Yearly Archives: 2021

Vom Wandel

Kennst du das? Du brütest Jahre über einer Sache, für die du keine Idee hast. Es gärt vor sich hin. Es blitzt ab und an was auf. Du gehst diesen Weg, jenen Weg und keiner führt dich dahin, wo du weißt – das ist es. Und dann sitzt du ahnungslos in deiner Morgenmeditation, versuchst, die blöden Gedanken aus der Birne zu bitten, die dir sagen, dass es total bescheuert ist, zu spät ins Bett zu gehen und zu früh aufzustehen, weil das mit Sicherheit echt stressig wird und mit einem Mal macht etwas leise „oh!“. Die Gedanken verstummen. Das „oh“, leise, war deutlich. Es hatte Klarheit. Krasse Präsenz.

Du spitzt die Ohren. Du bist sowas von knallwach. Und plötzlich erscheint vor deinem inneren Auge so eine Art Glaswand. Du kennst sie gut. Seit Jahren starrst du auf die notierte Formel ohne Lösung. Plötzlich lösen sich die Formeln auf, Bilder erscheinen. Sie wandern über die Glaswand. Sie stehen mit einem Mal gestochen scharf vor deinen Augen. Dann fangen sie an zu tanzen, legen sich übereinander und endlich siehst du den Schlüssel, nach dem du seit Jahren suchst. Den Schlüssel, der genau ins Schloss deiner Frage passt. Und dir fällt auf: der lag all die Jahre direkt vor deiner Nase. Direkt. Mehr geht nicht! Erster Gedanke: Koffer packen. Zwei Wochen abhauen auf eine Insel und nur schreiben, schreiben, schreiben, das Konzept ausarbeiten und die Konsequenzen abchecken. Zweiter Gedanken: Mittwoch, 5. 5. Dein Terminkalender ist (glücklicherweise) voll.

Szenenwechsel, eine Stunde später. Zum Glück hab ich die Bilder auf der Glaswand sofort aufgeschrieben, aufgemalt, Bilder dazu gesucht und ausgedruckt, den Schlüssel aus dem Gedächtnis abgemalt und alles, was an Stichpunkten durchs Hirn geschossen ist, notiert. Safe. Geschafft.

Sechs Stunden später. Ein mehrstündiges Coaching ist beendet. Super wars.

Heute knallt es an allen Ecken und Enden – jemand ist in eine Psychose gerutscht und braucht sofort ärztliche Hilfe. Mehrere Zusammenbrüche bei Menschen, die bisher taff im Feuer gestanden haben und jetzt in die Grätsche gehen. Berichte von Überforderung, Not, Leid, Angst und offene Fragen ohne Ende. Der AB hat die Anrufe heute nicht mehr fassen können. Ich arbeite sie nach und nach ab, beantworte Mails. So viel Not heute, so viel Chaos in den Familien.

Kurze Auszeit für den Post des Tages vor dem nächsten Termin. Die Zettel vom Morgen liegen hier und senden mir eine Botschaft, dass es oft viel Geduld benötigt, bis etwas klar, verständlich und logisch wird. Es darf brauchen, wenn wir nicht aus dem Vertrauen gehen, dass wir Lösungen finden werden und dass sie schon längst da sind, auch wenn wir sie nicht sehen können. Wir dürfen nur nie aus dem Vertrauen zu uns selbst fallen. Wenn wir alles verlieren im Außen – uns selbst dürfen wir nicht verlieren. Alles, was geschieht, ist eine immense Herausforderung.

Wir haben Angst, wir verzweifeln, wir weinen, werden wütend und sind hilflos. Wir sind überfordert, gestresst, genervt. Wir verlieren – Geld, Heimat, Partner, was immer. Und eines bleibt: unser innerster Goldkern. Unsere wahre Essenz. Wenn wir nur immer wieder zu dieser Essenz zurückkehren, bleiben wir auf unserem Weg. Egal, was geschieht.

