Yearly Archives: 2022

Wärme bringt uns ins Leben

Der Wärmesinn: Mit diesem Sinn nehmen wir Kälte und Wärme wahr. Deshalb ist die Pflege des Wärmeorganismus durch angemessene Kleidung so wichtig, ebenso die innere Wärme, sich für etwas erwärmen, für eine Sache brennen. Schädigend wirken übertriebene Abhärtung, überhitzte oder zu kalte Räume, mangelhafte Bekleidung, kalte Atmosphäre.

Wärme und Licht sind verschiedene Geschenke der Sonne. Der Mensch muss für einen ausgeglichenen Wärmehaushalt sorgen, wir sind keine wechselwarmen Tiere oder Kaltblüter. Spannend ist der Zusammenhang der Worte tempus, Zeit, und Temperatur. Viele Prozesse laufen in der Wärme schneller ab, hier herrscht eine andere Energie, was vom Griechischen en ergeo, „ich bin tätig“ hergeleitet werden kann.

Im Feuer kulminiert die Kraft der Wärme, weshalb das Feuer als Beginn der Kultur bezeichnet wird.

Waschen wir uns mit Wasser in Zimmertemperatur, frieren wir, als angenehm empfinden wir Wasser von Körpertemperatur. 29 Grad kaltes Wasser nehmen wir wärmetechnisch als weder warm noch kalt wahr.

Im Schlaf können wir nur abschalten, wenn uns weder zu warm noch zu kalt ist. Unser Temperaturoptimum an Außenwärme liegt bei 20 Grad.

Wir nehmen durch die Wärme die Differenz zwischen Umwelt und uns wahr – das kann uns nicht egal sein. Wärme bringt uns direkt ins Leben!

 

Sonne ist Licht und Wärme, für Menschen und Tiere gleichermaßen wichtig. Danke an Sina für das Foto!

Ein Feuer entzünden

Zündet das Feuer an!

Feuer ist obenan.

Höchstes, er hat’s getan,

Der es geraubt.

Wer es entzündete,

Sich es verbündete,

Schmiedete, ründete

Kronen dem Haupt.

 

Johann Wolfgang von Goethe, Pandorra

Prometheus hat der Sage nach den Menschen das Feuer gebracht, mit einer harten Strafe für ihn selbst.

Daran erinnert Goethes Text.

Ein Johannifeuer in dieser Größe hat Theresa fotografiert. Vielen Dank für dein Bild!

Wunder des Sehens

Der Sehsinn:  Mit unseren Augen erfahren wir die Welt des Lichts und der Farben. Damit „erwachen“ wir förmlich erst für die Welt. Mit unseren Augen untersuchen wir alles, sogar unsere Augen im Spiegel. Das Auge ist unser auffälligstes Sinnesorgan und das kommt auch durch seine Entstehung, unser Auge bildet sich vom Gehirn aus. Blickt der Augenarzt ins Auge, sieht er förmlich auf die Haut, die unser Gehirn umspannt.

Der farbige Teil des menschlichen Auges ist nach der Göttin des Regenbogens, Iris, benannt.

Mit unseren Augen tritt Farbe in unser Leben und damit auch die Fähigkeit, Stimmungen zu empfinden. Wir wissen, dass Farben auf uns sehr viel Einfluss haben. Rot macht aktiv, orange begeistert, gelb stimmt fröhlich, grün beruhigt und blau schützt und kühlt. Sterben wir, verlassen wir den Körper durch die Augen, die ein anderer für uns dann schließen muss.

Besonders spannend ist, dass wir gerade unsere Augen so leicht verwirren können mit optischen Täuschungen.

Und noch etwas zeichnet das Auge aus: das Weiße. Das Weiße ist der Ausdruck unseres inneren Menschen und wenn das Weiß sich verändert, erkennen wir sofort, dass hier eine Störung vorliegt. Unsere Augen sind der Spiegel der Seele.

 

Wär nicht das Auge sonnenhaft,

Die Sonne könnt es nie erblicken;

Läg nicht in uns des Gottes eigne Kraft,

Wie könnt uns Göttliches entzücken?

