Yearly Archives: 2021

Nebeliges

Nur die Tiefe nebelt, nicht der Berg.

Jean Paul, 1763-1825

Steffi hat die ersten Frühnebel für uns dokumentiert. Ist das nicht einfach wunderschön? Diese Farben!

First aid

Am Samstag wird es um Herzdruckmassage, Wiederbelebung, Staying alive und andere feine Notfälle gehen bei der Fortbildung in Erster Hilfe (die Generalprobe hatten wir diese Woche ja dafür). Auffrischung von Wissen ist sinnvoll und bei einem Notfall möchte ich nicht überlegen müssen, wie man das nochmal macht und aus Angst vor Fehlern hoffen, dass das jemand anderes in die Hand nimmt.

Klar ist jede Form der Hilfe bei einem Unfall superwichtig und wer nicht fit in Wiederbelebung ist, kann den Verkehr regeln, die Rettungsgasse mitorganisieren oder sonst wie helfen. Jede Form von Hilfe ist wichtig, auch bei Menschen bleiben, sie mit einer Decke einhüllen und beruhigen ist nützlich. Wir wissen nie, wann wir zu einem Notfall kommen oder selbst einer werden. Da sind wir froh, wenn Helfer einfach ruhig tun, was nötig ist. Ich bin gespannt, was es in der Notfallmedizin inzwischen an Neuigkeiten gibt und hoffe, dass wir einen Defi erklärt bekommen, der in vielen Parkhäusern hängt. Was man schon mal geübt hat, macht das einem kein Kopfzerbrechen mehr.

Klar wäre es irgendwie richtig sinnvoll, die Obstberge einzukochen, die aufgelaufen sind und für Fruchtfliegenalarm sorgen. Alles gleichzeitig geht nicht. Erst der Kurs und dann das Obst.

Uuuund: Ich hab mir Berge Hafermilchschaum gemacht, weil das meine neue Kaffeemaschine so fein macht. Einfach aus Jux und Tollerei, weils Spaß macht. Und weil ich gerade jetzt keinen Kaffee trinken darf, war es halt der Getreidekaffee und der mag auch Milchschaummützen. So schön können Tage sein. Den Film „Mr Holland’s Opus“ will ich gern sehen, nachdem ich mir neulich die halbe Nacht um die Ohren geschlagen habe für die Doku „I am not your Guru“. In dem Alter ist das nicht mehr gut, nach Mitternacht ins Bett zu gehen. So what, der Film war es allemal wert.

Allen ein tolles Wochenende.

 

Steffi hat diesen Senior auf Rügen entdeckt. Ist er nicht großartig?

Ozean der Wahrheit

Ich weiß nicht, wie ich der Welt erscheine
Aber mir selbst komme ich nur wie ein Knabe vor;
der am Meeresstrand spielte und sich damit vergnügte,
hin und wieder einen glatten Kiesel
oder eine hübschere Muschel als gewöhnlich zu finden.
– Während der ganze große Ozean der Wahrheit unentdeckt vor mir lag.

Isaak Newton, 1643-1727

Muscheln auf Rügen – eingefangen von Steffi mit der Kamera. Danke!

Manchmal muss es Blaulicht sein

Nur im äußersten Notfall soll man zu gewaltsamen Mitteln greifen (wenn auch bei Rochefoucault bei der Suche nach dem Glück). Ich habe heute auch zu Notfallmitteln gegriffen. Ein gutes Gespräch mit einem Klienten geht zu Ende. Wir besprechen einen neuen Termin. Der Klient wird plötzlich still, blass und atmet schwer. Erklärt mir, dass das jetzt schon das dritte Mal diese Woche so ist. Wir warten ein bisschen ab. Hinlegen. Blutdruckmessen. Der Puls rast. Da Diabetiker, die Routinefrage: Wann hast du das letzte Mal was gegessen? Keine Ahnung, gestern. Ein winziges bisschen Traubenzucker zum Test, ob es besser wird, nein. Ein Schluck Wasser löst Übelkeit aus. Die Hände werden kalt, Zittern kommt dazu. Kurz beobachtet und dann die Entscheidung – Notarzt.

