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Was in deiner Macht steht

Wenn ich Klienten in der Praxis frage, wie ihr idealer Tag aussieht, ist er selten sehr unterschiedlich zu ihrem regulären Alltag. Er enthält nur ein paar Dinge mehr, die Spaß machen. Sie frühstücken (mit etwas mehr Ruhe und ein wenig gesünder) und treiben dann meistens Sport und gehen danach zu einer für sie erfüllenden Arbeit. Wer partnerlos ist, hat dann einen tollen Menschen an seiner Seite, wer einen Ödjob hat, einen, der mehr Freude macht.
Gehen wir dann genauer in dieses Bild hinein, stellen wir auch da oft fest – der Partner ist toll, weil wir selbst anders sind (wäre es also möglich, dass wir bei einer Veränderung unserer eigenen Person andere Menschen anziehen? Rhetorische Frage übrigens) und der Job ist toll, weil wir Ja zu dem gesagt haben, was wir im Grunde viel lieber täten.
Schon Horaz hat festgestellt, dass es an uns selbst liegt, ob unsere Tage gut werden oder nicht – indem wir selbst unseren Anteil dazu beitragen.
Veränderung kann manchmal in Sekundenbruchteilen geschehen, dann ist sie oft sehr heftig und nicht immer gleich gewünscht, weil lange Wege zur Annahme nötig sind. Leiten wir also selbst die Veränderungen auf eine gute Weise ein, wenn wir der Meinung sind, dass sie nötig geworden sind, weil das Alte nicht mehr trägt.
Die Klienten sind manchmal sehr überrascht, wenn ich ihnen sage, dass wir bei der Beschreibung eines gesunden Frühstücks und Sport und einem guten Job keine Fee verbraucht haben, sondern sie jetzt als Reserve in petto haben können. Uns ist oft nicht mal wirklich bewusst, wie viel „Macht“ wir darüber haben, wer wir sind.
Kleiner Tipp: Wir sind die Einzigen, die entscheiden, wer wir sind, spätestens mit 20 sind wir so erwachsen, dass Glaubenssätze der Eltern und Lehrer verändert oder abgelegt werden können und wir eine Vision entwickeln dürfen (in jedem Alter übrigens), wer und wie wir sein wollen. Der Rest ist wie erwartet: Mach es Schritt für Schritt, bleib dran, entwickle Ausdauer und brich aus der großen Vision, dem Lebensleitstern, machbare Ziele runter. Nicht zu klein, damit du dich nicht an dir selbst langweilst, nicht zu groß, damit dein Hirn nicht meldet, dass man das ja eh nie schafft. Oft genug erweisen sich mittlere Wege als durchaus gangbar und zielführend.
Also – wie wird dein idealer Tag heute werden? Mach ihn dir so, dass du am Abend müde und zufrieden ins Bett gehen kannst.
Das Johanniskraut beginnt in den nächsten Wochen immer mehr aufzublühen, ehe es am 24. Juni dann den Übergang in die zweite Jahreshälfte markiert

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Bei anderen ist das Gras immer grüner

Gestern fragte mich jemand, was ich denn so eigentlich den ganzen Tag mache. So ein paar Klienten und so, das ist ja echt entspannt. Sie überlege, ob sie das nicht auch machen soll. So ein Leben fände sie total cool, weil sie acht Stunden am Tag im Homeoffice einen doofen Job habe. Ich staune, wie man das 20 Jahre machen kann.

Als Kind habe ich oft den Satz gehört: „Man schaut an die Menschen hin, aber nicht hinein“ und ich glaube, das trifft es gut. Wir wissen nichts von anderen Menschen, auch wenn wir meinen, sie zu kennen. Wir sind nicht 24 Stunden am Tag in ihren Schuhen. Vielleicht kennen wir ihre Lebensgeschichte gut, sind befreundet, die Kinder haben miteinander zu tun. Wissen wir dennoch, wer unsere Mitmenschen sind? Ich denke nicht. Wissen wir um ihre Ängste, Träume, Freumomente? Ihre Höhen und Abstürze?

Oft genug sind es Projektionen des Eigenen, was in der Begegnung mit anderen Menschen auffällt. Sie projizieren Dinge auf uns, die sie selbst haben möchten oder an sich selbst sehr ablehnen. Meistens sagen Menschen damit mehr über sich als über mich aus.