               Goethe, Zahme Xenien

 

Unsere Augen können wir pflegen durch Ausruhenlassen in der Natur, durch Harmonie in unserer Umgebung. Grelle Farben, Bildschirmarbeit, „starren auf etwas“, Interesselosigkeit hingegen schädigen es.

 

Steffi hat in Kopenhagen diesen krassen Regenbogen entdeckt. Dankeschön!

Augen zu, Augen auf!

Es gibt Augenblicke, in denen man nicht nur sehen, sondern ein Auge zudrücken muss.

Benjamin Franklin, 1706-1790

Steffi drückt kein Auge zu, wenn sie draußen unterwegs ist, sondern öffnet ihre Augen weit für die erstaunlichen Farbspiele des Lebens. Danke dir!

Riechen und Schmecken

Geruchs- und Geschmackssinn sind eng verwandt, denn die Nase und der Mund sind in der Embryonalentwicklung verbunden, sie wachsen von zwei Seiten aufeinander zu. Verläuft diese Entwicklung nicht gut, kommt es zu Lippen-, Kiefer- oder Gaumenspalten. Beide Sinne arbeiten auch eng zusammen.

Unser Geschmackssinn leidet unter der „Einheitlichkeit“, unter Geschmacklosigkeiten aller Arten, unter einer unästhetischen Umgebung, unter Taktlosigkeit, er wird angeregt durch den Eigengeschmack von Lebensmitteln, durch „Geschmackvolles“, durch eine ästhetische Gestaltung unserer Umgebung und durch viele verschiedene Erfahrungen, die uns Mund und Nase ermöglichen.

Während die Nase nicht verschließbar ist (Seehunde können das), ist der Mund ein geschlossener Raum, und wenn wir etwas probieren, müssen wir ihn „öffnen“. Geruch dringt herein, aber Geschmack braucht eine geöffnete Türe.

Im Geschmackserlebnis geht es immer um einen Austausch mit dem „Stoff“. Riechen wir an einer Blume, werden wir förmlich zu dieser Blume. Beim Geschmack ist es eher eine Geste des Austauschs. Durch das Kauen und Einspeicheln beginnt im Menschen der Verdauungsprozess und leitet somit die intensive Auseinandersetzung mit unserer Umwelt direkt in unserem Körper ein. Waren wir schwer krank und konnten nichts essen, bringt uns der Geschmack einer guten Suppe wieder auf die „gesunde Seite“. Im Grunde lehrt uns der Geschmackssinn die Unterscheidung zwischen „gesund“ und „ungesund“.

Salzig ist der konkreteste Geschmack, sauer, süß und bitter sind allgemeiner. Die Süße einer Karotte ist sehr verschieden zu der von Stevia oder einer Himbeere. Unsere Zunge schmeckt im vorderen Bereich sauer, süß und salzig, Bitteres im hinteren Bereich. In der Zungenmitte ist ein kreisförmiger relativ unempfindlicher Bereich.

Salziges vertragen wir nur in geringen Mengen. Beim Sauren zieht sich uns oft alles zusammen. Die „Süße des Lebens“ ist uns sehr wichtig. Ohne Salz aber wäre das Leben nicht möglich. Das Süße hängt mit unserem mittleren Seelenbereich zusammen: der Behaglichkeit, dem, was uns nicht wirklich bewusst ist. Das Saure erfrischt und Salz weckt vollkommen auf. Wie bedeutend für uns Menschen das Salz ist, wird uns klar, wenn wir hören, dass die römischen Legionäre nur dann in den Kampf zogen, wenn sie zum Sold noch ein Paket Salz bekamen.