Allen, die heute Erfahrungen machen müssen, die sie an die Grenzen bringen, die heftige Diagnosen bekommen, ihr Auto oder ihre Beziehung schrotten, denen Dinge geschehen, die sie niemals erwartet hätten: Worte helfen oft nicht. Auch keine Umarmungen oder ein Topf Hühnersuppe (alles dieser Art hilft, aber nicht fürs große Ganze). Wisse: nichts bleibt. Nicht das Positive (leider), nicht das Negative (gut so). Du wandelst dich. Vielleicht zum Schmetterling. Kraft und Vertrauen zu euch! Erst rückwirkend erkennen wir, wozu das dienen könnte, falls wir es je erfahren werden. Was bleibt, sind wir. Still.

 

Der Nautilus, den Theresa fotografiert hat, ist für mich das Symbol für meine Morgenerkenntnis. Wir werden sehen, was entstehen mag.

Weder wanken noch schwanken

Steh wie ein fester Turm, dem nimmermehr die Spitze schwankt in sturmbewegten Tagen.

Dante Alighieri, 1265–1321

Noch wütet der Wind heftig, doch Annes Foto zeigt uns die Schönheiten der verschiedenen Grüntöne eines Frühlingswalds (den man erst NACH einem Sturm wieder aufsuchen sollte).

Harmonie oder Abenteuer?

Einige Gespräche drehten sich gestern um die Frage, wie es im Leben vorangeht. Fragen, die Klienten gleichermaßen stellen wie wir uns selbst. Es braucht immer wieder ein Innehalten, der Versuch, aus der Metaebene auf alles zu schauen, um ein besseres Gesamtbild zu erfassen. Mir hilft oft der Blick anderer Menschen, die mit ihren Brillen andere Schwerpunkte setzen und mich auf zahlreiche blinde Flecken hinweisen können.

Junge Menschen waren gestern in der Praxis und sie alle trieb um: Wohin möchte ich mich entwickeln? Du bist, mit wem du dich die meiste Zeit des Tages umgibst, denn deine fünf wichtigsten Menschen prägen dich. Deshalb macht es Sinn, auf die Auswahl dieser fünf Menschen ein gutes Augenmerk zu legen. Fördern sie dein Wachstum? Ist ihnen deine Entwicklung ein wesentliches Anliegen oder verleiten sie dich zu Bequemlichkeit und Schubladendenken?

Wer alleinlebend ist, findet Begleitung in Büchern und der Musik und auch hier kann ich destruktiv vorgehen oder wachsen und angeregt werden. Und ich darf dafür sorgen, mich dennoch mit Menschen auszutauschen, dazu muss man nicht mit Menschen zusammenleben.

Ich hatte gestern Abend einen intensiven Austausch in meiner Buddygruppe in der Ausbildung. Einmal pro Woche treffen wir uns in unserem virtuellen Überaum, tauschen uns über die Ausbildungsinhalte aus, üben die Techniken und sind eingeladen, am Leben der anderen nach und nach mehr teilzunehmen. Das sind Menschen, die ich ohne die Ausbildung vermutlich nie im Leben kennen gelernt hätte. Nun bereichern sie mein Leben. Das war schon in der ersten Übegruppe so, die ich verlassen habe, weil ich mich für ein Upgrade der Ausbildung entschieden habe. Menschen sind durch ihre Verschiedenheit so eine Bereicherung und Horizonterweiterung! Dankbar bin ich im Herzen für diese wunderbaren Begegnungen.

Es geht in der Zukunft nicht darum, „Gleichgesinnte“ zu finden und im immer gleichen Harmoniequark vor sich hin zu schnarchen. Das ist nett zwischendurch und erholsam, keine Frage. Den größeren Anreiz bietet jedoch jemand, der anders denkt, lebt und auf die Welt schaut. Ich darf mit seinen Augen schauen, mit seinen Ohren hören. Das zeigt mir: Aus seiner Sicht hat jeder Mensch recht und agiert stimmig in seinem System. Und: Keiner von uns sieht die Welt, wie sie ist, insofern irren wir alle im gemeinsamen Feld. Wenn es also ums WIR geht, dürfen wir unsere flauschigen Rechthabeinseln verlassen und uns ins Abenteuer stürzen.

