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Was ist Heimat für dich?

Eduard Mörike lebte von 1844 bis 1851 in Bad Mergentheim und lernte dort Magarethe von Speeth kennen, die er später heiratete. Einem Brief an ein Fräulein Bauer bei ihrer Abreise nach England entnehmen wir die Wertschätzung Mörikes für das Städtchen im Taubertal, in dem ich teilweise aufgewachsen bin und meine Schulzeit verbracht habe. Bad Mergentheim war von 1525 bis 1809 Dienstsitz des Hoch- und Deutschmeisters des Deutschen Ordens, das Ordensschloss zeugt davon und viele Festivitäten im Jahreslauf

In diesen Tagen sprechen viele Klienten über die Geschehnisse im Außen und die Frage, was Heimat eigentlich ist. Was ist Heimat für mich? Geboren wurde ich in Baden-Baden, doch meine Geburtsstadt habe ich nie wirklich kennen gelernt. Meine Eltern sind drei Wochen nach meiner Geburt nach Bad Mergentheim gezogen, um eine Kuranstalt zu eröffnen und weil das eine Baustelle war, kam ich erstmal in einer lieben Pflegefamilie unter, bis die Baustelle beziehbar war. Danach folgten Hotels, in denen ich als Kind herumgehüpft bin und viele Promis gesehen habe, die dort für Gastspiele genächtigt haben, Schauspieler und Sänger vor allem. Meine beeindruckendste Erinnerung waren die Wiener Sängerknaben. Weniger der Chor blieb mir in Erinnerung, sondern die Tatsache, dass ich für das Konzert natürlich schick angezogen wurde. Ein gelber Wollpullover. Gelb werde ich sicher niemals freiwillig tragen und Wolle erst recht nicht. Der Abend war ein kratzender und juckender Alptraum. Es ist gut, dass ich dank Bach später sehr versöhnt wurde mit Chören. Und ich bin kein Reisemensch geworden, denn als Kind habe ich in zu vielen Hotelzimmern übernachtet. Irgenwann zogen wir dann um, getrennt von der Arbeit und ich bekam mein erstes Zimmer.

Mitten im Deutschordensschloss betrieben meine Eltern dann viele Jahre bis zu ihrem Ruhestand ein Café, was für Kinder von Gastronomen im Klartext heißt: Es ist viel zu tun, vor allem am Wochenende und in den Ferien, da ist Hochbetrieb, auch an Feiertagen. War die Klasse im Freibad, servierten wir Eisbecher oder machten sie, um den Vater abzulösen, damit die Hand durchhält. Vermutlich stammt mein Arbeitsethos aus dieser Zeit, mir fehlt einfach die Vorstellung, wie sich Wochenenden und Ferien anfühlen. Das hatten wir nicht, denn wenn weniger zu tun war, gab es den Haushalt, den großen Garten und meinen behinderten Bruder. Wenn man so aufwächst, fällt einem nicht auf, dass das ein anderes Leben ist als das von anderen Menschen. Wenn man es damnn im Erwachsenenalter bemerkt, muss es nicht nur negativ sein. Es hat mir viel beigebracht und zusammen mit dem Ballett habe ich kein Problem mit dem Wort Disziplin. Auch da gibt es Schlimmeres.

Im Mergentheimer Schloss war auch meine Ballettschule jahrelang untergebracht. Es gab dort eine Wendeltreppe mit einer gemalten Decke. Legte man sich auf den Boden und schaute nach oben, war es, als würde man in den Himmel fliegen. Erst viel später wurde mir bewusst, was diese Mauern wohl alles gesehen und miterlebt haben.

Wenn ich auf dem Pflegeweg zu Vater und Bruder von Würzburg über die B 19 fahre, komme ich durch Giebelstadt – ein kleiner Ort, in dem Florian Geyer geboren wurde, im Bauernkrieg, der 1525 ausbrach, der Anführer des Schwarzen Haufens. Der war bekannt für seinen Verzicht auf Komfort und galt als Beispiel eines Menschen, der für seine Überzeugungen einsteht, während Götz von Berlichingen mit der eisernen Faust, nicht weit entfernt im Jagsttal zu Hause, Bekanntheit erlangte durch ein Zitat, das ihm von Goethe in den Mund gelegt wurde. Die Festspiele in Giebelstadt sind legendär, ebenso natürlich die in Jagsthausen.