Sehr beliebt in meinem Ranking sind Aussagen wie: „Du hast es doch schön! Du hast so einen tollen Garten!“ – ja, haben WIR. Wenn du bereit bist, jeden Tag als Megaallergiker im Morgengrauen (was derzeit vier Uhr morgens ist) aufzustehen über den Sommer, damit du im Garten arbeiten kannst, weil du sonst totgestochen wirst, dann ist es schön mit Garten.

„Du musst ja nur für zwei Leute kochen!“ Oh ja. Täglich. Und ob ich für vier, 14 oder zwei Menschen koche, ist nur ein Zeitfaktor fürs Schnippeln, erleichtert aber nicht die Tatsache von drei Mahlzeiten am Tag. Und wenn wir Gruppen im Haus haben, koche ich nicht für zwei, sondern für viele.

„Du hast ja volle Unterstützung von deinem Mann!“  Richtig. Wir haben beide im gleichen Haus unseren Arbeitsplatz. Da ich einen enorm gewissenhaften Partner habe, kann es gut sein, dass der Postbote mehrmals klingelt und er dennoch nicht fünf Meter zur Tür geht, weil er gerade eine Schulung hält, mit Kunden spricht oder die geniale Fähigkeit besitzt, wenn er sich einem Problem widmet, alles andere komplett (und er meint damit wirklich 100 Prozent) ausschaltet. Körperliche Anwesenheit bedeutet für ihn ganz sicher nicht, von mir jederzeit zugetextet werden zu wollen. Kann ich gern versuchen, bringt aber nie was. Wenn er arbeitet, arbeitet er. Wenn er nicht für die Firma arbeitet, macht er seine anderen Sachen. Er hat jede Menge zu tun und tut das auch. Und wenn wir gemeinsame Zeit haben, haben wir die. Dann ist der Rest außen vor. Klare Abgrenzung, klare Wahl. Quality time hat einen anderen Stellenwert als „24 Stunden am Tag zusammen in einem Haus leben“.

So ist es mit den Projektionen. Bei anderen ist das Gras immer grüner, die Partner immer liebevoller und hilfsbereiter, die Kinder weniger aggro, drogensüchtig oder zappelig, die Eltern pflegeleichter und was immer in dieser Art kommen mag. Frage: stimmt das wirklich?

Fakt ist: Unter jedem Dach ein Ach. Jeder Mensch hat gute und schlechte Tage. Freundliche und unfreundliche Begegnungen. Leichtigkeit und Schwere, Frohsinn und tiefe Trauer. Es gibt keinen Grund zu Neid und Vergleichen ist die Wurzel von zu viel Leid auf dem Planeten.

Sei dein eigener Maßstab. Mach dir bewusst, dass du im Leben an exakt dem Platz stehst, an dem du stehen willst, sonst wärst du ja weg, oder? Mach dir auch bewusst, dass du selbst die Wahl triffst in jeder Sekunde, wie du etwas bewertest und ob du überhaupt noch etwas bewerten willst, weil es ohnehin nur zu Leid führt.

Es gibt kein besser oder schlechter, meistens gibt es nur ein „so ist es“ und dann kann man damit was machen, oder?

In diesem Sinne einen freundlichen wahlfreudigen Tag. Es ist der Jupitertag der Woche! Ist das nicht großartig? Freude ist angesagt.

Manuela hat diesen Mohn bei seiner Geburt auf der Welt begrüßt. DANKE.

Berge und Hügel

Die Menschen stolpern nicht über Berge, sondern über Maulwurfshügel.

Konfuzius, 551–479 vor Christus

Stephanie nimmt uns mit auf einen wunderschönen Bergweg. Herzlichen Dank!

Andere Länder, andere Sitten

Schon zu Fontanes Zeiten war den Menschen das Reisen wichtig. Reisen ist ein wichtiger Bildungsfaktor, wenn man so reist, dass man auch etwas von Land und Leuten kennen lernen kann. Eine Reise in einen Hotelbunker, abgeschottet vom Land, hinter Zäunen verborgen, die die Blicke der Touristen von Slums fernhalten sollen, ist aus meiner Sicht kein Reisen, sondern kollektiver Missbrauch und Verachtung für das Land und seine Menschen, Ressourcen werden vergeudet und die Menschen haben nichts vom Land, seiner Kultur und anderem verstanden.

