Yearly Archives: 2021

Plötzliche Stille

„Wenn die Schwalben heimwärts ziehn“ in der Fassung von Robert Schumann ist vielen bekannt, der Text stammt aus der Feder von Karl Herloßsohn. Herloßsohn war einer der Menschen, die für das Konversationslexikon Artikel schrieben. Solche Lexika sind Wunderwelten, zumindest für mich. Man sucht ein Wort und findet einen Querverweis. Dem folgt man und entdeckt eine neue Welt. Ist das nicht großartig? Mit einem Lexikon kann man ohne Ende Freude haben und Entdeckungen erleben.

Vorgestern kam dies abermals in der Praxis: Wir können nichts kontrollieren. Alles, was lebt, wird eines Tages sterben. Das ist eine harte Ansage und doch ist sie wichtig. Wir verdrängen das täglich und leben, als wäre die Reihe der zu erwartenden Tage endlos.

Deshalb immer wieder die Frage: Ist das, was ich heute tue, denke, sage relevant oder nehme ich damit mir und anderen Zeit weg? Lohnen sich Wut und böse Worte, wenn wir dagegen das Gefühl stellen, wir haben sie gesagt und sehen den Menschen, dem sie galten, nie mehr uns verbringen den Rest des Lebens mit Schuldgefühlen?

Manchmal ist Stille das Mittel der Wahl. Schön, dass das eine Klientin jetzt ausprobiert hat und begeistert war. Ein geführtes Stilleseminar für Anfänger. Sie erlebte die Stille wie einen zarten Balsam, der hüllt und schützt und birgt. Gegen den Ansturm der Gedanken gab es Übungen und auch kurze Inputs über den Tag verteilt, der Rest war Schweigen. Das ist nichts für schwache Nerven, denn wir werden dadurch massiv mit uns selbst konfrontiert. Wer sowas schon erlebt hat, kennt den Schock, der unweigerlich auftritt, wenn das Schweigen aufgehoben wird und mit einem Schlag der Raum wie eine Horde schwärmender Bienen summt. Der Schock entsteht nicht durch das Lärmen, das zeigt nur, dass nicht alle das Schweigen verinnerlicht haben, der Schock tritt auf durch die Inhalte des Lärms. Nach einer Woche Schweigen ist für manchen die wichtigste Frage, ob die anderen auch so miesen Handyempfang haben (was zeigt, dass dieser Mensch eben nicht in die Stille gegangen ist) oder dass das schon karge Mahlzeiten seien – da fällt mir nichts mehr ein.

Manchmal hat man die Stimme eines Menschen zum letzten Mal gehört, was einem dann später erst bewusst wird. Der Versuch, Erinnerungen zu sortieren, scheitert, weil Erinnerungen Trugbilder sind. Die Frage, was dieser Mensch für einen selbst war, tritt nach vorne. Interessant fand ich die Frage umgekehrt – was war ich für diesen Menschen? War ich hilfreich, stützend, liebevoll, eine Herausforderung, ein Problem? So klären sich Dinge, bekommen nach einer Zeit des Erforschens Ruhe und ermöglichen so das Loslösen. Der Tod ist hochpersönlich und ein einzigartiger Moment im Leben. Durchschreiten einer Tür, die wir einst hereingekommen sind. Der Gedanke, dass dies eine Drehtür sein könnte, hat etwas für sich.

Holen wir uns immer wieder Schweigezeiten ins Leben. Stille, in der uns klar wird, um was es wirklich geht. Wer uns wirklich wichtig ist und bei wem wir uns entschuldigen sollten, weil es nicht gut ist, Hindernisse stehen zu lassen, bis es zu spät ist. Immer wieder Stille einladen, die uns zu uns selbst führt. Wenn wir dort angekommen sind, erfahren wir, dass wir nie getrennt sind von allem, was uns umgibt. Dann können wir aus der Stille auftauchen und wissen, was zu tun ist.

Allen einen liebevollen Venustag!

 

Das Rotkehlchen setzte sich vor Sandras Kamera hübsch in Pose. Vielen Dank!

Auch du gehst einst zur Ruh‘

Armes Herz, was klagst du?

Oh, auch du gehst einst zur Ruh!

Was auf Erden, muss vergehen,

„Gibt es wohl ein Wiedersehen?“

Fragt das Herz in bangem Schmerz

Glaub, dass ich dich wiederseh,

tut auch heut das Scheiden weh.