Seit 1984 lebe ich in Würzburg. Ist das nun Heimat für mich? Meine Eltern brachten Baden-Baden und Bamberg zusammen, legten den Lebensschwerpunkt nach Bad Mergentheim. Ich habe im Taubertal meine Kindheit und Jugend verbracht, in Würzburg bin ich seit dem Studium. Ich glaube, mit dem Begriff Heimat verbinde ich immer einen Bücherschrank, denn das ist es, was ich an jedem Ort, an dem ich gelebt habe, als Zuflucht und Tor zu allem erlebt habe. Vermutlich bin ich deshalb auch so ein Büchermensch. Es ist für mich kein Ort mit Heimat verbunden, sondern das Erlebnis eines Buchdeckels mit Seiten dazwischen und Heimat entsteht, wenn aus den Buchstaben Worte werden in meinem Kopf.

Was bedeutet für dich Heimat? Mit welchem Dialekt, welcher Sprache bist du aufgewachsen?

Allen einen freundlichen Tag mit einem Gespür dafür, dass Heimat für Menschen eine wichtige Wurzel bedeutet im Hinblick darauf, dass viele Menschen in unserer Welt jeden Tag an vielen Orten ihre Heimat verlassen müssen.

 

 

Sina nimmt uns mit in den Wald, wie er in ein paar Wochen wieder aussehen wird, wenn die Schlüsselblumen ihre Blüten entfalten. Dankeschön!

Kleinigkeiten, 20 Jahre später

Erstaunliche Dinge. Polarlichter an der Nordsee. Jemand schickt mir gestern eine Sprachnachricht. Der gestrige Post hat eine wichtige Lebensentscheidung auf gute Weise beeinflusst. Wunderschön! Danke!

Auch erstaunlich: Vor vielen Jahren habe ich Menschen in einer Ausbildung im Literarischen Schreiben begleitet. Viele der damaligen Lernenden sind bis heute mit mir in Kontakt. Ich freue mich über ihre Bücher, die sie erfolgreich schreiben, über Nachrichten aus ihrem Leben und dass so mancher aus der damaligen Zeit ein lieber Freund, eine liebe Freundin geworden ist. Über einen solchen Kontakt haben wir vor vielen Jahren einen Auftrag zum Lektorat und Satz eines wunderschönen Buchs bekommen. Das Buch wurde privat gedruckt und letzte Woche kam die Anfrage einer Dame bei mir an, ob wir so ein Exemplar hätten, sie hätte so gern eines, aber es ist vergriffen.

Da wir keines mehr hatten, habe ich die damalige Schülerin angeschrieben. Das ist echt nicht zu glauben. Sie hatte die anfragende Dame als zweijähriges Mädchen auf dem Arm in der Buchhandlung ihres Vaters. Also habe ich zwischen diesen beiden Menschen den Kontakt vermittelt und jetzt treffen sich beide, tief gerührt, welche Wege das Leben geht, um sich auszutauschen. Ich glaube, das wird ein herzerwärmendes Treffen werden!

So spinnen sich Fäden. Was vor vielleicht 20 Jahren einen Anfang genommen hat, bekommt nun eine neue Verknüpfung. Ich bin so erfüllt von solchen Dingen.

Wie kleine Sachen im Lauf der Zeit wachsen und dann eine Wirkung entfalten – ein Satz in einem Post, eine gemeinsame Arbeit über ein Jahr mit einem Menschen, der jetzt für einen anderen Menschen ein Leuchtturm werden kann, denn die ältere Dame kann ihr viel Wissen vermitteln, was das zweijährige Kind nicht hatte und vielleicht manches besser verstehen in ihrem eigenen Leben.

Das sind Momente tiefer Dankbarkeit für mich. Kairos – zur richtigen Zeit am richtigen Ort das richtige tun ist ein Geschenk. Wunder der Synchronizität.