Wenn man zu Gast in einem Land ist, sollte man sich durchaus vor Reiseantritt mit der Geschichte des Landes vertraut machen. Viel lernt man über ein Land, wenn man die Märchen liest, die dort den Kindern vorgelesen werden, die Musik hört und sich die Tänze anschaut. Wer waren Schriftsteller aus diesem Land? Wer Künstler? Wie ist die Landschaft? Wie ist Flora und Fauna, damit ich auch bewusst schauen kann? Wenn ich nichts weiß, sehe ich auch nichts wirklich.

Reisen bildet, hieß es früher und: Wenn einer eine Reise tut, dann hat er was zu erzählen. Schön ist es, wenn Reisen wirklich den Horizont erweitern kann und Menschen von tiefen Begegnungen, Ehrfurcht vor großartigen Landschaften und spannenden Abenteuern berichten. Für mein Gefühl lernt man ein Land am besten kennen, wenn man dort eine längere Zeit verbringt, vielleicht sogar die Sprache sprechen kann und auf jeden Fall nicht in Hotelbunkern residiert oder quer durchs Land unterwegs ist mit den dortigen Verkehrsmitteln. Vielleicht täte es manchem von uns gut zu erleben, wie gastfreundlich Menschen sind, wie sie leben und was ihr Glück ausmacht. Oft genug bedient Reisen unser Ego, das eine Sekunde nach Bedürfnisbefriedigung den nächsten „will ich“-Knopf drückt und das Karussell erneut antreibt.

Reisen auf Schusters Rappen im eigenen Land würde uns gut tun, denn Kinder kennen häufig irgendwelche Hotspots des Planeten, aber ihre eigene Heimat eher wenig. Wer schon alles gesehen hat, welche Ziele sollte er noch im Leben haben?

Reisen wir bewusst. Suchen wir uns, soweit es wieder möglich ist, etwas aus, was uns nährt, stärkt, inspiriert und weder die Natur noch die Ressourcen schädigt. Es gibt genug nachhaltige Reiseangebote, Kinder können hoffentlich wieder bald durch Schüleraustausch intensiver in anderer Länder Sitten und Gebräuche eintauchen.

Allen, die nun bald verreisen, gute Tage und eine bewusste Wertschätzung der Orte und Landschaften, deren Gast sie sind.

 

Steffi hat die Distel fotografiert. Sie freut sich schon sehr auf die Blüte! Dankeschön!

Alle Welt reist

Alle Welt reist. So gewiss in alten Tagen eine Wetterunterhaltung war, so gewiss ist jetzt eine Reiseunterhaltung. „Wo waren Sie in diesem Sommer“, heißt es von Oktober bis Weihnachten; „Wohin werden Sie sich im nächsten Sommer wenden?“, heißt es von Weihnachten bis Ostern.

Theodor Fontane, 1819 – 1898

Eine blühende Sommerwiese hat Manuela fotografiert. Danke dir!

Sollbruchstellen des Lebens

Vielen Menschen sieht man ihre Seelennot nicht an. Sie sind bedrückt, in Sorge, trauen sich nicht, damit nach außen zu treten, fressen es in sich hinein. Oder sie machen die Erfahrung, dass sie darüber sprechen und die Umgebung schaut sie verständnislos an, gibt „goldene Tipps“ wie den: „Reiß dich zusammen, allen geht es mal mies“. Das gilt für „normale miese“ Tage, aber nicht für ausgewachsene Krankheitsbilder wie Depressionen. Da helfen solche Ratschläge in keiner Weise.

So, wie ich bei einer schweren körperlichen Erkrankung schaue, dass ich zum entsprechenden Fachmann komme, so sollte das jeder auch bei einer psychischen Erkrankung tun. Und nicht zu lange damit warten! Wenn rechtzeitig Hilfe in Anspruch genommen wird, kann man manches noch abwenden oder leichter behandeln, als wenn sich schon negative Dinge eingeschliffen haben.

Wo wir unsere Sollbruchstelle haben, im Körper oder in der Seele, hängt von unserer Gesamtheit als Mensch ab. Der eine hat einen Bandscheibenvorfall, der andere eine Depression. Das eine sieht man, das andere nicht, was oft dazu führt, dass jemand mit körperlichen Problemen leichter als Patient anerkannt wird al jemand mit psychischem Leid.

