehr Vertrauen haben dürfen in unsere eigenen Fähigkeiten, die der anderen und dass wir alle auf diesem Planeten sind, um füreinander da zu sein. Irgendeiner wird halten und helfen (oder habt ihr schon skelettierte Wartende neben defekten Wagen auf Autobahnen gesehen? Irgendjemand hat geholfen, und wenn es die gelben Engel waren).
Es wird immer eine Lösung für ein Problem geben, denn kein Problem wird ohne seine Lösung geboren. Das Gefühl, verbunden und eingebettet zu sein in ein großes Ganzes ist es, woran ich glaube. Ich glaube daran, dass jeder Mensch auf dieser Welt ist, um sein Bestes zu geben. Zu wachsen, zu werden, zu sein, was er ist und werden wird. Ich glaube an die Vernunft, die Liebe, die Freundschaft und dass wir es schaffen, für Probleme gute Wege zu entwickeln. Ich glaube, dass wir Grenzen sprengen und alle Hürden überwinden können. Ich glaube, dass jeder Mensch ein Meister ist, wenn er den Zweifel zur Seite schiebt und darauf vertraut, dass jeder, der sich zeigt, auf ein offenes Herz treffen kann.
Ich glaube, dass wir das lernen werden. Dass wir die Herausforderungen dieser Zeit schaffen. Dass wir ein gutes Team auf diesem Planeten sein können. Und dass es gelingt, uns der Kraft der Phantasie, der Kreativität und des Geschenks der geistigen Freiheit gegenüber bewusst zu werden. Es braucht dafür nur eines – ein Erwachen im nächsten Level. Hass, Kampf, Krieg, Zwist hatten wir alles, war wenig erfolgreich aus Gesamtsicht, für Einzelne schon. Zukunft ist aber ein Gemeinschaftsprojekt, keine One-Man-Show. Erwachen wir. Besinnen wir uns auf unsere Kraft. Unseren Humor (den werden wir sowas von brauchen), unsere Werte und öffnen wir endlich diese Herzenstüren, die wir haben. Es ist jetzt an genau der Zeit.
Allen ein freundliches Wochenende mit vielen Momenten des Beschützt-, Behütet- und Geborgenseins.
Könnt ihr in Silkes Foto die Vögel auf den Ästen erkennen? Toll, oder? Danke für dein Foto, liebe Silke!
Manchmal ergeben sich Lücken im Terminkalender. Das eröffnet Möglichkeiten, Dinge zu erledigen, die sonst reingequetscht gemacht worden wären.
Seit ich Kind bin, finde ich Zeit faszinierend. Wenn das Pendel der Uhr hin- und herschwang, der Zeiger sehr langsam voranschritt, fragte ich mich, weshalb man Zeit messen muss. Ich wusste, wann ich Hunger habe oder müde bin. Bis heute habe ich keine Armbanduhr, die ich trage, nur eine in einer Schublade, die dann, wenn ich sie bräuchte wegen Zugterminen, mit einer leeren Batterie aufwartet. Uhren braucht man nicht mehr, hörte ich, jeder hat ein Handy, ein Störfaktor im Leben.
Ich war ein Kind, das zwischen Buchdeckeln lebte. Das Auftauchen in die reale Welt empfand ich als weniger schön. Die Menschen eilten hin und her und wollten immer, dass ich etwas mache. Wenn Termine ausfielen, fragte ich mich: Was geschieht nun mit der Zeit, die frei ist? Sofort wurde die Lücke gefüllt mit anderem. Es gab niemals einen Unterbruch in der Zeit, sie blieb nicht stehen, wie es in der Literatur oft beschrieben wurde. Sie lief einfach immer weiter. Ich wollte wissen – hat die Zeit einen Anfang und ein Ende? Wo kommt sie her, wo geht sie hin und wer bestimmt, wie viele Pendelschläge die Uhr macht? Ist in anderen Ländern eine Sekunde länger? Wie lang ist die Ewigkeit? Mein Vater war eines Tages so genervt von meinen Fragen, dass er sagte: „Es gibt ein Gebirge, das ist höher als du es dir vorstellen kannst. Alle 1000 Jahre kommt ein Vogel in das Gebirge und wetzt seinen Schnabel an einem Berggipfel. Und wenn der gesamte Berg abgewetzt ist, ist eine Sekunde der Ewigkeit vorbei.“ Ich war restlos begeistert. Ein solches Land gibt es! Was kann man dann also lesen, bis „eine halbe Stunde“ rum ist! Die Sehnsucht nach diesem Land hat mich niemals losgelassen.