Heute schreiben die Heilpraktiker:innen ihre deutschlandweite Prüfung. Allen Kandidaten gutes Gelingen in der schriftlichen und anschließend in der mündlichen Überprüfung an den örtlichen Gesundheitsämtern!

Allen einen Tag mit guten Begegnungen und liebevoller Ermutigung, von welcher Seite auch immer. Jedes Lächeln, jedes gute Wort ist ein Geschenk, das wir einem Menschen machen können. Wer weiß, wann die Antwort in unser Leben zurückkommt, auf welchen wundersamen Wegen.

 

Danke an Maike für das Foto. Ein wenig sachten Rückenwind könnte die Welt gerade gut gebrauchen.

Traum unterm Kastanienbaum

Der Kastanienbaum

Dort unter dem Kastanienbaum

War’s einst so wonnig mir,

Der ersten Liebe schönsten Traum

Verträumt ich dort mit ihr.

Dort unter dem Kastanienbaum

Ist’s jetzt so traurig mir.

Dort gab ich meinen Schmerzen Raum,

Seit Vanda schied von hier.

Und doch ist’s gar ein lieber Ort,

Erinnrung heiligt ihn.

Es ist kein Zweig, kein Blütchen dort,

Dem sie nicht Reiz verliehn.

Das Windesspiel in dunkler Krone,

Ihr melancholisch Rauschen

Gleicht ihrem bangen Abschieds-Tone

Und zwingt mich, ihm zu lauschen.

Die weiße Blume? war sie nicht

Selbst eine weiße Blüte?

Strahlt Unschuld nicht ihr Angesicht,

Nicht Reinheit, Seelengüte?

Mit zartem Purpurnetz durchstickt

Seh ich die Blume prangen

Und denke, wenigstens entzückt.

An ihre Rosenwangen.

Bald werd ich eine Frucht erschaun

Und sehe dann fürwahr.

Es war ja auch kastanienbraun,

Ihr schöngelocktes Haar.

Nur eines fehlt, des Auges Blau,

Des Liebchens größte Zier,

Das trägt der Baum mir nicht zur Schau,

Das zeigt er niemals mir.

Doch wenn der Frühling wiederkehrt.

Belebt die weite Au,

Da, hoff ich, ist der Baum bekehrt

Und blüht halb weiß, halb – blau.

Theodor Fontane, 1819-1898

Dieter hat das Kastanienbaumfoto aufgenommen. Herzlichen Dank fürs Vorfreuen.

Was in einen Tag alles passt

Pferde sind besondere Begleiter des Menschen und hervorragende Therapeuten. Man braucht einen klaren Geist und die Bereitschaft, auf das Pferd zu hören. Es ist ein Fluchttier, weshalb es einen ruhigen Reiter braucht, der die Zügel in der Hand hält. Es ist ein wunderbarer Lehrer und ein Krafttier für viele. Auch in der Therapie sind Pferde ungeheuer hilfreich, weil sie Menschen den Zugang zu sich selbst wieder ermöglichen. Im Umgang mit dem Pferd lernen sie, mit ihren Ängsten besser zurecht zu kommen, wieder Vertrauen ins eigene Leben zu fassen. Eine wunderbare Arbeit, die die Kollegen mit der pferdegestützten Arbeit tun. Es ist mir immer wieder eine besondere Freude, Menschen ausbilden zu dürfen, die in ihrer Arbeit mit Tieren die erlernten Techniken hilfreich für ihre Klienten verbinden.

Auch ohne Tierhilfe dürfen wir erstaunliche Arbeit tun. Der Alptraum eines Klienten erweist sich als wesentlicher Schlüssel zu einem verdrängten Anteil in seiner Seele, der nun nach Hause kommen darf. Das war gestern Morgen eine tief bewegende Arbeit. Am Nachmittag dann ging es in einem Lasercoaching darum, die Weichen für die Zukunft neu zu stellen und in einem Präventionscoaching um die Frage, was zu Burnout führt und wie wir ihn verhindern können. Themen wie Schlaf, Bewegung, gute Ernährung gehörten ebenso dazu wie Werte, Zeitmanagement, das Gefühl, die vielen Alltagssituationen selbst beeinflussen zu können, also ganz grundlegende salutogenetische Antworten auf Lebensfragen.