Ganz fix ist ein super routiniertes, gut gelauntes und supernettes Team da. Prüft Zucker, Puls, Blutdruck, EKG. Vorhofflimmern. Ab ins Krankenhaus zum Check in der Kardiologie. Im Rettungswagen die Infusion angelegt und los geht’s, vorab Anruf in der Klinik, dass da gleich ein Herznotfall kommt.

Dann die Familie ruhig verständigt, das Auto sicher abgestellt. Jetzt können die Ärzte im Krankenhaus schauen, was mit dem Herzen ist und die entsprechenden hilfreichen Maßnahmen einleiten. Wer weiß, ob das nicht supergut war, dass das gerade hier bei mir passiert ist, denn wir bleiben in aller Regel ruhig und handeln, was jemand daheim ganz alleine in der Form vielleicht gar nicht mehr selbst tun kann.

Da bin ich immer froh, dass Fortbildung in Erster Hilfe für uns dazu gehört und wir keine Scheu davor haben, notfalls eben die „heftigeren Maßnahmen“ wie Notarzt herbitten einzuleiten, auch wenn niemand gern überraschend ins Krankenhaus geht.

Es ist so beruhigend zu wissen, dass wir Hilfe bekommen können, wenn es nötig ist. Dass es den Rettungsdienst gibt, das Team total entspannt und freundlich war, parallel gearbeitet hat und alles fix gegangen ist. In Anbetracht dessen, was gerade in der Welt geschieht, ist es ein Geschenk, dass heute so schnell Hilfe möglich war. Und wer weiß, ob der Klient nicht heute auf der Suche nach dem Glück nicht einen guten Schritt vorangekommen ist und bald froh sagen kann: Zum Glück konnte Schlimmeres verhindert werden.

 

Gestreifte Zucchini sind nicht nur optisch schön.

Für den äußersten Notfall

Mit dem Glück muss man es machen wie mit der Gesundheit: Es genießen, wenn es günstig ist, Geduld haben, wenn es ungünstig ist und zu gewaltsamen Mitteln nur im äußersten Notfall greifen.

François de la Rochefoucault

Die Laternen werden schon rot im Garten.

Gastfreundschaft

Wenn einer eine Reise tut, dann kann er was erzählen, heißt es. Wenn Menschen viele Jahre hintereinander verschiedene Teile des Jakobswegs gehen, bringen sie wie Theresa netterweise viele Fotos mit, so dass wir Daheimgebliebenen ein wenig mitreisen können. Nicht jedes Foto erzählt, wie mühsam ein Anstieg war, wie kalt der Wind geblasen oder wie heiß die Sonne gestochen hat.

Gastfreundschaft ist etwas, was wir heute kaum mehr kennen. Klar sind wir in Bezug auf Gäste auch neuerdings alle sehr außer Übung, doch die vielen Sprichwörter, die davon erzählen, dass man, wenn man einen Gast beherbergt, einen Engel oder gar Gott beherbergt, zeugen von dem enorm hohen Stellenwert der Gastfreundschaft in alter Zeit, wo es keine Hotels und B&B-Möglichkeiten oder gar Couchsurfing gab. Das kommt vermutlich der alten Gastfreundschaft noch am nähesten, weil mit Familienanschluss.

Die Zeiten sind so, dass junge Menschen nicht mehr so ins Ausland können, was ich für sehr wichtig halte. Man muss eine Zeit in einem anderen Land wirklich gewesen sein, keinesfalls als Tourist, sondern dort den Alltag mitleben. Essen, was die Menschen vor Ort essen, ihre Musik hören, ihre Lieder singen, ihre Kulturgüter kennen lernen, die Art, wie sie leben, Werte definieren und den Alltag bewältigen. Ich würde es allen jungen Menschen sehr wünschen, dass sie das alle erleben dürfen. Dann wird uns sehr bewusst, dass Menschen überall auf der Welt ähnliche Bedürfnisse haben nach einem sicheren Dach über dem Kopf, Nahrung und Wasser, Bildung und einem stabilen Gemeinschaftsleben.