Karl Herloßsohn, 1804–1849

Ein traumhafter Himmel über Rottenbauer.

Genießen statt meckern

Das Leben ist nicht immer gerade aufwärts führend. Manchmal ereignet sich nichts, ist alles wie auf dem Meer, wenn der Segler eine totale Flaute erlebt und einfach abwarten muss, bis von außen wieder Bewegung in die Sache kommt. Das sind Plateauphasen, in denen vermeintlich nichts geschieht. Dem entspricht der Schlaf und der ist alles andere als eine untätige Zeit. Im Schlaf werden unsere Gehirnzellen gespült, Vernetzungen gefestigt von dem, was wir am Tag neu gelernt haben, da arbeitet unser Immunsystem auf Hochtouren, regenerieren sich unsere Zellen und vieles, vieles mehr. So ist es mit den Plateauphasen im Leben. Da setzt und festigt sich das vorher Erarbeitete, schafft einen guten Boden, damit das Neue auch sicher und stabil gründen kann.

Kein Leben geht gerade Wege. Das wäre enorm langweilig. Der Wechsel lässt uns erst lebendig fühlen, aktiv werden, klagen, jammern, meckern, wieder aufstehen und den Weg erneut unter die Füße nehmen. So manches Tor wie auf Sinas Foto müssen wir durchschreiten und nicht immer sehen wir bereits, wie durchlichtet es ist. Oft gehen wir gefühlt in die Finsternis und müssen darauf vertrauen, dass unser Fuß seinen Weg findet und dort im Dunklen neue Wege möglich werden.

So, wie das Menschenleben in der Dunkelheit des Körpers beginnt, neun Monate Zeit hat, um sich zu entwickeln, bevor das Menschenkind wahrhaft das Licht der Welt erblickt, der Same im Herbst gesät wird, über den Winter ruht und dabei Kräfte entwickelt, die notwendig werden, um die nächsten Entwicklungs- und Wachstumsschritte zu gehen. Plateauphasen sind keine vergeudete Zeit, in denen man sich in den Hintern treten muss, damit das nächste Tschakka starten kann. Sie dienen der Konsolidierung, Festigung, Klärung, Erholung und sind damit die notwendige kreative Pause, die wir uns oft nicht geben würden, wenn wir es entscheiden dürften. Gut so.

Deshalb für alle, die gerade glauben, gewaltig festzustecken: Genießt die Stabilisierungs- und Sortierungsphase eures Systems. Lasst es in Ruhe arbeiten, gebt ihm viel frische Luft, gutes Essen, Bewegung, so viel Stille wie möglich und Schlaf, Schlaf, Schlaf. Dann geht diese Phase auf die bestmögliche Weise vorbei und beschenkt euch oft  genug mit kreativer Frische und neuer Kraft für die nächsten Schritte, die bei Dauertschakka einfach nicht möglich sind. Die Leere zwischen den Speichen macht es aus, dass das Rad fahren kann – so finden wir es im Tao te King. Also keine Angst vor „Leere“, sie ist lebendig, nährt und hüllt uns auf die liebevollste Weise ein.

Allen einen freundlichen Donnerstag und ein lieber Dank an Sina für dieses hoffnungsstarke Foto!

Jeder ist allein

Seltsam, im Nebel zu wandern!
Einsam ist jeder Busch und Stein,
Kein Baum sieht den andern,
Jeder ist allein.

Voll von Freunden war mir die Welt,
Als noch mein Leben licht war;
Nun, da der Nebel fällt,
Ist keiner mehr sichtbar.

Wahrlich, keiner ist weise,
Der nicht das Dunkel kennt,
Das unentrinnbar und leise
Von allen ihn trennt.

Seltsam, im Nebel zu wandern!
Leben ist Einsamsein.
Kein Mensch kennt den andern,
Jeder ist allein.

Rainer Maria Rilke, 1875–1926

Marieke hat dieses wunderschöne Nebelfoto gemacht. Dankeschön!

Quittenduft-Gedanken

von Auffenberg irrt aus meiner Sicht, wenn er schreibt, dass ein Pilz für sein Wachstum nur eine Nacht braucht. So scheint es uns beim Anblick des überirdischen Pilzteils, doch in Wirklichkeit lebt der Pilz viele Jahre unterirdisch mit unglaublich weiten Vernetzungen, manchmal bis zu mehreren hundert Metern. Pilze sind das zweite Internet (das erste ist das, was die alten Schriften Brahman, das Urmeer, die „Quantensuppe“ nennen), das menschengemachte Internet ist erst viel später entwickelt worden.