Am Abend Übgruppe, denn wir sind immer Lernende, stets aufgefordert, uns zu entwickeln, zu trainieren und auf der Übungsmatte des Lebens anzutreten.

Dazwischen nutze ich jeden freien Moment, um an meinem im September startenden Nautilusprojekt für die Cardea-Therapeuten, Cardea-Coaches und an Potentialentwicklung interessierten Menschen zu arbeiten. Stück für Stück entsteht der Kurs, ich schreibe derzeit die Skripten und freue mich über jedes, das fertig wird, denn es sind die Bausteine der Arbeit der Zukunft, die ich da zusammensetze, aufschichte und zu einem hoffentlich stabilen Haus aufschichten kann.

Was für eine Vielfalt jeder Tag hat plus das, was im Außen dazukommt. Herausforderungen, Geschenke, Einladungen, den Geist massiv zu dehnen.

Dir wünsche ich heute einen guten, friedlichen und freundlichen Tag mit allem, was du für einen gelingenden Tag benötigst.

 

Andrea hat die bunten Frühlingsblüten für uns festgehalten. Lieben Dank dafür!

Nie im Ärger

Die goldene Regel im Umgang mit Rössern ist, sich ihnen nie im Ärger zu nähern.

Xenophon, 430-ca.355 v. Chr.

Andrea hat das Auge ihres Pferdes Silver im Bild festgehalten. Lieben Dank!

Alles beginnt in deinem Kopf

Am Wochenende hatten wir zwei wunderschöne Kurstage.  Am Samstag ging es um das Labyrinth als Symbol des Lebensweges und die vier Temperamente bei den angehenden Cardea-Therapeuten. Am Sonntag gingen wir im Rogerskurs der Frage nach, wer wir sind und was uns ausmacht als Menschen. Zwei Kurstage mit intensiven Begegnungen und Gesprächen, Austausch und bei sich ankommen. Bald endet der Rogerskurs, nur noch ein Kurstag zum Thema Resilienz. Wer sich für diesen Kurs interessiert, hat jederzeit die Möglichkeit, online einzusteigen! Hier der Link:

https://elopage.com/s/SeelenGarten-Krokauer/rogers

Unser gesamtes umfangreiches Online-Ausbildungsprogramm findet ihr hier:

https://elopage.com/s/SeelenGarten-Krokauer

 

Bäume erzählen viele Geschichten. Sie sind Wohnraum für Waldtiere, Futter, Informationsnetz durch die Wurzeln, leben in bestens aufgestellten Gemeinschaften und senden Botschaften mit Hilfe ätherischer Öle. Viele besitzen hohe Heilkraft und alle spenden Menschen lebensnotwendigen Sauerstoff. Die meisten wissen wenig über Bäume, Peter Wohllebens Bücher haben da ein wenig zur Aufklärung beigetragen. In den meisten Kulturen galten heilige Haine als bedeutende rituelle Stätten. Alle unsere Vorfahren lebten im, von und mit dem Wald. Er ist unsere Urheimat, bevor wir angefangen haben zu roden und Pflanzen zum Überleben anzubauen. Holz ist Baustoff und Brennmaterial. Zapfen sind wichtiger Brennstoff und vieles, was die Bäume liefern wie Harze sind hochwirksam bei Erkrankungen. Bäume sind Meister der Anpassung, sie wachsen auf kargstem Felsgestein, treiben in Ritzen und umwachsen Schilder. Sie spenden Schatten, kühlen, gleichen das Klima aus. Wälder sind die grünen Lungen der Erde, die wir bedenkenlos zerstören. Ein Baum ist schnell gefällt, doch bis ein Wald entstanden ist, vergehen Jahrzehnte. Bäume sind kein Selbstbedienungsladen, ebenso wenig der Rest der Natur. Die Klimaereignisse der letzten Jahre haben gezeigt, was Stürme in Monokulturenwäldern anrichten.