Wir verlernen gerade die Grundwerte einer Gesellschaft wie Freundlichkeit, Offenheit, Nächstenliebe, aufeinander achten (nicht im Bespitzelsinn), Anteil nehmen am Leben der Nachbarn. In Großstädten kennen Menschen nicht einmal ihre Mitbewohner im gleichen Haus. Dorf kann das andere Extrem sein, wenn jeder weiß, wer wann was macht, aber so ein Mittelding wäre sehr brauchbar. Dann fällt keiner durch die Maschen des Gesellschaftsnetzes, wenn es ihm schlecht geht. Wir haben gesehen, dass es eine Frage von Minuten ist, in denen das, was wir für sicher gehalten haben, weggeschwemmt, unterspült oder von Tornados zerstört wird. Jeder kann jeden Tag in die Lage kommen, dass er sehr viel Hilfe braucht. Gastfreundschaft ist gelebte Nächstenliebe und setzt zwei Seiten voraus: Eine, die ein Dach über dem Kopf und Nahrung geben kann und eine, die das annehmen kann und nicht ausnutzt.

Wann hast du das letzte Mal Gäste bewirtet oder über Nacht zu Besuch gehabt? Was war das Besondere daran? Wie hat das dein Leben bereichert?

Allen einen freudigen Jupitertag.

 

Danke an Theresa für das Unterwegsfoto. Beim Pilgern wird viel Gastfreundschaft spürbar.

Besucher empfangen

Wer zu Hause keine Besucher empfängt, wird in der Fremde keinen Wirt haben.

Aus China.

Eine wunderschöne Herberge außen wie innen hat Theresa bei ihrer Wanderung auf dem nordspanischen Jakobsweg entdeckt. Danke für dein Foto!

Memento mori

Nach zwei Wochen Zwangspause, weil ich wegen der Kehlkopfentzündung nicht sprechen konnte, ist der normale Praxisalltag wieder angelaufen. Gestern Abend, als ich den Tag wie immer Revue passieren ließ, ist mir Schopenhauers Aussage, dass jeder Tag ein kleines Leben sei, in den Sinn gekommen und wie wahr ich das gestern empfand! Was jeden Tag vor mir ausgebreitet ist, ist eine Menge Leben in vielen Facetten. Von Trennungsthema über massive Beziehungskonflikte zu totaler Prüfungsangst, mal eher psychische, mal eher psychosomatische oder einfach Alltagssorgen-Themen und am Abend intensiv die Fragen nach Tod und Sterben, auf die sich jemand jetzt einlassen kann und muss, weil die Zeit dafür da ist. Die Benachrichtigung des Todes eines lieben Menschen im Briefkasten tat ihr Übriges.

Da saßen wir, die Klientin und ich, in der herabsinkenden Dämmerung, ohne Licht, nur mit einer Kerze und sprachen über die tiefe Angst vor dem Sterben, die oft eine tiefe Angst vor ungelebtem Leben ist. Unsere Sorge gilt nicht dem Tod, das ist uns bewusst als Fakt, aber die Angst, unbegleitet, schmerzvoll, allein und unerfüllt zu sterben. Schaue ich in die Welt, leben wir oft alle so, als würde es den Tod nicht geben, als wäre unser Leben oft ein Davonrennen vor etwas, was so an uns angebunden ist, dass es stets direkt neben uns geht. Alte Schriften kennen viele Geschichten dazu von Menschen, die versuchen, durch Flucht dem Tod zu entkommen und als sie abends ermattet in fremder Stadt ankommen, beschwert sich der Tod, warum der Mensch es ihm so schwer gemacht hat, so weit zu reisen.

In alten Zeiten gab es den Danse macabre, den Totentanz, der in Bildern erzählte, dass der Tod zu Papst und Kaiser ebenso kommt wie zum Bettelmann. In der Antike existierte das Ritual des Memento mori, „Bedenke, dass du sterblich bist“. Einem siegreichen Feldherrn folgte beim Triumphzug ein Sklave, der dem Feldherrn unter anderem stets das „Memento mori“ einsagte. In Psalm 90 ist zu finden: „Lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, auf dass wir klug werden.“ „Alles ist eitel“, steht im Buch Kohelet im Alten Testament, gemeint ist damit „vergänglich“ oder bei Luther „nichtig“, Grundgedanke von Vanitas, der Vergänglichkeit.