Pilze sorgen für Kommunikation und zwar fix. Sie vermitteln zwischen den Bäumen Botschaften, die den Riesen helfen, sich vor Fraßfeinden und ähnlichem zu schützen. Es findet nicht nur Austausch von Informationen statt, sondern auch von Nährstoffen und vielem mehr. Der Wald ist ein System, das sich gegenseitig stützt, trägt, nährt und hält, wenn man es lässt. Wie alle Systeme ist der Wald auf Homöostase ausgelegt, auf Gleichgewicht und wenn es ein natürliche Wald ist, dann ist er gemischt, Monokulturen kennt die Natur nicht, das wäre sehr dumm, denn jede Monokultur ist die perfekte Einladung für den Schädling. Mischkulturen überleben, weil der Schädling spezialisiert ist.

Wir könnten jede Menge lernen, wenn wir hinschauen und würden dann erkennen, wie wichtig es ist, dass eine Gemeinschaft auf Vielfalt beruht, denn Vielfalt schützt und gibt die Möglichkeit, viele verschiedene Blickwinkel am Start zu haben. Für uns Menschen ist das wie eine Bedrohung, Fremdes macht Angst, dabei weitet es den Horizont und aufgrund der Vielfalt an Hintergründen, Erfahrungen, Kenntnissen und Fähigkeiten können so andere Lösungen entwickelt werden – wenn man sich darauf einlassen kann.

Während ich mich so nach und nach durch meine Quittenberge arbeite (ein Ende ist absehbar) und das gesamte Haus nach Quitten duftet (es gibt keinen schöneren Duft auf dem Planeten!), habe ich Zeit zum Nachdenken. Es ist still, die Hände arbeiten. Der Geist wechselt zwischen der Aufmerksamkeit auf die Quitten (reiner Selbstschutz, die sind so hart, wer da nicht bei der Sache ist, hat schnell das Messer in der Hand stecken) und dem, was alles bedacht werden mag. Da ich immer gleich für mehrere Entsafterrunden schnipple, merke ich, wie das Switchen zwischen Quitten und dem Wirrwarr im Kopf nachlässt und es immer besser gelingt, bei der Quitte zu bleiben. Ich liebe die Form, den Geruch, den Flaum, der mit der Bürste abgerieben wird.

Ich staune jedes Mal, denn in der Naturkosmetik wird auch Quittenwachs verwendet – wie mühsam ist es, das zu gewinnen! Ich erkenne erst in der Stille, dass die Quitten nie angefressen werden von Vögeln oder Insekten, dass sie also Meister des Schutzes sind und mir das eine Menge über das Wesen der Quitte sagen kann. Ich verstehe, weshalb sie eingesetzt wird als Bestandteil von Cremes und auch für Heuschnupfen in Nasensprays.

Wir haben verlernt, genau hinzuschauen und das Wesen von Pflanzen zu erleben. Wie schön, dass eine Abschlussarbeit am Wochenende Heilpflanzen als Thema hatte und es auch darum ging, wie Pflanzen und Planeten zusammenhängen. Nicht nur die Pflanzen, sondern alles Leben auf der Erde wird vom Kosmos beeinflusst, nicht nur, wenn wir unser Horoskop lesen, wird uns das bewusster. Bei Goethe heißt es: „Wie an dem Tag, der dich der Welt verliehn, die Sonne stand zum Gruße der Planeten …“ und „Urworte orphisch“ endet so: „Und keine Zeit und keine Macht zerstückelt/Geprägte Form, die lebend sich entwickelt.“

Welche Planetenkräfte, welche irdischen Einflüsse haben dich geprägt? Und was bedeutet das für die lebendige Entwicklung des Menschen, der du werden willst?

Allen einen wunderschön beweglichen Merkurtag.

Nicht aus dem Rahmen gefallen ist Maikes Foto aus den Bergen. Danke dir dafür!

Lachende Pilze

Der Eiche Wachstum
wird oft frech vom Pilz verlacht,
sie braucht Dezennien,
er nur eine Nacht.

Joseph Freiherr von Auffenberg, 1798 – 1857

Der Fliegenpilz ist auf seine Weise eine sehr königliche Erscheinung im Wald. Maike würdigte ihn mit ihrem Foto. Danke!