Wie viele Arten, die Welt zu sehen, kannst du heute kennen lernen? Bist du bereit, deinen Standpunkt zu verlassen und dich von einem anderen Menschen mit auf seinen Planeten nehmen zu lassen, um ihn dort zu erleben? Was nimmst du mit von deiner Exkursion?

Allen einen bewegenden und beweglichen Merkurtag.

Ursula hat uns dieses traumhafte Blütenfoto geschenkt. Danke!

Da müssen wir durch

Es ist doch alles in dieser Welt nur Übergang. Doch wir müssen durch. Sorgen wir nur dafür, dass wir mit jedem Tage reifer und besser werden!

Königin Luise von Preußen, 1776–1810

Diesen Baumkönig hat Sigrid portraitiert. Vielen Dank!

Es gibt im Leben keine Abürzung

Manchmal könnte ich mir schon Montagmorgens die Decke über den Kopf ziehen. Da schlagen in der Nacht auf Montag so viele Fragen auf, obwohl Sonntagabend noch Berge Mails abgearbeitet wurden. Das hat in den letzten Monaten gewaltig zugenommen. Klar fehlt vielen Menschen der soziale Austausch, das ist nachvollziehbar. Oft jedoch betreffen die Anfragen Dinge, die man selbst gut lösen kann und wo es offenbar einfacher ist, mich zu fragen, als selbst nachzuschlagen. Motto: Ich frag dich, du weißt es ja wahrscheinlich. – Ja. Warum weiß ich manches? Weil ich mir die Mühe gemacht habe, mir dieses Wissen anzueignen und zwar durch eigenes Tun und nicht via Abkürzung.

Wir sind eine Welt der Abkürzer geworden. Jeder möchte gern schnell und ohne jede Arbeit express von A nach B, weil es bei „anderen so geht“. Was sehen die Menschen? Jemand hat Erfolg. Was sehen sie nicht? Diese Person hat vermutlich an 7 Tagen die Woche etwas gemacht, was sie nicht mal ansatzweise auf dem Schirm haben: Sie ist an 7 Tagen in der Woche früh aufgestanden und hat ihre Routinen abgearbeitet: Sport machen, Meditieren, Zielfokussierung, Duschen, Frühstücken und die Timeline des Tages im Blick haben.

Diese Person hat sich hingesetzt, eine Vision ihres Lebens entworfen und daraus Ziele heruntergebrochen. Dann hat sie sich überlegt, wie sie diese Ziele erreicht, die allesamt vermutlich deutlich jenseits der Komfortzone lagen. Sie hat trainiert, ist tausendfach ins Üben gegangen, damit sie Meister wird und ist vermutlich sehr oft gescheitert. Im Gegensatz zu anderen Menschen ist diese Person aber immer wieder aufgestanden, hat neue Wege gesucht, um besser zu werden, Meisterschaft zu erreichen, ihr Ziel immer wieder neu anzugehen und zu erreichen.

So ist Stück für Stück aus einer Vision ein Weg geworden, der mächtig die Komfortzone verlässt, den Geist dehnt und richtig, richtig viel Arbeit gemacht hat. An einem Punkt ist die Person dann erfolgreich. Und das, so denkt sich Lieschen Müller neiderfüllt, quasi über Nacht.

Ohne Disziplin, ohne Plan und ohne klare Benennung des Ziels passiert im Leben relativ wenig. Superkluge Menschen, denen vieles zufliegt und die nichts aus ihren Talenten machen, sind langfristig nicht erfolgreicher als tüchtige normal Begabte mit Visionskraft, Ausdauer und Terrierqualitäten (= dranbleiben). Das entscheidende Kriterium im Marathon des Lebens ist: immer wieder in die Klarheit kommen, wo es hingehen soll, immer wieder in die Stille gehen, um bei sich anzukommen, immer wieder aufzustehen, wenn einem das Leben eine Klatsche verpasst hat und sich klarmachen: das Leben besteht aus Herausforderungen (im Volksmund Problem genannt) und beginnt nicht, wenn die Herausforderungen bewältigt wurden (dann wäre man tot), sondern INMITTEN der Herausforderungen. Quasi als „add on“. Und ja, das ist richtig harte Arbeit und nein, es gibt immer noch keine Abkürzung.