Es wird Zeit, dass wir in so vielem die Finger aus dem Getriebe nehmen. Dass wir bei uns selbst anfangen und hinterfragen, wer wir sind, was wir auf der Erde tun und vor allem, aus welchen Gründen wir das tun. Wer kein Warum in seinem Leben findet, tut sich schwer, ist orientierungslos, kann schnell von der Angst gefangen genommen werden.

Jeder Krieg beginnt in einem Kopf, der nicht mit dem Herzen verbunden ist. Jeder Streit ebenso, denn er ist Krieg im Miniformat. Viele unserer Handlungen wurzeln in Angst, manche in Gier, in Habsucht oder Herrscherwillen. Frieden und Gemeinschaft beginnen bei uns selbst. Gelingt es uns, das innere Team in unserem Kopf wie eine Rittertafelrunde zu führen, kann viel Gutes von uns ausgehen. Ist der Kopf ein Haufen sich widersprechender, zänkischer Wesen, sind unsere Handlungen unklar,  folgen kurzfristigen Egozielen und nehmen das große Ganze nicht in den Blick.

Die zerstörten Wälder sind nur ein Symbol menschlicher Gier, Egozentrik und mangelhafter Weitsicht. Eines von vielen. Langsam müssten all die Mosaiksteine doch ein Ganzes im Kopf ergeben, oder?

Allen einen freundlichen Tag, denn was im Herzen freundlich ist, strahlt das auch aus. DAS kann heute die Welt verändern. Bist du dabei?

 

Anne hat das Foto am Baumwipfelpfad im Steigerwald gemacht. Herzlichen Dank!

Baumweisheit

Nichts ist für mich mehr Abbild der Welt und des Lebens als der Baum. Vor ihm würde ich täglich nachdenken, vor ihm und über ihn.

Christian Morgenstern, 1871-1914

Danke an Anne für das Foto in den Turm des Baumwipfelpfads im Steigerwald.

Wurzeln bilden

Das Thema des heutigen Kurstages ist „Labyrinth als Symbol des Lebenswegs“ und gerade in diesen Tagen kann das hilfreich sein. In der Mitte des Labyrinths begegnen wir dem Minotaurus oder dem Nichts, vor dem wir Angst haben. Jeder hat seinen Minotaurus, mit dem er ringt, nicht nur einmal im Leben, sondern viele Male. Die Einflüsse können von außen kommen und uns ängstigen, sie können von innen kommen, meistens beides.

Wir kennen die Wege nicht, die wir gehen im Leben. Wir wissen nicht, wo wir morgen sind, in welcher Welt wir erwachen. Manches können wir beeinflussen, das Meiste jedoch nicht.

Was wir jedoch beeinflussen können ist, wie wir der Angst Raum in unserem Leben geben. Dass wir Angst haben bei Bedrohungen aller Art, ist klar, dennoch sollten wir versuchen, sie nicht zum Beherrscher unserer Gedanken werden zu lassen.

Im Labyrinth verirrt man sich nicht wie in einem Irrgarten. Im Labyrinth sind wir geführt, wir kommen in die Mitte, stellen uns dem Minotaurus und gehen dann wieder nach draußen, in das Leben, die Welt, mit hoffentlich neuen Kräften, die erstanden sind, weil wir hingeschaut und uns auseinandergesetzt haben mit dem, was da in der Tiefe war. Und dann können wir uns neu in die Welt einwurzeln.

So, wie der Baum nicht nur in die Höhe wächst, sondern in der Tiefe sein Wurzelwerk ausbildet, sich in Ästen verzweigt, Blätter, Blüten und Früchte hervorbringt, ist es mit uns auch. Es gibt Zeiten, da ist es wichtig, für gutes Wurzelwerk zu sorgen. Vielleicht sind jetzt Wurzelzeiten, in denen wir Kraft aus der Tiefe unseres Seins holen und im Außen erstmal nicht viel ist.

Allen ein Wochenende der Ruhe und des Friedens.