Palliativ = Hülle geben

Dame Cicely Saunders ist leider nicht allzu bekannt hierzulande, dabei verdanken es Abertausende sterbender Menschen ihr und der Hospizbewegung, dass sie in Würde ihre letzten Tage verleben können. Die Ärztin, Krankenschwester und Sozialarbeiterin Saunders, die 1918 geboren wurde und 2005 starb, begründete die moderne Hospizbewegung und sorgte durch die Palliative Care-Regeln, die 1977 auch bei uns angekommen waren, dafür, dass bis zum Lebensende Würde und Selbstbestimmung am Krankenbett sowohl im außerhäuslichen wie im heimischen Bereich Einzug halten konnten. Bei uns ist das Gedankengut von Saunders zu wenig bekannt. Sterben gehört wie Krankheit generell, wie Alter und Behinderung, in unserer Gesellschaft zu den Tabuthemen. Das ist blauäugig, denn gerade beim Thema Sterben ist vermutlich bislang keiner ausgenommen.

Wie wenig auch Therapeuten das Thema auf dem Schirm haben, wurde am Wochenende deutlich, denn ein Abschlussarbeitsthema der Cardeaausbildung befasste sich mit Hospizarbeit, Palliativ Care und Leben am Ende des Lebenswegs. Die Kurskolleg:innen erfuhren jede Menge Neues, zum Beispiel über die Dignitiy Therapy, die Menschen am Lebensende viel Erleichterung verschaffen kann, wenn Dinge noch ausgesprochen werden können, die sonst vielleicht keinen Raum finden.

Wie viel eine Gesellschaft taugt, sieht man daran, wie sie mit den Randgruppen umgeht und Tabuthemen betrachtet. Nachdem jeder von uns mit dem Tod konfrontiert sein wird, ist mir unbegreiflich, wieso man dieses wesentliche Thema ausgrenzen kann. In der Therapie ist es unglaublich oft Thema und wenn dieses Fass aufgemacht wird, erkennt man auch erst einmal, mit wie viel Ängsten und Nöten alles überfrachtet ist. Wir haben keine Angst vor dem Tod, wir haben Angst vor einem schweren Sterben. Und genau deshalb ist es wesentlich – und nicht erst, wenn man an einer vielleicht tödlichen Krankheit leidet -, dass man sich mit dem Thema befasst, über Patientenverfügungen, Vorsorgevollmachten, Grab, Art der Bestattung etc. Gedanken macht. Im Fall der Fälle müssen Angehörige in einer schwierigen Situation irgendwas aus dem Ärmel zaubern und am Ende ist es vielleicht nicht das, was sich die Person gewünscht hätte.

Gespräche über Mr X, wie manche Patienten den Tod gern nennen, sind mit die besten in meiner Arbeit. Sie sind ehrlich, tief und so voller Liebe und Lebendigkeit, dass wir beide beschenkt sind nach so einem Gespräch. Ars moriendi, die Kunst des Sterbens, gehört zur Ars vivendi, der Kunst des Lebens, untrennbar dazu. Wenn wir im Januar unser LebensKUNSTseminar starten, werden das die Pole sein, zwischen denen sich der Kurs aufbaut, denn „wer nicht stirbt eh er stirbt, der verdirbt, wenn er stirbt“ (wird Abraham a Sancta Clara zugeschrieben). Wer ein gutes Leben leben will, muss bereit sein, das Tor, durch das er bei seiner Geburt hereingeschritten kam, auch wieder herauszuschreiten. Bei der Geburt freuen sich die Menschen, dass ein neues Leben hier angekommen ist. Vielleicht freuen sich beim Tod andere Wesenheiten, wenn der Mensch wieder nach Hause kommt von seinem Ausflug auf den blauen Planeten und dort von möglichst vielen bunten Abenteuern berichten kann, die er auf seiner Reise erlebt hat!

Tod ist nicht schrecklich, sondern gehört mitten ins Leben und dazu. Sonst entsteht Angst und das muss nicht sein. Menschen wie Dame Cicely Saunders haben ihr Leben dieser Aufgabe gewidmet, anderen Menschen zu einem würdigen und angemessenen Tod zu verhelfen. Jeder von uns kann etwas dafür tun. Tod kennt keinen Stand, kein Alter und er kommt zu einer Zeit, in der wir vielleicht nicht damit rechnen, dabei schreitet er sein Leben lang ruhig neben uns her, bis die Stunde gekommen ist.