Sehr viel später ist mein Verhältnis zur Zeit immer noch eins mit Fragezeichen. Ich glaube nicht unbedingt an eine Linearität, ein Herkommen aus einer Vergangenheit und ein Hinstreben zu einer Zukunft. Ich empfinde vieles als gleichzeitig, als Wahlmöglichkeit, als Raum, den man betreten kann und wenn man einen anderen nimmt, findet darin etwas anderes statt. Zeit ist für mich inzwischen ein Land mit vielen Zimmern. In manchen ticken die Uhren schnell, in anderen nicht. Wenn ich ganz in dem aufgehe, was ich mache, gewinne ich sehr viel Zeit, habe ich festgestellt. Und an manchen Tagen kocht das Wasser schneller, da bin ich noch gar nicht fertig mit dem Obstschneiden fürs Müsli und schon schaltet sich der Wasserkocher aus. Zeit ist also nicht immer „gleich schnell“. Manchmal zieht sie sich wie ein Käse, oft fliegt sie davon.
Was regen wir uns auf über mangelnde Zeit? Wir haben keinen Mangel an Zeit. Es ist genug Zeit für alle jeden Tag da. Es ist wie mit allem: Da wäre genug. Es kommt darauf an, ob wir uns davon knechten lassen oder mit ihr mitschwimmen. Sie hat so viele Qualitäten, die Zeit. Oft fehlt uns das Staunen darüber. Es gibt eine Zeit für alles.
Jetzt ist die Zeit für bunte Herbstfarben. Für leuchtende Natur. Für Astern, die ihre Strahlen so farbig in den Garten senden und mit den Lampionblumen um die Gunst des Auges streiten. Für wallende Nebel, die Schleier über alles legen, Unschärfen ermöglichen, damit Abstand, Abgetrenntsein, Ruhe. Für warmen Tee, der Zeit zum Vorbereiten, Ziehen und Genießen braucht und damit Pausenzeit ist. Es kommt nicht darauf an, die Zeit vollzustopfen unter dem Motto „wie viel geht in einen Tag“. Es ist wichtiger zu fragen: Wofür möchte ich mir Zeit nehmen? Wenn wir pi mal Daumen rund 85 Lebensjahre auf dem Planeten haben, können wir keine Zeit sinnlos nutzen. Zu schnell ist das vorbei, überziehen die nächsten Generationen den Planeten und wir sind vergessen, Bestandteil einer Ahnenreihe vielleicht. Manchen im Gedächtnis und dann kehren wir ins große Vergessen zurück, aus dem wir hergekommen sind.
Wofür wirst du heute deine Zeit herschenken?
Allen einen liebevollen Venustag.
Steffi hat den bunten Herbstwald fotografiert. Sie wandert diese Woche wieder und hat traumhafte Landschaftsfotos geschickt. Danke!
Herbstabend
Wind aus dem Mond,
plötzlich ergriffene Bäume
und ein tastend fallendes Blatt.
Durch die Zwischenräume
der schwachen Laternen
drängt die schwarze Landschaft der Fernen
in die unentschlossene Stadt.
Rainer Maria Rilke, 1875–1926
Stephanie ist im Nebel losgewandert. Danke für das Foto!
Dieses Gedicht von Morgenstern liebe ich sehr, weil es eine tiefe Weisheit enthält. Vergänglichkeit macht die Momente kostbar. Unsere Lebenszeit ist begrenzt. Menschen mit schweren Diagnosen erleben das sehr heftig und schlagartig. Dass dem so ist, wissen wir. Wir glauben aber gern, dass wir noch viel Zeit für alles haben. Wir sagen: „Im Sommer“, „Wenn ich dann im Ruhestand bin“, „Wenn die Kinder aus dem Haus sind“, „Wenn xyz“. Niemals oder selten tritt das Wenn ein.
Es geht nicht darum, dass wir sofort und unreflektiert alles haben wollen, was uns in den Sinn kommt. Weder ist das nützlich noch taugt es. Was ist uns wirklich wichtig? Welcher Mensch hat wahrhaft Bedeutung für uns und wir wissen, dass die Zeit mit genau dieser Person ein Geschenk ist? Dann sollten wir es angehen. Wer sich nichts mehr im Leben wünscht als einmal Tintagel gesehen zu haben, sollte nicht warten, sondern reisen, wenn es möglich ist. Wir sehen gerade, dass vieles dann nicht geht, wenn wir es wollen, auch das wird künftig in Überlegungen einfließen müssen, denn es wird nie mehr wie „früher“. Erinnerungen sind Schätze und sie sind in unserem Herzen zuhause.