Wir sollten als Gesellschaft ein anderes Bewusstsein entwickeln für Leid. Wenn man offen über solche Themen sprechen kann, nimmt das Druck vom Betroffenen, hilft das gegen Stigmatisierung. Das holt hinein in das Leben anstatt dass es hinausstößt in die Einsamkeit.

Wir brauchen zudem einen neuen Umgang mit Krisen. Sie gehören zum Leben, zur Entwicklung dazu. Hier wäre ein Training in Resilienz, ein Training in Selbstführung und vor allem ein Training im Erkennen negativer Glaubenssätze im Grunde ab dem Kindergartenalter eine ausgezeichnete Prophylaxe. Erziehung muss Ermutigung beinhalten, dergestalt, dass wir Kinder stark machen, vieles auszuprobieren. Zu scheitern und es erneut zu versuchen. Fehler zu machen und sie als krasse Lernchance zu nehmen anstatt als Mahnmal des Versagens. Förderung hat mit fordern zu tun; wer Menschen stärken möchte, darf ihnen auch was zuMUTen, wenn es in einem liebe- und respektvollen Umfeld geschieht. Krisenmanagement ist für alle wichtig, ebenso die Erkenntnis, dass Krisen großartige Lernchancen sind, Wachstumsfaktoren, die unsere Selbstwirksamkeit gewaltig stärken können.

So, wie wir aus überwundenen körperlichen Krankheiten gestärkt hervorgehen können und vielleicht unsere Lebensweise anpassen, so geht das auch mit psychischen Krankheiten. Nehmen wir die Stigmatisierung weg und fördern wir unsere großartigen Fähigkeiten im Bereich Anpassung und Bewältigung. Wir sind allesamt wesentlich stärker als wir meinen. Allerdings braucht Stärke Training und das Vertrauen, dass wir es schaffen.

Was schaffst du im Moment, was dich enorm herausfordert? Bist du stolz auf dich, dass du das alles gerade bewältigst? Ich feiere dich, du Heldin, du Held der Stunde, Meister und Meisterinnen der Lebenskunst!

Allen einen tatkräftigen Dienstag.

Die Feder hat Sigrid fotografiert. Danke!

Von Herzen

Und wenn ich Fürst und König wäre,

Was hülfe mir dies alles nun?

Ein redlich Herz ist vielmehr Ehre,

Ein Herz, das Lust hat, wohl zu tun.

Matthias Claudius, 1740–1815

Ein Kartoffelherz ist mir heute in die Hand gefallen.

Ein pralles Wochenende

Aufstellungen sind eine wunderbare Arbeit. Es ist berührend zu sehen, wie sich die Systeme bestens selbst sortieren und wie tiefe Erkenntnisse möglich werden. Solche Wochenenden gehen mit sehr großer Dankbarkeit zu Ende. Dankbarkeit darüber, dass Menschen wieder auf ihren ureigenen Weg zurückkehren, dass sie Geschehnisse vielleicht besser verstehen und dass sie erkennen, wie ihre eigenen Ressourcen sind. So können auch schwere und schmerzhafte Ereignisse ins System integriert und Kraft daraus gezogen werden. Je nach Lage stellen wir am 4. Juli und am 1. August vor den Sommerferien nochmals auf, wer Interesse hat, darf sich gern melden. Obligatorisch sind ein Vor- und ein Nachgespräch.

Dankbarkeit empfinde ich für die Freude, dass jemand für die Gruppe einen Kuchen gebacken hat – mein erster Rhabarberkuchen in diesem Jahr mit einem ganz tollen Rezept und sogar Sahne kam gekühlt hier an, das ist schön.

Glück hatten wir auch mit dem Wetter, damit die Gruppe gut verteilt im Garten essen kann. Manchmal passt es einfach.

So starten wir in eine Woche, die allerhand Bewegung mit sich bringen wird. Ich gehe in diese Woche mit dem tiefen Wissen, dass wir an diesem Wochenende vieles auf den Weg gebracht haben mit Menschen. Dass wir endlich wieder diese heilsame Arbeit tun durften und auch wenn es anders ist, unter Pandemiebedingungen zu arbeiten, es im Grunde um die Sache an sich geht – Systemen ihre eigene Geschichte abzulauschen und die Qualitäten darin zu erkennen. Wie gut, dass das möglich war.