Am Geschmack wird die Qualität geboren, ja unsere Kultur. Unsere Lebensprüfungen und –erfahrungen drücken wir auch oft im Geschmacksbild aus: Eine bittere Erfahrung, ein süßes Kind. Ein letzter Gedanke, der zwar etwas weit führt, aber dennoch Beachtung verdient: Bei Tisch begegnen sich nach Soesman drei Kulturen: „Für den Körper ist es die Kultur der Nahrungszubereitung. Sie kommt aus der Vergangenheit. Für die Seele die Kultur der Wohnungseinrichtung, unser Zimmer, das Tischtuch, der Tischschmuck sowie auch unsere Kleidung, unser Verhalten. Wir sind im Jetzt. Für den Geist es die Kultur unseres Gesprächs und das bedeutet: Vor allem Geselligkeit, Lebenserfahrungen austauschen, Pläne schmieden, befruchtend, impulsierend für die Zukunft.“ (Alfred Soesmann, Die 12 Sinne. Tore zur Seele).

 

Genuss und Geschmack – Ursulas selbstgemachtes Eis mit Früchten. Danke dir für dein Foto!

Guter Geschmack

Takt ist der auf das Benehmen angewandte gute Geschmack.

Nicolas Chamfort, 1741-1794

Ursula hat frische Blüten und Blätter zum Tee aufgegossen. Mit Sicherheit ein exquisiter Geschmack und ein sehr anregendes Foto (DANKE!), um sich schon jetzt auf die frische Teesaison vorzufreuen!

Vom Riechsinn

Der Geruchssinn: Ohne Einatmen kein Riechen. Und weil wir atmen MÜSSEN, bleibt uns das Riechen leider nicht erspart. Der Geruch ist quasi zwingend wahrzunehmen. Spannend ist, dass das Riechen etwas Überwältigendes hat. Riechen wir an Senf, reagieren unsere Schleimhäute sofort mit Husten. Das Gebiet im Körper, mit dem wir riechen, ist rund 5 Quadratzentimeter groß.

Wir riechen über zwei Wege, einmal über die retronasale Geruchswahrnehmung über den Rachenraum und die orthonasale über die Nase. Die rund 30.000 Riechzellen auf unserer Riechschleimhaut spalten sich auf in feine Härchen, sogenannte Cilien, an deren Oberfläche Rezeptoren sitzen, die bestimmte Gerüche aufnehmen (Schlüssel-Schloss-Prinzip). Dockt ein Duftmolekül an, wie die empfangene Information in einen elektrischen Reiz umgewandelt und unter Umgehung des Neocortex direkt ins limbische System eingespeist.

Im limbischen System befindet sich das sogenannte Riechhirn (Rhinenzephalon). Das limbische System ist im Grunde unser urzeitliches Säugetiergehirn, in dem unsere Gefühle und Erinnerungen abgespeichert werden. Für Sigmund Freud war das der Sitz des „Unbewussten“. Die Cilien und alle Riechzellen übrigens, und das ist hochinteressant, weil sonst keine Gehirnzelle so etwas zeigt, werden alle 30 Tage erneuert. Sie sind die einzigen Hirnzellen, die nach dem Absterben nachgebildet werden. Düfte und Erinnerungen daran sind lebenslang gespeichert. Das Riechen verbindet uns also in Sekundenbruchteilen mit Gefühlen und Erinnerungen.

Eine Hilfe für den Alltag: Parkinson- oder Alzheimer-Patienten entwickeln etwa fünf Jahre vor dem Ausbruch der Krankheit Riechstörungen, sie können Vanille oder Oreganumduft nicht mehr wahrnehmen. Wenn Patienten an einer Anosmie, dem Verlust des Geruchssinns leiden, können sie starke Gerüche über den Trigeminusnerv im Gesicht wahrnehmen. Hat der Patient Glück und die Störung des Riechnervs ist vorübergehend (z.B. durch Entzündung oder gerade bei Corona), kann mit Training das Riechen wieder erlernt werden, weil sich unsere Sinneshärchen erneuern.