 

Danke an Ursula für das Waldfoto!

 

Er ist’s!

Er ist’s

Frühling lässt sein blaues Band
Wieder flattern durch die Lüfte;
Süße, wohlbekannte Düfte
Streifen ahnungsvoll das Land.
Veilchen träumen schon,
Wollen balde kommen.
– Horch, von fern ein leiser Harfenton!
Frühling, ja du bist’s!
Dich hab ich vernommen!

Eduard Mörike, 1804 – 1875

 

Einmal im Jahr muss dieser Text sein. Danke an Ursula für das Frühlingsfoto!

Musik als Medizin

Gestern gab es viele Rückmeldungen zum Thema Musik. Musik bewegt alle Herzen und Menschen. „Wo die Sprache aufhört, fängt die Musik an“, heißt es. Wir sind froh, dass unsere Kinder in dem Bereich eine ausgezeichnete Ausbildung hatten, Musik ist eines der besten Erziehungsmittel. Wir bestanden auf dem Erlernen einer Sportart und eines Musikinstruments, beides frei gewählt und mit Wechselerlaubnis. Nun, am Ende waren es Geige, Querflöte, Klavier, ein Musikstudium, ein Lehramt für Musik und viele Reisen rund um den Globus, um Musik/Gesang zu vielen Menschen zu bringen. Geschenke, die im Herzen gespeichert sind als Lebensenergie.

Ich bin mit Ballett aufgewachsen, war mit drei Jahren schon zweimal die Woche im Training. Meine Ohren waren 14 Jahre lang von Ballettmusik geprägt, mein System von der engen Verbindung zwischen gehörter Musik, in Bewegung umgesetzt. Zuhause gab es viel Oper und Operette. Bei einer Klassenfahrt nach Prag legte ich den Grundstein zu meiner Bachsammlung, Aufnahmen der Brandenburgischen Konzerte und jede Menge Orgelwerke fand ich dort in einem Musikgeschäft. Auf dieser Bachsammlung konnte ich über Jahre aufbauen.

Im Studium hatte ich das Glück, dass in Würzburg ein Plattenladen existierte mit einem Besitzer, den man alles fragen konnte. Er öffnete die Tür zu Rachmaninoff und Max Bruch. Dann folgte viel Filmmusik, ehe es wieder mehr und mehr zurück zu den Wurzeln ging. Als die Kinder ihre Instrumente lernten, kam Mozart dazu. Gut so, vor dem 35. Lebensjahr hätte ich mit Mozart wenig anfangen können, dabei ist er perfekt auch für junge Ohren. Jahre durften wir auf Mozarts Spuren in Salzburg und Wien wandeln mit Konzerten dort.

In den letzten Jahren wurde es immer stiller, schlichter, einfacher. Die Ohren brauchen in rauen Zeiten mehr Klarheit und Struktur. Das ordnet innerlich und richtet die Kompassnadel immer wieder auf das aus, was hilfreich ist. Binaurale Beats, Solfeggiofrequenzen – das Gehirn freut sich über sanftes Runterfahren und mehr Klarheit.

Nada Brahma, alles ist Klang. Alles ist Schwingung. Wenn wir in einer  guten Schwingung sind- das wären tief empfundene Gefühle von Dankbarkeit, Mitgefühl, Freude und Liebe –  füttern wir das Feld rund um den Globus, das Theilhard de Chardin Noosphäre genannt hat. Wenn wir dafür sorgen, dass wir gute Gedanken denken, unser Herz auf liebevolle Weise schwingt, entsteht ein gutes elektromagnetisches Feld. Das ist ein gutes Mittel gegen jede Art von Angst, aber auch eine mächtige Kraft gegen vieles, was im Außen auf uns einstürmt.

Nutzen wir diese unglaubliche Kraft der Klänge und der Schwingungen in und um uns herum.

Grace Davidson hat Hildegard von Bingen-Kompositionen eingesungen. Eine Einladung in eine andere Welt:  https://www.youtube.com/watch?v=O0UsSNVSfiA

Danke an Ursula für das Morgenfrostfoto.