Ebenfalls ein Grund zur Freude ist die Tatsache, dass die angehenden Heilpraktiker beschränkt auf das Gebiet der Psychotherapie (so lautet der Titel wirklich) ihre Ausbildung abgeschlossen haben und nun ins Lernen für die Überprüfung an ihren Gesundheitsämtern gehen. Der 40. Kurs war das für mich. Und ja – ich liebe es! Lernt fleißig weiter, dann wird es prima mit der Prüfung. Danke für euer Vertrauen in uns als Ausbildungsstätte. Wer die Ausbildung machen will: wir starten wieder am 10. September, die Anmeldeliste ist offen. Willkommen bei uns!

Podcastfans: ich hab den nächsten Podcast aufgenommen und bald kommt er.

Allen einen guten Start in eine freundliche Woche.

 

Ursula hat die Borretschblüte mit dem fleißigen Besucher fotografiert. Danke dir!

Hitzetipps für euch

Schwülwarm. Na dann. Sommer in Deutschland. Es sei allen gegönnt, die es gern warm mögen. Ich sage es mal so: ab 24. Juni geht es wieder in die andere Richtung. Es gilt ab da dann der feine Satz aus Game of Thrones: Der Winter naht (endlich).

Ich kann gut nachvollziehen, wenn Menschen wetterfühlig sind. Manchmal sind Verletzungen die Ursache, Knochenbrüche, auch wenn sie lange her sind, oft Krankheiten, die die Menschen sensibler für solche Einflüsse machen. Viele belächeln das. Nur weil wir manches noch nicht wissenschaftlich nachweisen können, bedeutet das nicht, dass es inexistent ist. Manches erfährt man erst mit zunehmendem Alter am eigenen Leib.

Das sind so die Temperaturen und Luftfeuchtigkeiten, bei denen ich alle im Norden beneide. Christophs Arbeitskollegen in Hamburg merken gelegentlich an, dass es bei ihnen doch in Vergleich eher kühl ist – beneidenswert. Am Morgen sagte Christoph: Wir wären vielleicht im Norden auch gut aufgehoben. Mein erster Gedanke: Wann ziehen wir um? Wir mussten uns kurz bremsen, weil wir ja die Meister der schnellen Entschlüsse in solchen Fragen sind und praktische Erwägungen wie unsere drei kranken Familienangehörigen dem krass entgegenstehen.

Gut, dass wir unser Pfefferminzhydrolat haben, das kann man am Abend gut aufsprühen und es kühlt ein wenig runter. Ein feiner Tipp sind die Pflanzenwässer, die nicht nur gut für die Seele sind (hier vor allem das Orangenblütenhydrolat oder Lavendel und Rose), sondern auch perfekt für kleine Beulen und blaue Flecken für Wanderer (das ist das Immortellenhydrolat, das „Superarnika“ der Pflanzenwässer). Ich bevorzuge die Hydrolate von Primavera, probiert aus, was euch gefällt. Wer gleich aus Hydrolaten einen tollen Bodysplash machen will (dazu wird das Hydrolat mit Aloe Vera Gel und Weingeist versetzt, was dann auch bei sonnengestresster Haut super kühlt und heilt), darf sich auf die neue Holunderelfe vorfreuen, denn da gibt es tolle Rezepte dazu. Bald kommt die tolle Sommerausgabe! Für Hängematte und Freumomente.

Bewährt seit langem sind Kneippanwendungen. Wechselduschen helfen, auch der Kneippespresso: in ein tiefes Handwaschbecken Wasser einlassen, einfach stehen lassen und immer wieder mit den Armen rein, abstreifen, fertig. Ich packe gern ein bisschen Rosmarin- oder Zitronenbademilch dazu, das hilft auch noch durch den Duft, ein bisschen Energie zu spenden. Ich wäre sehr begeistert von einer Wassertreten-Anlage im Garten und einem tiefen Armbecken draußen. Das sind so einfache und absolut geniale Hitzehelfer.

Ansonsten gilt für alle: viel trinken! Damit das besser funktioniert, kann man sein Wasser perfekt pimpen: mit Zitronen- oder Orangenscheiben, mit Kräutern frisch aus dem Garten wie Minze, Zitronenmelisse und anderem. Supergut: Gurke und Basilikum. Oder ein bisschen tiefgekühltes buntes Obst in den Krug, Wasser drauf und genießen. Geht auch mit Mangostückchen. Probiert es aus.