Unsere Nase teilt ein in: riecht gut – stinkt, das ist sofort mit einem Urteil verbunden, insofern hat unsere eigene Moral auch etwas mit unserem Geruchssinn zu tun. Etwas ist „igitt, bä“ und schon ist eine Theorie fertig. Im ägyptischen Totenbuch treten Götter aus der Sonnensphäre auf den Toten zu, der in die geistige Welt geführt wird, riechen an ihm! Sie nehmen dadurch sofort seine „Moral“ wahr. Die schnellste Verkleidung erreichen wir, wenn wir uns eine Nase aufsetzen – sie ist das typischste Erkennungsmerkmal des Menschen, in unserer Nase sind wir ganz Mensch.

Schlecht gelüftete Räume, Gestank aller Art stört den Geruchssinn, wohingegen er durch alles gefördert wird, was „gut“ riecht.

 

Danke an Ursula für das starke Foto!

Schnupfen

Für Kritiker zu schreiben lohnt sich nicht, wie es sich nicht lohnt, denjenigen Blumen riechen zu lassen, der einen Schnupfen hat.

Anton Tschechow, 1860-1904

Danke an Steffi für das Foto mit diesen traumhaft schönen Farben!

Gleichgewichts-Sinn

Der Gleichgewichtssinn

Das Labyrinth im Innenohr sorgt dafür, dass wir immer wissen, wie unser Körper im Raum ist. Der Unterschied zum Eigenbewegungssinn ist der, dass der Gleichgewichtssinn auf unsere Raumlage wie aus einer Metaebene blickt, während der Eigenbewegungssinn „von innen heraus“ schaut.

Beide Sinne sind eng miteinander verflochten. Der Gleichgewichtssinn wird uns bewusst, wenn unser Innenohr erkrankt und wir Schwindel haben. Dann fällt es uns sehr schwer, unsere Lage im Raum noch richtig einzuschätzen, wir haben Angst zu stürzen, zu fallen, alles dreht sich um uns herum. Wir werden fast handlungsunfähig. Wir bemerken ihn auch, wenn wir stolpern und stürzen – sofort wird eine ganze Reihe von Reflexen ausgelöst, damit wir nicht schmerzhaft fallen.

Wir meinen, dass wir unser Gleichgewicht gut halten können. Aber: das können wir nur auf der Erde. Woanders, z.B. auf dem Mond, müssten wir uns komplett umorientieren, weil da die Schwerkraftverhältnisse anders sind. Das Kleinkind muss erst lernen, seinen Körper in das Schwerkraftfeld der Erde hineinzustellen. Mit dem Gleichgewichtssinn kommt man in die Außenwelt hinein. Wir brauchen die feste Erde, um das Gleichgewicht halten zu können.

Nietzsche hat das so umschrieben: „Glattes Eis – ein Paradeis für den, der gut zu tanzen weiß.“ Oder Goethe: „Wär nicht das Labyrinth ein Bild der Raumeskräfte, wie könnten wir das Gleichgewicht im Leib erleben?“

Mit dem Gleichgewichtssinn erleben wir Ausgleich, Selbstvertrauen, Ruhepunkte, Gleichgewicht. Alles, was das Gleichgewicht fördert, hilft uns sehr: Bewegen, Bewegen, Bewegen und Anstreben eines inneren Gleichgewichts (Balance, Meditation, zur Ruhe kommen, Achtsamkeit). Verkümmert dieser Sinn, brechen sich Depression, Lebensüberdruss, innere Zerrissenheit und Ruhelosigkeit, innere Unruhe und Resignation leichter Bahn.

 

Danke an Stephanie für dieses Traumfoto.

Von Bäumen

Wenn wir einen Baum betrachten, sehen wir nicht diesen einen Baum. Wir sehen das „Konzept“ Baum, das irgendwo in unserer Erinnerung gespeichert ist.

 

                              Jiddu Krishnamurti

 

Stephanie besucht auf ihrer Runde jeden Tag ein paar markante Bäume und hält ihr Leben in ihren wunderschönen Fotos fest. Danke dafür!