Allen einen kraftvollen Marstag und – sorgt vor. Leben wir jeden Tag so, dass wir jederzeit abtreten könnten. Das ist eine sehr gewagte Idee bei all den Plänen, die wir dauernd und so gerne haben. Doch eines wissen wir, auch wenn uns das nicht bewusst ist: Leben ist deshalb so kostbar, weil es eben endlich ist. Carpe diem.

Steffi war im Wald unterwegs und hat dieses tolle Bild mitgebracht. Dankeschön!

Du wirst Bedeutung haben

Du zählst, weil du du bist. Und du wirst bis zum letzten Augenblick deines Lebens eine Bedeutung haben.

 

Dame Cicely Saunders

 

Den Blick auf die letzten Oktobersonnenstrahlen hat Katja durch die Blätter hindurch eingefangen. Danke!

Geschenke-Tag

Manche Wochenenden sind besonders. Dieses war so eines. Zwei Jahre Ausbildungszeit sind für die jetzt frischgebackenen Cardea-Therapeutinnen zu Ende gegangen. Das Abschlusswochenende gehört ganz den Kursteilnehmer:innen, denn da werden die Arbeiten vorgestellt, die jeder im Lauf dieser zwei Jahre schreibt. Hier erleben wir alle von einer ganz neuen Seite – denn jeder schreibt über sein Herzblutthema und zeigt dabei ganz viele Facetten von sich, die bislang vielleicht noch nicht aufgeschienen sind. Das ist besonders. Berührend, bewegend, großartig, einmalig.

So eine Ausbildung geht sehr tief. Wir bilden Menschen aus, die mit Menschen arbeiten, das ist mitunter unfassbar schwer und belastend, manchmal unglaublich bereichernd und ein Geschenk, wenn beide an das Feld angedockt sind, das man nicht beschreiben kann und das alles miteinander verbindet. Schön erklärt ist dieses Phänomen im Film „Die Legende von Bagger Vance“. Dort zeigt Bagger dem Protagonisten, wie ein erfolgreicher Golfer Kontakt mit dem Feld aufnimmt und dann zum Schlag ausholt. Bagger bezeichnet den großartigen Schlag als „den authentischen Schlag“. Genau darum geht es uns in dieser Ausbildung. Zwei Jahre arbeiten wir daran, dass jeder in der Cardea-Ausbildung seinen authentischen Ton in der Therapie findet und verstanden hat, was es bedeutet, am Feld anzudocken.

Wir haben Abschlussarbeiten der Spitzenklasse gehört mit Beiträgen unter anderem zur Arbeit im Hospiz/Palliativ Care, zu Reittherapie, zu Heilpflanzen, zu Biografiearbeit gleich mehrere Vorträge. Wir haben eine Reise in die Schnittstelle von Psychologie und Philosophie auf den Spuren der Frage: Was ist Bewusstsein gemacht und uns angeschaut, was Wahrnehmung ist und wie Wahrnehmungsfähigkeiten in zwei Jahren wachsen können. Eine krasse Reise, die wir miteinander absolviert haben! Ich wünsche euch allen von Herzen beste Arbeit mit euren Klienten und eine gute Lebensreise. Willkommen im Team der Cardeafamilie und willkommen zu den Aufstellungen, bei denen ihr eure Nachfolger:innen unterstützen dürft als Mentor:innen. So wachsen alle gut zusammen, das freut mich von Herzen!

In 13 Tagen startet die nächste Gruppe mit dieser Ausbildung, die uns durch die Welt der Gesprächspsychotherapie, der systemischen Arbeit und der Hypnotherapie führt. Wir freuen uns auf die neue Gruppe und heißen euch jetzt schon in der ständig wachsenden Cardeafamilie willkommen. Ein Platz ist hier noch frei, also schnell anmelden, wer mit dabei sein mag.

Im November startet der Rogers-Kurs über Empathie, Wertschätzung und Authentizität, der bereits ausgebucht ist, ein Platz ist dafür noch im neuen „Meine innere Mitte finden“-Kurs frei. Plätze gibt es auch noch beim Einzelkurstag über Aromapflege und Räuchern (mit „Geheimnis der Rauhnächte“). Herzlich willkommen! In der Alten Synagoge in Kitzingen wird es im zweiteiligen Seminar am 16. und 23. 11. darum gehen, wie es gelingt, Veränderungen im Leben auch umzusetzen und nicht nach drei Tagen guter Vorsätze ins Leere laufen zu lassen – hierfür bitte direkt bei der VHS Kitzingen anmelden!