Allen ein schönes Wochenende mit wenig Wetterchaos und viel Durchatemmöglichkeiten.

 

Ursula hat die beiden beim Entspannen auf einer Wanderung entdeckt. Danke für dein Foto!

Burggeschichten

Auf einer Burg

Eingeschlafen auf der Lauer

Oben ist der alte Ritter;

Drüber gehen Regenschauer,

Und der Wald rauscht durch das Gitter.

Eingewachsen Bart und Haare,

Und versteinert Brust und Krause,

Sitzt er viele hundert Jahre

Oben in der stillen Klause.

Draußen ist es still und friedlich,

Alle sind ins Tal gezogen,

Waldesvögel einsam singen

In den leeren Fensterbogen.

Eine Hochzeit fährt da unten

Auf dem Rhein im Sonnenscheine,

Musikanten spielen munter,

Und die schöne Braut, die weinet.

Joseph von Eichendorff, 1788–1857

Ursula schenkt uns diesen Blick aus einer Burg

Hirnerweichung

Heute geht der Kurs für die angehenden Heilpraktiker, beschränkt auf das Gebiet der Psychotherapie, zu Ende. Der zweite Kurs, der zwischen Präsenz- und Online wegen der Pandemie hin- und hergeswitcht ist.

Wir stellen eine Ausbildungsmüdigkeit fest. Entweder haben die Menschen keine Lust mehr, sich aufwändige und tiefgreifende Ausbildungen aufzuladen, weil „eh alles den Bach runtergeht“ (genau deswegen könnte das so geschehen) oder sie möchten entspannt und mit einem Glas Wein (!) daheim auf der Couch sitzen und sich Bildungsformate reinziehen.

Das hat Schattenseiten. Auf der Couch sitzend lernen wir nicht. Um etwas wahrhaft greifbar und einsetzbar mit Verantwortung für andere Menschen zu erarbeiten, muss man sich nach wie vor auf den Hosenboden setzen und dafür sorgen, dass es Formen der Überprüfung gibt: Habe ich den Lehrstoff wirklich verstanden? Kann ich ihn mit eigenen Worten erklären? Kann ich die Übungen anwenden, weil ich sie in einer Gruppe (auch das geht online problemlos) nicht nur einmal, sondern zigmal trainiert habe? Kein Mensch tritt bei Olympia an und hat sich gerade die ersten Laufschuhe seines Lebens besorgt, oder?

Der Grund für unsere Übefaulheit und Couchhockerei ist einfache Chemie: Wenn wir uns durch die Welt klicken, bedienen wir unser Belohnungszentrum im Gehirn mit Dopamin. Das freut das System. Der Haken daran: Dopamin sorgt leider nicht dafür, dass wir unseren Hintern bewegen und das, was wir „konsumiert“ haben, auch zu earbeiten, umzusetzen, zu üben und in die Welt zu tragen.

Das ist Käse? Dann lege doch gern mal für ein paar Tage deinen Taschenkobold weg. Bleib allen Medien fern. Beobachte – wie lange kann ich mich am Stück problemlos konzentrieren? Werde ich aggressiv, wenn ich nicht aufs Handy schauen darf? Stelle ich nach drei Minuten Lernen oder Arbeiten fest, dass ich mal schnell die Mails checken muss? All das ist inzwischen krasse Realität. Ohne dass es die meisten bemerkt haben, sind sie in eine knallharte Abhängigkeit gerutscht von ihren asozialen Medien, ihren Handys und andren Spielzeugen.

Die Folge: massive Konzentrationsprobleme. Ablenkbarkeit ohne Ende. Die schlimmste Folge: Wir erleben nicht mehr, dass wir ganz in unserer Arbeit aufgehen. Wir sind nicht mehr so drin in unserem Tun, dass wir gar nicht wahrnehmen, wie die Zeit vergeht, weil wir wie Kinder, die spielen, hundert Prozent bei dem sind, was wir tun. So nehmen wir uns Stück für Stück Freude und damit Lebendigkeit. Unbemerkt rutschen wir in eine negative Stimmung hinein.

Wer nur am Bildschirm sitzt und irgendetwas konsumiert, ohne sich dafür wirklich hinzusetzen, zu üben, zu lernen und sich den Stoff auf vielfältige Weise zu erarbeiten, vergisst 99 Prozent des Gehörten in kürzester Zeit, weil der nächste Input draufgepackt wird, ohne dass die „Daten gründlich und greifbar gespeichert wurden“.