Sonnenaufgang

Immer geht irgendwo die Sonne auf; der Tau trocknet nie auf einmal; immer regnet es irgendwo; stets steigt Dunst auf. Ewiger Sonnenaufgang, ewiger Sonnenuntergang, ewige Morgenröte.

John Muir, 1839-1914

Stephanie hat  gestern Morgen diesen Sonnenaufgang fotografiert. Herzlichst DANKE für dein Bild!

Medizin des Tages: Musik und Natur

Wir haben viele Fragen und erwarten gern Antworten. Es gibt Fragen, die finden keine Antwort. Das ist offenbar für viele schlimm, denn dann antworten sie irgendetwas, anstatt klar zuzugeben, dass sie das nicht wissen. Was soll daran schlimm sein, etwas nicht zu wissen? Wir sind weder allwissend noch allmächtig, wir denken das nur sehr gern.

Es gibt keine Universalgenies mehr, die  das Wissen der Zeit bündeln. Das ist schade. Die Zeit der großen Universallexika, die meine Kindheit schön gemacht haben, ist vorbei. Was war es für ein Vergnügen, von Stichwort zu Stichwort zu wandern und einem Geheimnis nach dem anderen auf die Spur zu kommen. Wissen, glaubte ich damals, sei hilfreich. Nun, es schadet nicht.

Dennoch gibt es einen Bereich jenseits der Worte, der oft mehr Antworten liefert auf Fragen, die noch in den Untiefen der Erde summen. Es ist die Stille, die unserem Geist ermöglicht, die Begrenzung von Worten und Satzstrukturen und damit gespurte Straßen zu verlassen. Dann darf der Geist sich ausdehnen und weit werden. Weit im Nichtwissen. Weit im Nichtmüssen. Das sind die Momente, in denen man den Gesang des Universums hören kann, dessen kleiner Bruder die Musik auf der Erde ist. Der Klang des Universums ist ungehört und dennoch erlebbar. In ihm steckt alle Freude und aller Trost, alle Gewissheit und alles Nichtwissen.

Viele Mails erreichen mich, in denen Menschen fragen, was sie gegen Angst tun können.  Zunächst ist die Erkenntnis wesentlich, dass es keine Sicherheiten im Leben gibt außer der Tatsache, dass alles, was lebt, eines Tages stirbt und nichts bleibt, wie es ist. Das kann gut sein in schlechten Zeiten und unschön, wenn man gerade glücklich ist. Angst kann wach machen, aber sie darf die Herrschaft in unserem Kopf nicht übernehmen. Angst taucht auf, wenn wir ein Vakuum empfinden, weil wir keine Antworten oder Lösungen entdecken.

Was kann das Vakuum auf gute Weise füllen? Beten. Ein Mantram aufsagen. Musik hilft uns auch oft, uns gut zu ordnen. Eine universale Sprache spricht Bach. Es würde reichen, nur Bach als Komponisten zu haben, um vieles auf gute Wege zu bringen. Er strukturiert, wo im Denken Chaos herrscht. Er erdet und verbindet. Das ist das Geschenk der Musiker an die Welt – diese Sprache braucht keine Worte. Und das Lesen im Buch der Natur kann uns helfen gegen Angst. Die Natur folgt ihrem Rhythmus, unbeeindruckt von menschlichem Tun. Zwar massiv davon beeinflusst und behindert, dennoch geht in der Natur alles den eigenen Weg. Stetig. Ohne Zögern. Verlässlich und vertraut.

Das kann gegen Angst helfen. Und die Erkenntnis, dass wir wesentlich stärker sind, als wir meinen, viel anpassungsfähiger, als wir denken und letztlich auch liebevoller als das, was wir oft im Außen zeigen. Aus der Stille kommt Kraft. Kommt der nächste Schritt, kommen Vertrauen und Zuversicht.

Einen Tag ohne zu viel Lärm für dich. Silke war im Wald unterwegs. Natur findet ihren Weg. Wir sind Bestandteil der Natur. Warum sollten wir ihn nicht finden? Danke für dein Bild, liebe Silke!

