Yearly Archives: 2022

Burg der Väter

Die Welt ist keine Mietskaserne in einem Elendsviertel, von der wir ausziehen möchten, weil sie so armselig ist. Sie ist die Burg unserer Väter mit wehender Flagge auf dem Turm, und je schlimmer es um sie bestellt ist, desto weniger sollten wir sie verlassen.

Gilbert Keith Chesterton, 1874-1936

Stufen hoch zur Burg Wertheim, von Stephanie für uns im Bild festgehalten. Vielen Dank!

Auf dem Weg zur Rittertugend

Parzival – im 12. Jahrhundert entstanden, ist ein Text, der bis heute fasziniert. Wolfram von Eschenbach schrieb dieses Werk über die facettenreiche Entwicklung des jungen Parzival auf der Suche nach dem Gral vermutlich auf der Burg Wertheim, eine mächtige Höhenburg auf einem Felsen zwischen Main und Tauber, 1183 erstmals urkundlich erwähnt und im Dreißigjährigen Krieg zerstört. Wolfram von Eschenbach war mit den Wertheimer Grafen eng verbunden. Die Niederschrift, die zwischen 1200 und 1210 vermutet wird, entstand zur Regierungszeit von Graf Poppo II., der sich sehr für den Minnesang interessierte. von Eschenbahn war Lehnsmann der Wertheimer Grafen.

Parzival – ein Junge, der vom Rittertum fasziniert ist, trifft als sehr junger Mensch eine tragische Entscheidung. Er nimmt an einem Mahl auf der Burg Mont Sauvage teil und erkennt, dass König Anfortas schwer leidet, doch aus Höflichkeit und Respekt wagt er ihn nicht nach dem Grund seines Leidens zu fragen. Das stößt den König zurück in sein Leid und schickt Parzival auf einen sehr langen Weg zu einem der berühmtesten Ritter seiner Zeit auf der Suche nach dem Heiligen Gral, den er bei König Anfortas gesehen hat. Wolfram von Eschenbachs Werk schildert Rittertugenden, Ehrenkodex und die Entwicklung eines Jungen zum Mann, der für Werte, Ehre und ein tiefes Herzensziel kämpft.

Parzival ist die Vorlage vieler Ritterwerke, die die Menschen bis heute faszinieren. Was ist daran so faszinierend? Vielleicht die Tatsache, dass Menschen fehlbar sind und sich einen Kodex an Werten erschaffen, der ihnen als Richtschnur für ihr Handeln dient. Es ist eine Absprache, die das Leben erleichtert, denn wer einem Wertekodex folgt, hat Orientierung.

Nur wenige Menschen befassen sich mit Werten und erkennen nicht, dass sie in ihrem Alltag sehr viel Energie verlieren, ohne zu wissen, warum, weil gegen ihre Werte verstoßen wird oder Bedürfnisse nicht erkannt werden. Das kostet uns viel Kraft, ohne dass wir das merken.

Wer ohne Werte lebt, hat kaum Orientierung, wird schnell Opfer der schnelllebigen Zeit und ihrer Macht, alles zu überrollen, ist rasch getriggert und weiß nicht, was seine Angst auslöst. Werte geben Halt, Sicherheit und innere Ruhe. Sie ermöglichen ein Zusammenleben auf einer anderen Ebene, denn Menschen mit Werten lassen sich nicht so schnell ins Bockshorn jagen.

Welchen Werten folgst du? Was würdest du in deinen persönlichen Ehrenkodex aufnehmen, nach dem du lebst und der dir auf deiner Reise durch das Leben Halt und Orientierung geben kann?

Ich wünsche dir einen wert-vollen Tag. Danke an Stephanie für das Foto der Straße, die zum Spitzen Turm in Wertheim führt. In genau dieser Häuserreihe befand sich vor Jahrzehnten die Redaktion der Fränkischen Nachrichten, der Zeitung, bei der ich meine Ausbildung zur Zeitungsredakteurin gemacht habe. Ein Jahr lang, 1983, arbeitete ich in einem der Häuser mit Blick aufs Wasser, einmal mit totaler Überschwemmung. Dort vor den Fenstern fand das berühmte Fischerstechen statt, ein Spektakel einmal im Jahr, das Glasmuseum war nicht weit entfernt und die Innenstadt.

Mitleid zeigen

Ihr hättet Mitleid zeigen müssen mit ihm, den Gott gezeichnet hat, ihn nach dem Leiden fragen müssen!

Frei nach Wolfram von Eschenbach, Parzival, um 1200

Stephanie war in der Wertheimer Burgruine unterwegs. Danke für dein Foto!

Friedensarbeit

Ein gut gefülltes Wochenende ist vorüber. Aufstellungsarbeit ist in jedem Fall Friedensarbeit.

In meiner Coachingausbildung gab es die 52. Wocheneinheit, damit ist der Input beendet. Jetzt fehlt mir noch die 12. Prüfung Mitte März, die praktischen Prüfungen starten diese Woche. Ich habe wirklich heftige zwölf Monate hinter mir mit all dem, was gerade so los ist und hoffe, dass ich meine Abschlussprüfungen gut bewältigen werde.