„Das Bewusstsein der Vergänglichkeit macht uns klar, dass wir jeden kostbaren Moment nutzen müssen“ – diese Aussage wird dem Dalai Lama zugeschrieben. Nutzen wir also unsere Momente, carpe diem. Frage: Wofür möchtest du heute deine Lebenszeit einsetzen? Sind es nichtige Dinge, denen du aus Angst folgst? Bist du auf der Spur deines Lebens, tust du das, was dir entspricht? Falls nein: Bedenke das Ende. Was willst du keinesfalls bereuen? Was ist dir so wichtig, dass es vorrangig sein sollte?

Allen einen beweglichen und bewegenden Merkurtag.

 

Steffis Foto hat mich zu diesen Frühherbstgedanken inspiriert und die berührenden Gespräche gestern in der Praxis. Manchmal erreicht man Tiefen, die lebenslang als kostbarer Schatz im Herzen bleiben dürfen. Danke.

Jeder Tag ist ein kleines Leben

Jeder Tag ist ein kleines Leben: jedes Aufwachen und Aufstehen eine kleine Geburt, jeder frische Morgen eine kleine Jugend, jedes Ausruhen und Schlafen ein wenig Tod.

Arthur Schopenhauer, 1788-1860

Steffis Fotos sind zeitlos schön. Danke!

Hinter den Gartenkulissen

Wir haben einen sehr oppositionellen Garten 2021. Durch die leicht chaotischen Umstände in diesem Jahr sind wir kaum zur Gartenarbeit gekommen. Das liegt zum Großteil daran, dass ich als mega Grasmilbenallergiker kaum mehr Zeiten habe, in denen ich den Garten betreten kann. Im Grunde begrenzt sich das auf 4 bis 5 Uhr morgens, da schlafen die Viecher offenbar noch. Zu allen anderen Zeiten reicht es, dass ich zur Mülltonne gehe (2 Meter neben dem Haus), um Haare waschen zu müssen. Sind es wegen Regen nicht die Milben, dann die Kriebelfliegen. Ich liebe Gartenarbeit, aber seit einigen Jahren wird das eher zum Problem denn zur Freude. Aus vielen anderen Gründen wie Pflege etc. ist mein halber Gartentag pro Woche auch entfallen, so dass für den Garten das Motto gilt: „Das Imperium schlägt zurück“. Im Herbst, wenn die Temperaturen wieder schön sind und die Milben irgendwo überwintern, werde ich dann die Sense nehmen und versuchen, herauszufinden, wo mal Wege waren.

Dafür blühen die remontierenden Rosen abermals mit den Herbstfarben. Was im Frühsommer rosa war, ist jetzt lachsfarbig und leuchtet herrlich. Die Äpfel werden rot, die Quitten wachsen und unser Experiment, die Kreuzung einer Pflaume mit einer Schlehe, als fertige Pflanze gekauft, erwies sich als Überraschungsei: Der gekaufte Baum hat herrlich weiß wie Schlehen es nun mal tun geblüht. Daneben schoss vor drei Jahren ein uns unbekannter Baum in die Höhe, den wir aus Neugierde stehen ließen. Kein Jahr hatte der gepflanzte Baum Früchte. Und jetzt, wie durch ein Wunder, wachsen an selbigem, ohne dass er je geblüht hätte, die Früchte, die am Schlehenpflaumenbaum wachsen sollten. Wir sind gespannt. Sie sind groß, die Früchte, im Moment gelb. Wir warten noch ein wenig ab, was das wird. Wir vermuten, dass der zweite Baum die Pflaume ist, denn Baum 1 weist alle Merkmale der Schlehe auf, auch wenn er auf einem Stamm steht. Spannend. DAS ist Garten. Ein Kosmos voller Überraschungen.