Wir trudeln bedenklichen Zeiten unbemerkt entgegen.

Online-Formate können wirklich super sein. Ich konnte in den letzten Monaten an Ausbildungen teilnehmen, die mir aufgrund der Entfernung vorher niemals möglich gewesen wären. Allerdings ist mir absolut bewusst, dass ich selbst verantwortungsvoll dafür sorgen muss, dass der Stoff wahrhaftig erarbeitet ist. Dafür lerne und übe ich in einem kleinen Team von Menschen, die mit mir diese Ausbildung machen. Wir haben feste Arbeitszeiten installiert. Wir haben eine Struktur, einen Plan und geben uns Feedback. So vertiefen wir, was wir uns selbst erarbeitet haben, stützen uns gegenseitig und haben gleichzeitig tolle Übemöglichkeiten. Unsere Schüler haben diese Möglichkeit ebenfalls, sie sind automatisch in einer geschützten Übegruppe, wo sie Gleichgesinnte finden und super arbeiten können. Allerdings erwarte ich von Menschen in den Kursen, dass sie selbstständig in der Lage sind, solche Angebote zu nutzen und sich zu engagieren. Wie wollen wir denn für Klienten Vorbilder sein, wenn wir uns selbst nicht im Griff haben?

Beobachte dein tägliches Verhalten und lass es dir von deinem Hirntöter anzeigen: wie viele Stunden bist du jeden Tag in den Medien unterwegs? Kannst du dich eine längere Zeit gut auf eine schwierige Aufgabe konzentrieren oder switcht du permanent zwischen zig Sachen hin und her? Ist dir das überhaupt schon aufgefallen, was sich da meistens unbemerkt entwickelt hat? Du dir damit jede Lebensfreude langfristig nimmst?

Prüfe dich ehrlich. Und verändere auf der Stelle etwas, wenn du merkst, welche Macht deine technischen Spielzeuge über dich haben. Und dann kannst du problemlos gut Kurse besuchen. Online und als Präsenzkurs. Das Arbeiten mit Menschen lernt man nur durch Arbeiten mit Menschen.

 

Allen einen erkenntnisreichen Freitag.

 

 

Diese friedliche Landschaft hat Steffi im Bild festgehalten. Augenferien für euch von Herzen.

Mohnträume

Der Mohn

 

Wie dort, gewiegt von Westen,

Des Mohnes Blüte glänzt!

Die Blume, die am besten

Des Traumgotts Schläfe kränzt;

Bald purpurhell, als spiele

Der Abendröte Schein,

Bald weiß und bleich, als fiele

Des Mondes Schimmer ein.

Zur Warnung hört ich sagen,

Dass, der im Mohne schlief,

Hinunter ward getragen

In Träume schwer und tief;

Dem Wachen selbst geblieben

Sei irren Wahnes Spur,

Die Nahen und die Lieben

Halt‘ er für Schemen nur.

In meiner Tage Morgen,

Da lag auch ich einmal,

Von Blumen ganz verborgen,

In einem schönen Tal.

Sie dufteten so milde!

Da ward, ich fühlt es kaum,

Das Leben mir zum Bilde,

Das Wirkliche zum Traum.

Seitdem ist mir beständig,

Als wär es nur so recht,

Mein Bild der Welt lebendig,

Mein Traum nur wahr und echt;

Die Schatten, die ich sehe,

Sie sind wie Sterne klar.

O Mohn der Dichtung! wehe

Ums Haupt mir immerdar!

Ludwig Uhland, 1787–1847

Das Papaver-Palaver hat Steffi fotografiert! Lieben Dank!

Willkommen im Abenteuerland

Gestern hatte ich gleich mehrere spannende Gespräche mit Klienten über die Frage, wie unsere Zukunft ausschauen könnte. Mir scheint, dass es viele Menschen nicht mehr wagen, über Zukunft nachzudenken, weil sie letztes Jahr erlebt haben, dass von einer Sekunde auf die andere die Welt eine andere werden kann. Deshalb halten viele Menschen eine positive Entwicklung nur noch in dem Sinn für möglich, dass wir nun wieder mehr reisen dürfen und die Geschäfte wieder öffnen.