Freundliche Einladung –  sich selbst was erarbeiten führt zum eigenen Ziel. Sich selbst einen Kopf machen, wo man im Leben hinwill, weil das keiner für uns übernehmen kann, das ist unsere ureigene Aufgabe. Und ja, auch das Trainieren darf man selbst tun, wenn man wahrhaftig bestimmte Dinge will.

Allen einen tatkräftigen Dienstag. Ein perfekter Tag, um die Ärmel aufzukrempeln und ins Tun zu kommen.

 

Frankfurt – der „Bleistift“ löste in mir stets Vorfreude auf die Buchmesse aus, wenn ich ihn auf der Fahrt dorthin aus dem Zugfenster sah. 2017 habe ich mir dann endlich mal Frankfurt auf einer Stadtrundfahrt angeschaut.

Unsere Welt soll schöner werden

Ich war ein ungeduldiges Kind und ein neugieriges. Ich hatte dauernd Fragen. Ich wollte dringend wissen, wie lang die Ewigkeit dauert und was nach dem Universum kommt. In meiner Kinderwelt hatten alle Dinge immer ein Ende. Dass etwas existiert, das kein Ende hat, überstieg meinen Horizont (wenn ich ehrlich bin: es übersteigt ihn noch immer). Wochenlang war ich mit der Frage beschäftigt, ob das Universum irgendwo eine Tür hat, durch die man in ein anderes Universum kommt und so weiter. Irgendwann formte sich das Bild in meinem Kopf, dass alles wie bei den Matrjoschkapuppen ineinanderstecken muss. Und dass es möglich ist, von einer Ebene in die andere zu gelangen. Und ganz außen, so stellte ich mir das vor, war eine Hülle aus Wolken und wenn man die durchstoßen hatte, gab es weitere Matrjoschkapuppen.

Als dann die ersten Aufnahmen aus dem All kamen und man Filme sehen konnte, wo Menschen auf dem Boden gefilmt wurden und dann zoomte die Kamera ins All, dachte ich mir – ja, noch viel weiter hinten kommen dann die anderen Universen. Mir fiel ein, dass ich damals als Kind oft überlegt hatte, dass vielleicht überall Erden existieren. Später kam der Aspekt dazu: Am Ende gewinnt diejenige Erde den Wettbewerb der Multiversen, die die besten Ideen für ihren Planeten entwickelt.

Das fiel mir gestern wieder ein, als ich in einem Kurs über das integrale Denken befragt wurde und heute kam der Aspekt erstaunlicherweise wieder in einem Coaching, als der Klient sagte, dass alles ja alles durchdringt und das Leben deshalb sowas wie eine Apfelsaftschorle sei. Prosit (= es möge nutzen).

Was, wenn wir gerade in einem multiversellen „Unser Universum soll schöner werden“-Wettbewerb stünden? Die Aufgabe: Gestalte die Zukunft der Welt so, dass viele Generationen darauf großartig werden leben und miteinander wachsen und arbeiten können! Mit welchen Ideen würde der Siegerplanet punkten können? Was wäre deine Idee dazu? Ich meine, mit Geranienkästen alleine werden wir den Planeten vielleicht schöner machen können je nach Klimazone, aber es reicht vermutlich nicht für den Sieg in der Gesamtaufgabe. Also – Challenge oder nicht?

 

Allen einen großartigen Start in diese neue Woche.

Steffi hat diese akkurate Baumreihe im Bild für die Ewigkeit festgehalten. Lieben Dank!

Vom Unendlichen

Man kann nicht sagen, dass das Unendliche Teile habe. Alle beschränkten Existenzen sind im Unendlichen, sind aber keine Teile des Unendlichen, sie nehmen vielmehr teil an der Unendlichkeit.

Johann Wolfgang von Goethe, 1749–1832

Ein Gefühl von Unendlichkeit kann einem so ein Ausblick durchaus bescheren. Theresa hat das Foto in Afrika gemacht. Vielen Dank!