Erstaunlich

Weiter geht’s auf unserer Reise durch die Welt der Sinne. Wunder über Wunder! Schau hier:

Der Eigenbewegungssinn vermittelt uns Informationen über unsere eigene Bewegung. Der Tastsinn lehrt uns die Körpergrenzen, der Lebenssinn schenkt uns Erfahrungen über den Zustand, in dem unser Körper ist und der Eigenbewegungssinn vermittelt uns das Wissen darüber, wie unsere Gliedmaßen im Raum sich bewegen. Wir Menschen wissen, vorausgesetzt, wir sind gesund, in welcher Lage im Raum sich gerade Beine, Arme, der gesamte Körper befinden. Naturwissenschaftlich nennt sich dieser Sinn „Propriozeptivität“ (lat. proprius: eigen, recipere: aufnehmen), wofür zum großen Teil unser Innenohr zuständig ist und eine Menge Nerven, die dem Gehirn weiterleiten, was unsere Arme und Beine gerade tun.

Erstaunlich finde ich die Sensibilität unserer Wahrnehmung. Landois-Rosemann hat dies herausgefunden: „Am Ellenbogengelenk werden unter normalen Bedingungen noch Bewegungen wahrgenommen, die im Durchschnitt einer Winkeldrehung von nur 0,038 Grad entsprechen.“ Wenn wir uns überlegen, wie viel Übung notwendig ist, um derart fein justiert wahrzunehmen, wird uns bewusst, was das kleine Kind so Großartiges leistet!

Haben wir Menschen vor uns, die mit ihrer Orientierung im Raum Probleme haben, kann es sein, dass sie in der Kindheit zahlreiche Verbote vernommen, auf Schritt und Tritt verfolgt waren, ihnen Anregungen fehlten, selbst aktiv zu werden oder sich an guten Vorbildern zu orientieren. Vor dem Bildschirm kommt es nicht zu einer guten Beweglichkeit des Menschen – wir sitzen in einer Art Bewegungsstau. So ist es mit Spielzeug, das nicht aktiv zur Bewegung einlädt wie Dreirad, Rad, Balancierscheiben, Klettern, Toben, Springen, Mauersteigen etc., automatisches Spielzeug verurteilt zum Zuschauen. Deshalb ist es wichtig, dass auch der erwachsene Mensch möglichst viel in die Bewegung kommt! Das mit dem Eigenbewegungssinn einhergehende Gefühl ist Freude. Wenn wir uns durch unsere Eigenbewegung auf einen hohen Berg geklettert haben, erfüllt uns Freude. Weniger über das erreichte Ziel, sondern über die vollbrachte Leistung.

 

Freude an der Bewegung draußen – das hat Stephanie auch, die dabei dieses herrliche Himmelsfoto gemacht hat. Danke dir dafür!

Labsal im Winde

Nacht flieht, der krause Dunst der Berge fällt

Und schmilzt zu Gold, und Licht erweckt die Welt.

Ein neuer Tag schwellt die Vergangenheit,

Ein neuer Schritt ans Ende unserer Zeit.

Nur die Natur steht neugeboren auf,

die Erde lebt, die Sonn‘ eilt ihren Lauf,

Im Strom ist Frische, Glanz im Morgenstrahl,

Labsal im Winde, Blumenduft im Tal.

Gottgleicher Mensch, sieh diesen Glorienschein

Der Dinge an und juble: sie sind dein!

 

George Gordon Byron, 1788–1824

 

Stephanie war frühs unterwegs und schickt uns dieses herrliche Foto! Danke!

Sinn fürs Wohlfühlen

Der Lebenssinn ist schwer zu begreifen. Gemeint ist eine Empfindung, die wir erst wahrnehmen, wenn sie gestört ist, weil wir krank sind oder Schmerzen haben. Schmerz ist ein Aufschrei des Lebenssinns. Ohne Schmerzwahrnehmung lebende Menschen sind sehr gefährdet. Schmerz lehrt uns vieles: Nicht auf heiße Herdplatten fassen, Vorsicht beim hinfallen etc. Etwas zweites zeigt unseren Lebenssinn – Müdigkeit. Wenn wir heute nicht mehr richtig körperlich müde werden, treffen wir direkt den Lebenssinn. Schon Kinder werden heute nicht mehr richtig müde, weil sie nicht mehr draußen viel springen und toben können, sich so ihre Lebenskraft eben auch nicht entfalten kann.