Ein Paradigma ist etwas, das wir unhinterfragt glauben, weil es alle mantrisch wiederholen. Das macht doch Annahmen nicht wirklich wahr! Was sollen Formulierungen wie „wie soll denn die Jugend noch an eine gute Zukunft glauben“ oder „wer weiß, wo das hinführt“. Das ist Geschwätz, nervig und dazu falsch! Keiner weiß, wo irgendwas hinführt außer Straßenplaner, so sie nicht in Island leben (da werden Straßen verlegt, wenn der Elfenbeauftragte sein Veto einlegt, was ich für enorm klug halte). Zukunft ist open space, nicht kein lost place.

Es ist höchste Zeit, dass wir mal ein paar unserer seltsamen Paradigmen krass hinterfragen. In allen Bereichen! Bildungssystem? Überholt, nicht zukunftsgerecht. Engagierte Lehrerinnen und Lehrer geben ihr Herzblut und kommen kaum dazu, ihre Visionen für eine bessere Bildung umzusetzen. Lehrpläne richten sich nach wie vor an „schneller, höher, weiter“ aus, anstatt an Werten, Ethik, der Fähigkeit, selbstständig und tiefgründig zu denken, statt Kunst, Kultur und Glück, Achtsamkeit, Sinnhaftigkeit, Menschlichkeit und soziales Miteinander on top zu setzen.

Wirtschaft? Viele Riesen, tapfere kleine Betriebe, fehlender Mittelstand. Ist so, als bestünde ein Haus aus Keller, vier Eckpfosten und einem extrem überladenden Dach. Sieht nicht sonderlich haltbar aus, oder? Vertrauenerweckend? Nope.

Gesellschaft? Generationenvertrag? Religionen? Was bedeutet Arbeit für uns? Wie gehen wir mit der Tendenz um, dass sich die Work-Life-Balance permanent Richtung Life bewegt, weil Arbeit von vielen nicht als wichtiger Identitätsfaktor gesehen wird, sie nicht mit dem Herzen arbeiten, sondern dem Gedanken „finanziert mir Miete, Sport und Urlaub und Gott-sei-Dank-Wochenende?“

Wir haben eine Zukunft. Und zwar eine der spannendsten in der Menschheitsgeschichte. Nie zuvor war es möglich, quasi in Echtzeit Verbindungen zwischen vielen Menschen rund um den Planeten zu bekommen, um Zukunft gemeinsam zu gestalten. Es gibt nur eine Sorte Menschen, jenseits von Hautfarbe, Sprache, Kultur und Religion. Wir müssen es schaffen, jenseits dessen, was uns trennt, gemeinsam zu schauen, wie wir die Planetenfragen klären, damit alle folgenden Generationen einen Heimatplaneten haben. Wir sind eingeladen, vollkommen cokreativ alle Bereiche anzugehen. Global und dann jedes Land für sich in seinen Umwandlungsprozessen, die sich danach richten, was not-wendig ist.

Das ist die große Abenteuerlandschaft. Die kleine liegt bei jedem selbst. Stell dir vor, dass du entscheidend mit dazu beiträgst, dass die Welt ein besserer Ort wird – du bist das Zünglein an der Waage! Genau du! Was also kannst du jeden Tag tun, damit du diesem Ziel gerecht wirst? Fang klein an. Du kannst Müll trennen. Du kannst Freundlichkeit und nicht werten üben. Du bist eingeladen, Dinge zu unterstützen, die in eine gute Zukunft weisen und abzulehnen, was andere schwächt, runterzieht und verletzt. Du hast täglich viele Wahlmöglichkeiten.

Wir wissen alle nicht, wie die Zukunft wird. Was also, wenn alles machbar wäre? Wie wäre die beste Version dieser Zukunft und wie brechen wir das runter bis zu dir und mir? Ist das nicht alles unglaublich aufregend und spannend? Möglichkeiten und neue Wege brauchen Chaos. Wir leben in den Geburtswehen einer neuen Zeit, das geht nicht schmerzfrei. Chaos aushalten ist eine gute Herausforderung. Willkommen im Abenteuerland, auf Wiedersehen Komfortzone. Hast du deine Mutschuhe an? Dann geht’s los. Wag den ersten Schritt.

Allen einen freudigen Jupitertag!

 

Das tränende Herz hat Steffi für uns fotografiert. Herzlichen Dank!