Vom guten Schlaf

Manchmal bekommt man gefühlt viel in einem Tag unter und manchmal scheint es wenig. Das geschieht, wenn wir unachtsam durch den Tag gehen. Setzen wir uns am Abend zu einer stillen Rückschau hin, bemerken wir doch im rückwärts bis zum Morgen zurückgehen (eine Übung, die auf Rudolf Steiner zurückgeht), was alles an einem Tag gewesen ist. Es geht nicht um das übliche Bewerten, nur ein zur Kenntnis nehmen – ah, dann war dieses, dann das, jenes kam davor, das danach. Vielleicht nimmt man ein Gefühl mit, worauf man künftig mehr achten mag. So hat der Tag einen Abschluss, der Mensch kann loslassen und den Schlaf einladen.

Schlaf ist das wichtigste Gesundheitstool. So gut wie alle Krankheiten, Leiden und Verstimmungen bessern sich gravierend durch Schlaf. Unser Gehirn braucht den Schlaf für Lernen, Verarbeiten und neu Sortieren. Unser Körper repariert sich im Schlaf, entdeckt, was fehl am Platz ist und kann es entsorgen. Er entgiftet, putzt durch und sortiert.

Schlaf ist individuell. Generell gilt – die meisten Menschen schlafen viel zu wenig, erreichen gerade mal eine Stunde REM- und Tiefschlaf, das reicht nicht. Voraussetzungen für guten Schlaf sind neben einem gut gelüfteten Schlafraum die passende Matratze und Bettzeug, für viele ist Abdunklung sehr wichtig für die Melatoninausschüttung. Im Schlafzimmer haben weder Handys noch andere elektrische Geräte etwas verloren.

Für ältere Menschen kann ein Bewegungsmelder, der beim Füße auf den Boden stellen eine sanfte Lichtleiste einschaltet, sehr hilfreich sein, wenn sie nachts aufstehen müssen. Zwei Stunden vor dem Schlafengehen kein Fernsehen mehr (es ist mir ohnehin unbegreiflich, weshalb man das brauchen sollte), keine anstrengende Bildschirmarbeit (und wenn, dann mit entsprechenden Filterbrillen), kein Streit, kein Zwist, kein anstrengender Sport mehr. Lieber eine Runde um den Block spazieren (womit in diesen Tagen auch klar ist, dass wir lange vor Mitternacht zu Bett gehen), nochmal frische Luft tanken und ab ins Bett.

Rituale helfen wie die abendliche Rückschau bei einer guten Tasse Tee, sanftes Ausklingen des Tages, ein paar Seiten lesen. Für Kinder besteht das Ritual oft aus Geschichte vorlesen, beten und ein Gutenachtkuss. Warum geben wir das auf? Am Abend alles, was die Seele belastet, zur Seite legen, es einer höheren Macht anvertrauen, kann sehr entlastend sein.

Auch wenn es keiner gern hört: Rhythmus ist die halbe Miete, also nicht am Wochenende bis mittags im Bett liegen, so gewöhnt sich der Körper leider an keine Regelmäßigkeit. Schlaf braucht das Verlässliche, Konstante, damit er sicher kommt. Klienten sage ich manchmal, sie mögen sich den „Abendsegen“ aus der Oper Hänsel und Gretel anhören. Da steckt sehr viel Trost drin.

Allen ein schlaffreundliches erstes Maiwochenende.

Neue Blüten jeden Tag

Jeden Morgen in meinem Garten

öffnen neue Blüten sich dem Tag.

Überall ein heimliches Erwarten,

das nun länger nicht mehr zögern mag.

Die Lenzgestalt der Natur

ist doch wunderschön,

wenn der Dornbusch blüht

und die Erde

mit Gras und Blumen prangert.

Matthias Claudius, 1740–1815

Sehr nett aufgeräumt war im letzten Jahr der Garten im Mai.