Verbringen wir Zeit nie unter dem Aspekt des „Totschlagens“ (seltsame Vorstellung!), sondern unter dem Aspekt der Qualität. Streichen wir Dinge aus dem Leben, die uns nicht erfreuen. Gehen wir unsere Kontakte durch und trennen uns von Menschen, die uns Nerven kosten und von denen wirklich gar nie etwas zurückkommt. Überlegen wir uns stets bewusst, wofür wir uns Zeit nehmen. Zeit haben wir alle genug jeden Tag. Die Frage ist, wofür wir sie einsetzen.
Ein großer Teil wird für die Arbeit genutzt. Wichtig hier: Ist es die Arbeit, die ich tun will oder schufte ich vor mich hin unter dem Aspekt „vier Wochen Urlaub im Jahr“? Was nutzen dann diese vier Wochen voller (wahrscheinlich dann auch noch enttäuschter) Urlaubserwartungen gegen 48 Arbeitswochen, zumal wenn wir nicht reisen dürfen? Denkfehler!
Nutzen wir die Krise, um uns zu prüfen, ob wir arbeitstechnisch auf dem Weg sind, auf dem wir sein wollen. Ansonsten ändern. Wofür wir viel Zeit am Tag investieren, sollte etwas sein, das uns begeistert, inspiriert, stärkt und herausfordert! Wofür wir morgens aus dem Bett hüpfen und uns vorfreuen, dass wir es machen dürfen! Jeder Beruf hat Routinen und Ödes, klar. Wenn die Richtung generell falsch ist – haben wir in diesem Jahr nicht verstanden, dass genau das uns und damit die Welt krank macht?
Wie nutze ich meine freie Zeit? Habe ich ausreichend Zeit für Familie, für Freundschaften, Hobbys, Sport und Mahl-Zeiten? Oder ist das alles ein Abarbeiten von „muss ich noch erledigen“, „den muss ich auch noch anrufen“, „die ist sicher schon beleidigt, weil ich mich nicht melde“ – Freunde wissen, wo man steht und wie es einem geht. Sie sind nicht beleidigt, wenn ich mich nicht melde. Sie fragen dann, ob Hilfe gebraucht wird. Das ist der Unterschied zwischen Bekannten und Freunden.
Gibt es Zeit, die ich meinem inneren Wachstum widme? Religion/Spiritualität sind Wurzeln, die uns in solchen Zeiten halten können. Kunst, Kultur, Musik – wichtiger als derzeit waren sie selten. Musik, Kunst generell, sind die schärfsten Waffen, die eine Gesellschaft besitzt. Ein kritischer Geist ist ein Funke, an dem sich vieles entzünden kann. Musiker haben ebenso wie alle anderen Künstler dem Menschen zu jeder Zeit Hoffnung gegeben und gezeigt: du bist nicht allein. Wir sind viele. Unser Herz schlägt im gleichen Rhythmus. Gib nicht auf. Halten wir die Kunst aufrecht, sie ist Futter für die Seelen und wir brauchen sie! Unterstützen wir alles, was Kunst ist, damit die geistige Freiheit und Horizonterweiterung gewahrt bleibt. „Die Gedanken sind frei“.
Wer oder was ist DEIN Anker? Wer oder was erdet dich, hält dich, ermöglicht sicheres Ausruhen in stürmischer See? So, wie Kinder Wurzeln und Flügel brauchen, brauchen wir Anker und den freien Geist, um uns jeden Tag neu zwischen Himmel und Erde einzujustieren, damit wir kraftvoll in unserer eigenen Mitte stehen können.
Allen gute Anker und einen freien Geist. Schweben wir ruhig „über den Wassern“ und verbinden unsere Kraft.
Danke, liebe Sigrid, für das Ankerfoto!
Blätterfall
Der Herbstwald raschelt um mich her.
Ein unabsehbar Blättermeer
Entperlt dem Netz der Zweige.
Du aber, dessen schweres Herz
Mitklagen will den großen Schmerz:
Sei stark, sei stark und schweige!
Du lerne lächeln, wenn das Laub
Dem leichteren Wind ein leichter Raub
Hinabschwankt und verschwindet.
Du weißt, dass just Vergänglichkeit
Das Schwert, womit der Geist der Zeit
Sich selber überwindet.
Christian Morgenstern
Das Herbstlaub hat Stephanie mit der Kamera gemalt.