Alle Infos zu den Kursen, Termine, Kosten etc. wie immer auf der Homepage unter www.seelengarten-krokauer.de

Allen einen wunderbaren Start in die neue Woche!

Ist das nicht zauberhaft? Die Cardeas haben mir zum Kursabschluss diesen wunderschönen Haussegen von Jwala Gamper geschenkt! Ich danke euch von ganzem Herzen!

Över de stillen Straten

Över de stillen Straten
Geit klar de Klockenslag;
God Nacht! Din Hart will slapen,
Un morgen is ok en Dag.

Din Kind liggt in de Weegen,
Un ik bün ok bi di;
Din Sorgen un din Leven
Is allens um un bi.

Noch eenmal lat uns spräken:
Goden Abend, gode Nacht!
De Maand schient op de Däken,
Uns‘ Herrgott hölt de Wacht.

Theodor Storm

Steffi hat die stille Straße mit den vernebelten Windrädern heute fotografiert! Lieben Dank!

Schluss mit Angst

Der Herbst ist da und damit droht eine neue Welle aus Angst und Druck auf die Menschen. Grundsätzlich kann jeder Mensch Viren übertragen und ohne das zu wissen andere anstecken, auch wenn er selbst vielleicht nicht erkrankt. Was sich aber wahrhaft seuchenartig ausbreitet, ist Angst und das bedeutet: Wer Angst hat, schwächt per se sein Immunsystem. Wer Angst hat, steht unter Stress, Stress ist gesundheitlich ein unglaublich negativer Faktor. Wer Angst hat, hält sich nicht für handlungsfähig, schätzt die Zukunft negativer ein als ohne Angst und rutscht bei kollektiver Infektion mit dem Panikprogramm rasch in ein Gefühl von Sinnlosigkeit. Damit hätten wir die wesentlichen Kriterien der Salutogenese – Sinn, Machbarkeit und Verständnis – ad acta gelegt. Willkommen in der Welt der Pathogenese, das ist die Lehre darüber, wie man krank wird statt gesund. Wir lernen gerade in diesem Bereich sehr viele Lektionen. Meistens ohne dass wir darum gebeten hätten.

Was hält denn nun gesund? In allererster Linie Menschenverstand. Wer krank ist, kuriert sich daheim im Bett aus. Händewaschen ist wichtig. Sich supergut ernähren macht richtig viel Sinn. Jeden Tag an der frischen Luft bewegen ist essentiell. Abhärtung ist die halbe Miete. Gut und ausreichend tief schlafen! Lebensfreude und Freude bei dem, was man tut gehört zu den Monsterboostern. Funktionierende Sozialkontakte, Beziehungen aller Art stärken den Menschen. Und ein Gefühl von Gemeinschaft – wir schaffen die Dinge miteinander, aber nicht im gegenseitigen Beäugen, Bespitzeln, Beschuldigen und Schüren von Angst. Ein gerüttelt Maß an klarem Menschenverstand, Verantwortungsgefühl und guter Lebensstruktur ist hilfreich im Bereich der Lebensordnung.

Es ist die Aufgabe  jedes Einzelnen, für seine Gesundheit die Verantwortung zu übernehmen, denn wohin es führt, wenn wir diese wesentliche Aufgabe outsourcen, dürfte inzwischen ersichtlich sein. Es ist die Aufgabe derer, die ein Land führen, klare Informationen zu geben, Ruhe zu bewahren und aufzuhören, Angst zu verbreiten. Ein System, das zu Angst bei seinen Mitgliedern führt, ist kein dauerhaftes, denn Menschen möchten keine Angst haben müssen, sonst reagieren sie mit Ausbruch. Wir müssen keine Angst haben, wenn wir in Ruhe und vor allem mit klaren Informationen agieren. Im Moment trudeln wir relativ kopflos von einer Krise in die nächste und die wahren und wesentlichen Aufgaben bleiben außen vor:

  • Anleitungen für die Menschen, wie man gesund bleibt (inzwischen gehört das mit zu meinen Hauptaufgaben, Menschen in den Bereichen Körper, Seele und Geist fit zu machen)
  • Klare Sachinformationen, so erklärt, dass man sie begreifen kann
  • Einfache Regeln, die nachvollziehbar sind, dann werden sie eingehalten
  • Ins Auge fassen der wahrhaft drückenden Probleme: Umwelt und Klima, Entwicklung von Arbeit und Wirtschaft, Internationale Zusammenarbeit in allen wesentlichen Fragen, Pflege, Krankenhäuser, Senioren- und Behinderteneinrichtungen mit ausreichend Personal und Gehalt ausstatten, Bildungssystem auf gute Füße stellen etc. pp.
  • Ende der Angstmacherei, stattdessen Unterstützung für alle Programme, die dazu dienen, Menschen lebensfroh und verantwortungsbewusst zu machen
  • Dankbarkeit gegenüber all den Menschen, die jetzt geduldig seit Monaten alles mitgemacht haben, bereit, für die Gemeinschaft alles zu geben und die sich jeden Tag so vernünftig wie möglich verhalten, das sind viele Menschen! Sie testen sich oder sind geimpft je nach Ansicht, sie achten auf ihre Gesundheit, nehmen Rücksicht etc. und werden doch kollektiv in die Verantwortung gestellt. Wer einen hohen Antikörperwert hat, braucht eine angemessene Aufklärung, was wirklich nötig ist
  • Sicherstellung von Strom, Gas, Wasser für den Winter und die
  • Erinnerung daran, dass wir alle fehlbare Menschen sind, die täglich ihr Bestes geben, man dieses Beste aber nicht ausnutzen sollte.

Bitte verhalten wir uns vernünftig, sprechen wir ruhig, klar, verständlich, geben zu, dass wir nicht alles wissen und können und überlegen wir gemeinsam, was gute Wege sein können durch diesen nächsten Winter. Beenden wir die Panikmache und Drohungen aller Art in jedwede Richtung. Angst macht klein und schürt letzten Endes Aggression, die sich auf ungute Weise entladen kann – bauen wir auf Vertrauen, Menschlichkeit und Freundlichkeit. Dann haben Menschheit und Planet trotz und mit Viren Zukunft. Wir sind das allen Lebewesen schuldig, die jetzt mit uns diesen Planeten bewohnen und allen Lebewesen, die nach uns kommen. Beenden wir Hass und Angst. Laden wir das Leben freundlich ein und begegnen wir uns mit Respekt, Wertschätzung und dem Wissen, dass wir alle versuchen, das Beste zu geben. Und der Bereitschaft, voneinander stets zu lernen und anzuerkennen, wenn jemand eine bessere Idee hat – es geht ums Ganze, nicht um Profilneurosen.

Allen ein angst- und virenfreies Wochenende.

 

An diesem Platz, den Katja für uns fotografiert hat, könnte ich vermutlich Tage sitzen. Danke!

Durch die Meere der Zeit

Bücher sind Schiffe, welche die weiten Meere der Zeit durcheilen.

Francis Bacon, 1561 – 1626

Dieses Boot ist schon winterfertig und kann nun vor sich hinträumen bis zur nächsten Saison. Katja hat es für uns fotografiert. Vielen Dank!

Was es manchmal braucht

Manchmal ist uns nach lichter Weite, nach Höhe, um den Blick in die wunderschöne Welt schweifen lassen zu können. Manchmal sehnen wir uns nach dem An- und Wegrollen der Wellen am Meer mit dem Geruch nach Tang, Seewasser und der frischen Brise dort. Manchmal braucht es ein warmes Bett, um sich behütet und geborgen zu fühlen.

Kein Tag ist gleich, kein Moment gleicht dem anderen, alles ist beständig im Wandel begriffen. Leben ist ein Kommen und Gehen. Türen öffnen sich und schließen wieder. Wege enden im Nirgendwo und wir suchen lange verzweifelt, wo dieser Weg denn weitergehen könnte, denn auch Rückwege können versperrt sein. Nicht immer scheint die Sonne, manchmal frisst sich die feuchte Kälte förmlich in die Knochen, bläst der Wind, knirscht Schnee unter unseren Füßen oder locken bienendurchsummte sonnensatte Wiesen.

Wenn uns immer wieder bewusst wird, dass sich alles ständig verändert und nichts bleibt, wie es ist, können wir in negativen Zeiten darin Trost finden und in den schönen Momenten erkennen, dass wir auch sie loslassen müssen, sie deshalb wahrhaft genießen dürfen.

Das Rad des Lebens dreht sich, es wartet nicht, was wir möchten und ersehnen, es dreht sich und der ist gut aufgestellt, der mit diesem Lebensatem und Rhythmus mitgehen kann, denn jedes Dagegenstellen kostet übermenschliche Kraft und ist zudem ganz sinnlos.