Durch den Wind sein

Es ist windig und das Wetter wendet sich – das spürt man. Nach dem Vollmond sind wir zum Wochenende fein mal alle kurz durch den Wind. Dann könnten wir es ja zur Abwechslung mal wieder mit „Hakuna matata“ versuchen, oder?

Manche Wochen sind Herausforderungen und ich frage mich manchmal, ob man das immer nur aufs Wetter schieben kann. Ich glaube nicht. Aber die Beobachtung „Du bist heute das Resultat deiner Gedanken von vor einem Jahr“ ist spannend. Ich habe es in der Hand, wie ich in einem Jahr drauf bin. Finde ich gute Mikroroutinen, die sich gegenseitig verstärken? Halte ich mein Gehirn frei von Anwürfen, Kritik, Gejammer aller Art oder flute ich es mit Negativem? Richtet sich mein Fokus auf das, was wirklich wichtig ist? Belaste ich mich durch unerledigte Arbeiten, wie es Marie von Ebner-Eschenbach so schön beschreibt, dass uns die Arbeit, wie wir liegenlassen, mehr ermüdet als die, die wir erledigen? Mein Kopf ist vielleicht voller Gedankenschleifen, was alles noch gemacht werden muss und dann kommt Prokrastination, Aufschieberitis.

Also: was möchtest du VOR dem Wochenende weghaben, damit du durchschnaufen kannst? Welche Dinge brauchst du im Leben und was nicht? Womit willst du dich belasten und was lässt du los? Kann dich das Wetter, eine miese Stimmung, Gemecker und anderes Ungemach so aus deiner Bahn werfen, dass du dich dem auslieferst? Wer bestimmt deine Gedanken?

Durchatmen. Einfach durchatmen. Die Natur bestaunen, was sie derzeit alles bietet. Ausreichend schlafen, viel bewegen, viel Wasser trinken und dankbar sein. Alles Große ist schlicht.

Allen einen guten Venustag.

 

Diese Akeleischönheit ist auch vom Mai 2017 im Garten fotografiert

 

Müde oder wach?

Müde macht uns die Arbeit, die wir liegen lassen, nicht die, die wir tun.

Marie von Ebner-Eschenbach, 1830–1916

Diese Rose hat im Mai 2017 schon so toll geblüht. Mal sehen, wie es 2021 wird.

Welche Brille hätten Sie denn gern?

Freude! Für viele fast schon ein Fremdwort, dabei ist es nur eine Wahl entfernt – eine persönliche. Was wählst du denn jeden Tag für dich selbst? Die negative Brille? Die ist total beliebt, vermutlich gabs da mal ein Sonderangebot. Mit der Brille hat man optimale Möglichkeiten, alles aufzuspüren, was irgendwie die Laune verderben könnte.

Manche Menschen haben das maßgeschneiderte Brillenangebot genommen und schauen durch eine Brille, die sich den Gegebenheiten anpasst. Ist es ein Tag, an dem schwere Dinge geschehen, erlaubt die Brille, die Schwere wahrzunehmen. Ist es ein Tag, an dem alles normale Wege geht, ist die Brille weder hell noch dunkel. An Sonnenscheintagen strahlt sie mit dem Träger um die Wette.

Ein paar Menschen haben die rosarote Freubrille gewählt. Die ist für meinen Geschmack genauso unangemessen wie die dunkle, denn beide Brillen filtern mir zu einseitig. Wenn ich in einen Kackhaufen trete, möchte ich das auch als Kackhaufen benennen und ärgerlich darüber sein dürfen. Trauriges möchte ich betrauern und wo Klarheit angesagt ist, möchte ich klar sein.

Wir wählen zu jeder Sekunde unseres Lebens, welche Brille wir tragen wollen. Fakt ist: Jeder von uns sieht die Welt mit seiner speziellen Brille, also nie das, was wahrhaft da draußen los ist. Wenn ich die Tönung wähle, nehme ich persönlich die mit der größten Bandbreite an Wahrnehmungsmöglichkeiten. Denn was ich als Bild von der Welt da draußen sehe, obliegt immer noch meiner Deutung. Solange ich mir bewusst bin, dass ich nicht die Realität erkenne, sondern meinen Ausschnitt daraus, ist mir klar, dass alle anderen auch nur ihre Ausschnitte sehen.