Keine Antwort

Es ist derjenige am weitesten von der Wahrheit entfernt, der auf alles eine Antwort hat.

Zhuangzi, um 365-290 v. Chr.

Schattenspiele der zauberhaften Art, von Silke festgehalten. Danke!

Bist du bereit?

Chesterton, bekannt als Vater der Kriminalromanfigur Father Brown, verdanken wir das heutige Zitat. Die Welt als Burg der Väter, die nicht zu verlassen ist, sondern der wir uns umso intensiver annehmen sollen, wenn sie bedroht ist. Es wäre nun Zeit, sich zu dieser Weltenburg zu bekennen.

Es brennt seit Jahren auf dem Planeten. Von der Antarktis und Australien abgesehen, gibt es auf jedem Kontinent Kriege. Einige treten nun stark in unser Bewusstsein, andere finden fast unbemerkt von uns statt, was sie nicht weniger schrecklich macht.

Ein Krieg, der überall stattfindet, ist der Krieg gegen unsere Umwelt, unser Kampf gegen die Erde, die wir ausbeuten, ihren Humus abtragen, sie ihrer Schätze berauben, ihre Wälder zerstören, ihre Luft verpesten und meinen, uns wie in einem Selbstbedienungsladen verhalten zu dürfen.

Auch ein Krieg, der bei uns weitverbreitet stattfindet, ist die Egozentrik, mit der wir anderen gegenübertreten. Oft ohne Rücksicht auf Verluste. Wir meinen, dass uns vieles zusteht, wir Ansprüche geltend machen dürfen, jeder unseren Vorstellungen zu entsprechen hat. Nichts davon ist richtig. Wir glauben, dass wir Rechte haben –ja. Es gibt Rechte, die wir haben, viele sogar. Sie sind ein Privileg. Meine Freiheit endet da, wo die Freiheit des anderen anfängt.

Niemals werden Menschen auf der Welt einer Meinung sein, das ist unnötig und wäre langweilig. Vielfalt ist lebendig. Was es braucht, ist ein gemeinsames Arbeiten für den Erhalt der Erde und Frieden untereinander jenseits von Konflikten, Meinungsverschiedenheiten, Religionen, Hautfarben und anderem, was uns vermeintlich trennt.

Das bedeutet, dass wir auf Schuldzuweisungen zu verzichten haben. Dass jeder das tut, was ihm möglich ist, an der Stelle, an der er im Leben steht. Es ist ein Geschenk, wenn jemand gut gebildet und entwickelt ist, nicht die Schuld des anderen, wenn er das nicht ist. Es ist unsere Aufgabe, solche Geschenke von Bildung, Zugang zu notwendigen Ressourcen, Gesundheitsversorgung, Frieden, Freiheit und vielem mehr zu würdigen, zu feiern und allen zukommen zu lassen. Wer anderen zu Wachstum und Blüte verhilft, hilft sich auch selbst. Wer anderen etwas gönnen kann, erlebt Freiheit. Wer etwas verändern will, muss sich selbst verändern.

Bin ich bereit, meinen Anteil an der Friedensarbeit auf mich zu nehmen, indem ich auf Schuldzuweisungen verzichte, Hass nicht zulasse, Freundlichkeit pflege, Fairness beachte und die Welt so verlasse, dass sie durch mich nicht hat leiden müssen? Kann ich anderen etwas gönnen? Teile ich Freude, Glück und Liebe oder will ich alles selbst für mich behalten? Wo gibst du und wo nimmst du nur?

Um die Welt zu einem guten Ort zu machen, braucht es meine ganze Kraft, meine Freundlichkeit, meine Zuversicht, meine Liebe, meine Freude, meine Bereitschaft zu lernen, mich zu entwickeln, über den Tellerrand hinauszuschauen und der Tiefe meines Herzens zu vertrauen.

Ich wünsche dir einen friedlichen Tag. Stephanie lädt mit ihrem Foto ein, aus einer Metaebene auf die Welt zu schauen. Manches wird sehr klein, wenn wir es von oben anschauen, oder? Danke für dein Bild.