Gehen wir bewusst in die dunklere Jahreszeit nach der Uhrumstellung und atmen wir bewusst die Frische, die Kühle, die jetzt draußen ist, den Geruch nach nassen Blättern, feuchter Erde und Übergang in die kalte Jahreszeit. Genießen wir die Momente des nach Hause Kommens mit warmem Tee und Gemütlichkeit, mit Kerzenschein und Büchern, die aufs Lesen warten. Nehmen wir jeden einzelnen Moment so, wie er ist – mit seinem Angebot an uns, das Leben im einzig lebbaren Moment wahrzunehmen: jetzt, in dieser Sekunde IST Leben. Das einzige Leben, das du leben kannst.

Allen einen freundlichen Venustag!

 

Maike hat diese zauberhaften Herzen vor blauem Himmel für uns fotografiert! Herzensdank!

Tiere als Lehrer

Bei den meisten Dingen waren die Tiere unsere Lehrer. Die Spinne lehrte uns das Weben. Die Schwalbe die Baukunst, die Nachtigall und der Schwan das Lied.

Demokrit

Stephanie hat das Spinnennetz entdeckt!

Wasser ist Leben

Wasser ist Leben. Ohne Wasser wären wir sehr schnell am Ende unserer Existenz angelangt. Umso beeindruckender, wenn man Quellen besucht, die tief versteckt im Wald aus Felsen entspringen. 1457 wurde der Ort Katzbrw das erste Mal genannt, und heute steht in der Einöde Katzbrui noch immer eine uralte Ölmühle, in der man hervorragend speisen kann.

Rund um die Mühle entspringen den Felsen Quellen, stürzt das Wasser den steilen Berg hinunter. Köstlich schmeckt das Quellwasser direkt am Felsen. Wir Kneippschüler wurden hervorragend begossen, vor allem von oben, als wir auf den Spuren Kneipps in Stephansried waren, einem winzigen Ort, in dem der berühmte Sohn des Dorfes aufgewachsen ist. Kuhglockengebimmel begleitete uns bei unserem Marsch zum Denkmal an der Stelle, an der das Elternhaus Kneipps stand, das mitsamt seinen Ersparnissen, die ihm das Studium ermöglichen sollten, abgebrannt ist, bevor er studieren konnte. Dennoch gab Kneipp seinen Traum, Priester zu werden, keine Sekunde lang auf und schaffte es, das Gymnasium in Dillingen zu besuchen und dann Theologie zu studieren. Kneipp gab nie die Hoffnung auf, dass sein Traum, Priester zu werden, erfüllt werden würde. Er überwand sogar Lungentuberkulose auf dem Weg zu seiner Priesterweihe.

Im strömenden Regen pilgerten wir nach Stephansried und besuchten die Basilika in Ottobeuren, dann eine Wanderung durch den Forst bei Katzbrui. Eine Landschaft, die im Sommer superschön ist, im eisigkalten Novemberregen zeigt, wie stark man sein muss, wenn man hier gut leben möchte. Dass der junge Kneipp einst staunend in der rund vier Kilometer entfernten Basilika in Ottobeuren stand, wundert mich nicht. Das muss dem Kind wie ein Blick in den Himmel vorgekommen sein. Mancher Kursteilnehmer war begeistert von so viel Barock, ehrlich gesagt fand ich die Minikirche in Stephansried deutlich schöner.

Landschaft prägt uns sehr, schreibt sich ein in unsere Art, die Welt zu sehen. Das Allgäu ist eine wasserreiche Gegend, fast immer sieht man dort grüne Wiesen, nicht so verdorrte Grasbüschel wie bei uns hier in der Weinbaugegend. Doch auch hier regnet es – wie heute Morgen, als wir im Stockdunkeln im Schlafanzug mit Mantel drüber durch die klitschnasse Wiese stapften und unisono befanden: langweilig! Ja, es war uns fast zu warm heute Morgen draußen, denn unsere Füße sind das angefrorene Wörishofer Gras gewohnt gewesen in den letzten Tagen. Das Wasser in der Fußbadewanne hingegen, das seit einigen Tagen draußen steht, war dann schon eher frisch zu nennen. So einfach kann man Kneippanwendungen in seinen Alltag einbauen, wer einen Garten hat, kann morgens aus der Bettwärme raus Tautreten und danach bitte für warme Füße sorgen durch Bewegung! Ihr werdet rasch merken, wie frisch das macht und was euch fehlt, wenn ihr es nicht macht. Frohes Probieren!

Der Wald um die Mühle Katzbrui mit einem der zahllosen Wasserläufe dort.