Worauf ich stimmungstechnisch in jedem Fall Einfluss habe, ist die Tönung. Welche Tönung möchtest du wählen? Die dunkle, die dir und allen, die mit dir zu tun haben, den Tag so richtig schön miesmachen kann? Die rosarote, die dir vorgaukelt, dass alles ja ganz toll ist und wir uns alle liebhaben? Oder die, die alle Färbungen zeigt? Und ist dir bewusst, dass du nicht die Welt siehst, wie sie ist, sondern so, wie sie deine Brille dir spiegelt?

Allen einen Tag mit gutem Durchblick. Der Donnerstag ist Jupiter gewidmet – Weisheit und Freude!

 

Sigrids Blick ins frische Blattgrün im Frühlingswald sind Ferien für die Augen. DANKE

 

Freude gewinnen!

Wir streben mehr danach, Schmerz zu vermeiden als Freude zu gewinnen.

Sigmund Freud

Ich fühle große Freude an den Farben des Frühlings, wenn ich Steffis Foto anschaue. Danke!

Ausflug in die Stadt

Der Mond hat hohe Leuchtkraft in diesen Tagen. Viele treibt das massiv um. Was die Macht hat, Wasser um viele Meter anzuheben, bewirkt eine Menge. Viele bemerken nichts von diesen Himmelskräften und berufen sich auf Studien. Jeder darf da seine eigenen Wahrnehmungen machen. Das helle Licht jedenfalls hält manchen länger wach. Die Kräfte, die uns umgeben, sind stark. Viele halten das nicht mehr gut aus, sie sind nervös, erschöpft, übermüdet, ausgelaugt und schnell am Limit. Das spüren wir am Tonfall und der hohen Aggressivität, die mühsam getarnt wird.

Zum ersten Mal seit Monaten war ich in der Stadt. Kein Parkplatzproblem. Wenig Menschen unterwegs. Erschreckend viele leere Schaufenster, wo Geschäfte nicht mehr existieren. Kein Kaffeetrinken. Davon abgesehen – kein Klo. Stadtbesuche könnte man also nur planen, wenn man zugleich Freunde besucht, die dann allerdings nicht das Gefühl bekommen dürfen, man erscheint nur wegen ihrer Gästetoilette.

Die Arztpraxen sind voll. Warteschlangen beim Abholen vor der Radiologie. Das habe ich seit Monaten auch mit meinen Eltern. Wenigstens darf ich ab und an mit reingehen, damit ich weiß, was wirklich ist. Heute mit einer der Töchter beim MRT, zur Abwechslung mal kein Urologe, Kardiologe und Diabetologe. Ich spreche schon fast fließend Arzt-Patient. Der Folgetermin beim Facharzt in 8 Tagen. Vorher gibt es keinen Termin. 8 weitere Tage mit Schwindel ohne weiterführende Diagnose ist hart. Mit Tabletten geht es, aber das ist ja nicht das Mittel der Wahl nach der dritten Schwindelwoche.

Wieder daheim in meiner Landidylle atme ich durch. Noch zwei Tage, dann steht die nächste OP-Runde bei meinen Eltern an mit allen Folgen für Begleitung und Unterstützung danach. Bis Weihnachten könnte ich vermutlich auch beim Physikum der Mediziner an die Startlinie treten. Nun, Wissen schadet nie. Vielleicht schau ich heute Nacht zur Abwechslung dem Mond beim Abnehmen zu. Ich glaube, das ist entspannend. Ich muss mich vom Gedanken erholen, dass „ich geh mal in die Stadt“ heute heißt – zwar Parkplätze bekommen, doch statt Schaufensterbummel vor Arztpraxen warten, um danach wie ein geölter Blitz die Stätte des Grauens zu verlassen. Wenigstens gab es beim Bäcker die ersten Erdbeertörtchen. Allen einen freundlichen Wochenteilungstag.

 

Sigrid hat am See ein bisschen Frühling geschnuppert. Danke für dein Bild!