Im Wohlfühlen sind wir im Lebenssinn aufgehoben, er vermittelt uns Behagen, Harmonie, Stimmigkeit mit uns und der Welt. Deshalb helfen bei der Pflege dieses Sinns ein rhythmischer Tagesablauf, Zuversicht, Ordnung, störend wirken auf ihn Streit, Gewalt, Angst, Hetze, Schreck, Unzufriedenheit, Maßlosigkeit, Nervosität. Von den Organen her würden wir dem Lebenssinn das sympathische Nervensystem zuweisen. Dieses Netz aus Nerven erreicht jeden Winkel unseres Körpers. Dieser Sinn zeigt, wie es uns gerade geht.

Uns ist daran gelegen, Schmerz zu vermeiden. Nun ist es aber so, dass gerade der Schmerz für den Menschen wichtige Lernerfahrungen bereithält. Das Laufen lernende Kind fällt und tut sich weh – es wird beim nächsten Mal ein bisschen besser aufpassen. Wenn wir aber Kinder heute „schmerzfrei“ erziehen, ohne Anstrengung, ohne Wartenkönnen auf etwas, tun wir dem Kind keinen Gefallen, es wird sich nicht in seinem Lebensleib wohlfühlen können, es verliert die Aufbaukraft und damit die Aufrichte.

 

Wer sich zu solchen Höhen aufgemacht hat, ist am Abend sicherlich ausreichend müde. Danke an Maike für das herrliche Foto!

Heute schon den Tastsinn gespürt?

Nachdem einige von euch nachgefragt haben bezüglich der zwölf Sinne: Gern stelle ich sie euch in den nächsten Tagen in einer sehr kurzen Fassung vor!

Beginnen wir mit dem Tastsinn. Lege einfach mal deine Hand auf den Schreibtisch oder eine Fläche vor dir. Ruhig hinlegen. Was nimmst du wahr? Vermutlich wenig. Ob die Fläche warm oder kalt, glatt oder rau ist  wirst du merken. Aber wenn du sie wirklich erfühlen willst, was tust du da?

Richtig, du bewegst die Finger oder die Hand über die Fläche. Um etwas ertasten zu können, wandern die Finger. In unserer Haut gibt es Druckpunkte, kleine Areale, die gegenüber Druck besonders sensibel sind, oft verbunden mit einem Haar.

Unseren Tastsinn können wir pflegen, indem wir für gute Wechsel zwischen Alleinsein und Miteinander sorgen, möglichst viel berühren, das uns abwechslungsreiche Eindrücke verschafft und möglichst viel noch händisch machen.

Der Tastsinn vermittelt uns das Gefühl von „Zuhause sein“, Vertrauen in unsere Existenz, Geborgenheit durch Körperkontakt und das Erleben unserer Körpergrenzen durch die Berührung, denn wir bleiben beim Tasten bei uns – wir erleben die Außenwelt als Grenze. Novalis nannte das so: „Berührung ist Trennung und Verbindung zugleich.“ Er meint damit, dass wir durch das Tasten eine sehr tiefe Weisheitslehre empfangen: Wir sind abgesondert von der Welt, vom Kosmos. So ist jede Tasterfahrung ein doppeltes Erlebnis: Wir sind getrennt von allem, aber doch erreichen wir durch die Berührung von allem wieder Anschluss.

Einladung: Probiert mal möglichst viele verschiedene Oberflächen aus, denn meistens berühren wir glatten, kalten Kunststoff. Die Feinheit der Wahrnehmung ist uns sehr abhanden gekommen. Übrigens tasten wir auch mit den Augen etwas ab, wenn wir uns etwas anschauen, nicht nur mit der Hand.

Viel Freude beim Entdecken der Vielfalt der Welt über den Tastsinn!

 

Geradezu eine riesige Herausforderung ist das Berühren von Baumrinde für unsere kunststoffabgestumpften Fingerspitzen. Danke, Gabi, für dein Rindenfoto!