Vermutlich hätten Biologen ihre Freude bei uns, denn wir haben unglaublich viele Sorten Bienen (darunter die schwarze Holzbiene), Wespen (wie die Goldwespe), Hummeln und alles, was da kreucht und fleucht. Das hat dazu geführt, dass die meisten Fenster inzwischen Insektenschutz haben, denn große Heupferde auf dem Frühstückstisch sind einfach im Haus eine Fehlbesetzung, auch wenn es lieb gemeint sein mag. Blöderweise gibt es noch nichts gegen Spinnen, weshalb nächtliche Wanderungen durch das Haus nur noch mit rustikalem Schuhwerk erfolgen. Gerade jetzt im Übergang zum Herbst gibt es so Kandidaten, die versuchen es jede Nacht, ins Haus zu gelangen und erreichen problemlos alle Räume. Leider sind sie so groß, dass der Snappy an seine Grenzen kommt. Das freut den Gemahl, der sie alle benamt und mir dann Vorträge beim Frühstück hält, weshalb Spinnen ausgesprochen nützlich sind. Das alles, nachdem ihm Thekla 7 zum zehnten Mal entwischt ist (und ich annehme, dass sie ihn direkt beißen wird beim 11. Versuch, sie in den Garten zu werfen, was dann zur Folge hat, dass ich höre, dass Spinnenhauer nicht durch menschliche Haut …).

Manche verreisen. Ich habe einen Garten. Und eine Familie. Vielleicht wiegt das die Menge an erstaunlichen Erlebnissen auf. Im Frühherbst ist meine These – nein. Da wäre sogar ich bereit zu reisen.

Allen einen tatkräftigen Dienstag.

Opposition

Unkraut ist die Opposition der Natur gegen die Regierung der Gärtner.

Oskar Kokoschka zugeschrieben, 1886-1980

Unsere „grüne Hölle“ am letzten Wochenende.

Höhen und Tiefen

Gandhis Satz „Der Ozean kennt keine völlige Ruhe, das gilt auch für den Ozean des Lebens“ hat sehr viel Wahrheit. Als ich Steffis Foto bekam, wünschte ich mich auf der Stelle dorthin. Genau an diese Stelle, an der Steffi das Foto machte. Mal ehrlich – was gibt es Schöneres auf der Welt, als die Kunst der Wellen zu betrachten, ihrem Lied zu lauschen und zu wissen, dass die Meere die Teile des Planeten sind, die wir am wenigsten kennen? Was wissen wir über das, was in der Tiefe lebt?

Ich habe mich oft gefragt, warum wir so gern im All herumforschen, aber wenig Anstrengung unternehmen, in die Tiefsee zu tauchen. Ich glaube, es liegt an unseren Urängsten. Im All begegnen wir höchstens Aliens. Denen hauen wir bekanntermaßen auf die Mütze, damit sie uns nicht unterjochen und retten so klassisch das Universum vor Bösewichtern. In der Tiefsee könnte es sein, dass wir mit unseren allertiefsten eigenen Befürchtungen konfrontiert werden. Die Tiefsee ist unerbittlich und tötet schnell (das All übrigens in dem Moment eines Lecks im Weltraumanzug ebenso, was aber ignoriert wird. Der Held steckt den Finger rein und dichtet es so ab. Sehr realistisch gedacht). Dort leben Wesen, die unseren Alpträumen entsprungen sein könnten, weil sich ihre Körper an den Druck des Meeres angepasst haben, die vielleicht uralt sind. Letzte  Woche las ich von Fischen, die zur Zeit Martin Luthers wohl geboren wurden – was sie wohl alles erlebt haben? Aliens sehen für uns immer aus wie E.T., also „machbar“.

Vielleicht wissen wir schon viel über das All und viel über Ozeane. Lange nicht alles. Da sind wir nämlich lieber im Außen unterwegs, als wenn wir uns mit unseren eigenen Tiefen befassen müssten. Die Arbeit mit und am Schatten in uns fühlt sich für viele bedrohlich an, dabei sind es weisheitsvolle Lehrer, die uns auf ungehobene Schätze hinweisen. Und klar, es ist Arbeit. Das wollen wir ja sehr gern vermeiden, an und mit uns zu arbeiten. Wie viel einfacher ist es, Sorgen und Nöte ins Außen zu projizieren, um dem Mitmenschen froh sagen zu können, was er für Splitter im Auge hat.

