Die Jahresringe im Baum sagen uns etwas über das Alter. Dem Forscher sagen sie viel über die klimatischen Verhältnis, Fraßfeinde und vieles mehr. Ich bewundere die Standhaftigkeit der uralten Baumriesen, die trotz Feuersbrünsten, Stürmen, Trockenheit und vielem mehr den Jahrhunderten trotzten und vermutlich unglaublich viel erlebt und gesehen haben. Und so, wie die alten Bäume knorrig werden, werden wir auch knorriger, runzliger und vielleicht manchmal müder. Damit haben viele Menschen ein dezentes Problem, wie die Kosmetikindustrie und die Schönheitschirurgie durchaus wohlwollend zur Kenntnis nehmen. Forever young ist die Devise, nur nicht altern. Schade. Alte Gesichter erzählen Geschichten von Niederlagen, Sorgen, Freude, Lachen und allem, was das Leben ausmacht. Hören wir auf, Leben nicht mehr stattfinden zu lassen in, auf und mit unseren Körpern. Was tun wir uns da an?
Am Wochenende hatten wir zwischen unseren Filmsequenzen und diversen anderen Dingen einen guten Austausch über Weisheit, Würde des Alters und den Begriff der Schönheit. Durch die Familiensituation sehen wir jeden Tag, wie schwer es sein kann, mit den Herausforderungen des Alltags klarzukommen. Wenn man nicht mehr autofahren kann, kann man nicht mal eben einkaufen gehen. Der Einkauf verzögerte sich, weil die Pflegekraft zum Stützstrümpfe anziehen durch einen anderen Patienten aufgehalten wurde. Spannend zu sehen, wie sehr das irritieren kann, wenn sich jemand verspätet. „Jetzt ist es so voll in den Läden, das will ich nicht!“ – als ob es jetzt schlimm wäre, wenn etwas ein paar Minuten länger dauert als vielleicht gedacht. Flexibilität ist dann schwer möglich.
Am Freitag hatten wir in einer Ausbildung Erik Eriksons Begriff der Generativität. Er bedeutet, dass wir ab einem bestimmten Alter eingeladen sind, unser Wissen, unsere Erkenntnisse an die nächste Generation weiter zu geben, damit sie darauf aufbauend ihren eigenen Weg gut finden kann. Ein schönes Bild. Heute erweitert durch die Erkenntnis: alle lernen von allen. Da war der Flow summit hilfreich, der Highlights bot, darunter Seom, der von Kindern und ihrer unglaublich umwerfenden Philosophie erzählte. Ich dachte daran, wie arm wir in unserer Gesellschaft leben, wenn wir Alt und Jung, krank und gesund, behindert und nichtbehindert trennen. Es geht nicht um Inklusion um jeden Preis, das sollte der Einzelne selbst entscheiden dürfen. Es braucht künftig ein anderes Miteinander. Es muss nicht die Großfamilie sein, vielleicht eine selbstgewählte Gemeinschaft, in der alte und junge Menschen gemeinsam leben und sich unterstützen. Es gibt viele solcher Modelle, keine Frage. Die Zukunft wird noch viel mehr solche Modelle brauchen, das hat die Pandemie gezeigt – Alleinerziehende im Homeoffice und –schooling benötigen Hilfe von erfahrenen Großeltern. Denen ist geholfen, wenn einer einen Wasserkasten mitbringt oder sie zum Zahnarzt fährt. Wir werden viel mehr aufwachen dürfen in eine Welt hinein, in der wir den anderen Menschen wahrnehmen in seinen Bedürfnissen, seinem Wunsch nach Gemeinschaft, aber auch nach Rückzug und Ruhe. Es hat sich ausge ego-t. Was wirst du heute tun, um ein Wir zu unterstützen? Wie möchtest du altern?
Allen einen freundlichen Wochenstart!