Ich wünsche allen eine Woche, die überschaubare Wellen an den Lebensstrand spült. Eine Woche, in der wir das Lied der Meere vernehmen und den Hilferuf aller Wesen, die darin leben, zwischen Überfischung, Plastikmüll, Abfall, verklapptem Öl und allem, was wir meinen, dort ins Meer werfen zu müssen. Jeder Bumerang kehrt zurück. Wenn wir wollen, dass unsere Kindeskinder am Meer stehen und solche Wellen erleben dürfen, ist es unsere Aufgabe, dafür zu sorgen, dass ein Meer wieder das ist, was es sein soll – ein Ort, an dem viele Lebewesen ihren Lebensraum sauber vorfinden, indem die Gezeiten den Atem der Erde widerspiegeln und jeder im Tiefsten weiß, dass er ein Tropfen des einen Ozeans ist.

 

Danke an Steffi für dieses tolle Foto! Du schenkst vielen Menschen mit deinen Bildern Urlaubsmomente auch daheim.

Der Ozean kennt keine Ruhe

Der Ozean kennt keine völlige Ruhe – das gilt auch für den Ozean des Lebens.

 

Mahatma Gandhi

Steffi ist auf Rügen unterwegs. Wer sich bei diesem Foto an Caspar David Friedrichs Werk „Kreidefelsen auf Rügen“ erinnert fühlt, liegt nicht falsch. Danke!!!

Alles braucht sein Maß

Tugend – ein heute seltenes Wort. Ich mag es sehr. Werte, Tugenden – was sind deine geübten Tugenden? Deine wichtigsten Werte? Wie pflegst du sie? Welchen Stellenwert nehmen sie in deinem Alltag ein?

Bacon beschrieb, dass sie am besten in einfacher Fassung getragen werden – die Tugend der Bescheidenheit hat auch was in einer Zeit, in der gern marktschreierisch über vieles hinweggegangen wird, die Egozentrik gut gepflegt wird und das Ich vor dem Wir kommt. Ich halte ein gut ausgebildetes Ego sehr wohl für wichtig, denn wir brauchen es, um durch die Welt zu kommen. Doch wie alles braucht das Ego auch ein Maß.

Viele Menschen suchen in diesen Tagen Erholung. Das empfinde ich in diesem Jahr als schwerer als sonst. 2020 war alles wie in einer Schockstarre, doch 2021 trudeln wir als Gesellschaft, als Weltgemeinschaft sehr stark, wir schlingern von Krise zu Krise, privat wie global.

Ein Austausch mit einer Kollegin gestern war spannend. Auch sie macht die Erfahrung, dass es uns an jedweder Orientierung fehlt. Nun, wenn der innere Kompass nicht mehr eingenordet ist, werden wir anfällig für Einflüsse von außen. Nur die Stärkung des inneren Wesenskerns kann uns wieder einnorden. Werte, Tugenden, Stärken gehören zu den Stabilisatoren unseres Seins. Vielen Menschen half in alten Zeiten der Glaube. Das kann er nach wie vor, auch wenn sich viele mit den Institutionen schwer tun. Das Eine hat für mich mit dem Anderen wenig zu tun. Ich muss nicht im Fischerverein Mitglied sein, um zu wissen, wo die Fische sind. Kirchen sind dennoch durch die unzähligen Gebete und Gottesdienste Kraftorte, stehen nicht selten auf Kraftlinien-Kreuzungspunkten und können deshalb auch heutigen Menschen Kraft vermitteln. Wie wäre es am Wochenende mal mit einem Besuch in einem alten Kloster, einer Klosterkirche, einem Gang durch einen Heilkräutergarten dort oder einem Ort in der Natur, der uns Ruhe schenkt? Wir können das alle brauchen.

 

Ein schönes Wochenende allen. Den Urlaubsreisenden gute Fahrt, den Heimkommenden gute Ankunft, den daheim Bleibenden Freude.

 

Ein Leben ohne Kunst wäre schrecklich arm. Auch wenn es sich um eine Außenansicht des Guggenheimmuseums Bilbao mit Louise Bourgeois‘ „Maman“ handelt. Theresa hat sie für uns fotografiert. Das hiesige Pendant, Hauswinkelspinne genannt, in riesiger Größe (ich schwöre!) hat Christoph netterweise unter meinem Schreibtisch entfernt. Das ist der Grund, warum der Post heute so spät kommt. Thekla und ich in einem Umkreis von einem Meter ist jenseits meiner Vorstellung.