Verschoben habe ich dafür eine weitere Ausbildung, die jetzt ein Jahr auf Warteschleife hängt und nun ruft. Damit geht es mit der Entwicklung flott weiter und das ist gut, denn ich lerne gern. Beide Ausbildungen sind gegenseitig sehr ergänzend und befruchtend, ich habe in beiden großartige Lehrer. Das ist mir wichtig, denn ich lerne mehr von Menschen, die ich tief respektiere, weil sie nicht nur reden, sondern alles selbst umsetzen, für mich die wichtigste Voraussetzung für glaubwürdige Arbeit.

Ich bin dankbar für alles, was ich lernen kann und darf. Es war ein unglaublich krasser Ritt, in der Rückschau merke ich erst, wie viel das alles „nebenher“ gewesen ist. Alles gehe ich jetzt noch einmal durch, Stück für Stück, es will nach dem ersten Durchlauf jetzt in die Tiefe gearbeitet, verinnerlicht, in meine Worte umgewandelt werden Es muss so lange bewegt werden, bis es mir wirklich in Fleisch und Blut übergegangen ist, dann kann ich es erfolgreich anwenden.

Ich feiere jetzt meine letzte Lektion, die ich mir nach den Kurstagen nun in aller Ruhe als Freude und Belohnung für den Abend aufgehoben habe. Es ist ein erhebender und zugleich trauriger Moment zu wissen – das ist jetzt die wirklich letzte Lektion in dieser Ausbildung. Klar nicht die letzte generell, aber in der Ausbildung. Dann ist ein Punkt irgendwann dahinter. Ich bin auf der Zielgeraden angekommen. Das ist mehr als ich beim Start erwartet habe. Ich wusste, dass ich ankomme, aber nicht, dass ich mit dem großen Feld ankomme und das erfüllt mich gerade mit einer tiefen, stillen, freundlichen Freude mir selbst gegenüber.

So kann ich in eine Woche starten, von der ich gespannt bin, wo wir als Menschheit am Wochenende stehen werden. Ich kann nur hoffen und beten und an der Stelle, an der ich im Leben stehe, alles dafür tun, dass um mich herum Frieden herrscht und meine Arbeit dazu beiträgt, Frieden in möglichst viele Familien und Herzen zu bringen. Dafür danke ich euch sehr für euer unglaubliches Vertrauen jeden Tag. Wir werden sehen, wie sich alles entwickeln kann und darf. Wer von euch gerne aufstellen möchte, weil Themen innerhalb der Familie oder der Arbeit nach Lösungen rufen – die nächste Möglichkeit ist am Sonntag, 3. April, um 9, 11 und 14 Uhr. Bitte gern deshalb bei mir melden.

 

Allen einen gelingenden Montag mit bestem Dank an Sandra für das feine Foto mit den ganz zarten Frühlingsfarben im Hintergrund.

Buttergelbe Wiesen

Buttergelbe Wiesen

Sauerampferrot getönt,

o du überreiches Sprießen,

wie das Aug dich nie gewöhnt!

Wohlgesangdurchschwellte Bäume,

wunderblütenschneebereift –

ja, fürwahr, ihr zeigt uns Träume,

wie die Brust sie kaum begreift.

Christian Morgenstern, 1871-1914

Bald sind die Wiesen wiederbuttergelb, wie Manuela sie für uns fotografiert hat. Danke dir!

In Krisen bei sich bleiben können

Aaron Antonovsky entwickelte das Modell der Salutogenese, der Weg, der Menschen gesund erhält. Er stellte fest, dass für unsere Gesundheit drei Dinge wichtig sind: Verständnis, Sinn und Machbarkeit, dann entsteht ein Kohärenzgefühl, der Mensch ist in einem guten Gleichgewicht.

Ich glaube, dass die derzeitige Weltlage in Folge der Pandemie mit vielen Menschen eher viel Richtung Krankheitsentwicklung macht, weil sich Menschen hilflos fühlen, wenig Möglichkeiten sehen, selbstwirksam zu handeln, kaum Sinn in den Geschehnissen entdecken und deshalb auch wenig Verständnis entwickeln können.

Diese drei Punkte sind dennoch wichtig für einen guten Umgang mit der Lage, wie ich finde. Verständnis werden wir wohl kaum für Machthaber haben, die nur nach ihre eigenen Regeln agieren, aber für alle, die darunter leiden. Sinn – es gibt keinen Sinn bei Kriegen, allerdings sehen wir, dass viele Menschen helfen, unterstützen, gute Wege anbieten – sie folgen durchaus auch in der Krise ihrem Sinn, zu helfen und sich zu unterstützen, Zeichen zu setzen, Hoffnung zu geben und vieles mehr. Machbarkeit betrifft jeden Einzelnen, denn jeder kann etwas tun, je nachdem, was in seinen Möglichkeiten liegt: Beten kann jeder. Etwas spenden ist vielen möglich, da macht es Sinn, sich an die Institutionen zu wenden, die vor Ort tätig sind, denn sie wissen am besten, was not-wendig ist. Andere können ihren Einfluss geltend machen, indem sie Unternehmen und Verhalten unterstützen oder eben nicht. Jeder kann immer etwas tun. Was auch jeder tun kann: Für seine eigene innere Mitte gut sorgen und Menschen im Umfeld im Auge haben, damit auch sie in ihrer Mitte und im Vertrauen bleiben können. Denken wir hier vor allem an ältere Menschen und Kinder, die mit der Weltlage am meisten Probleme haben.

An diesem Wochenende stellen wir wieder für Menschen auf, die Fragen zu ihrem Familiensystem oder auch ihrem Arbeitssystem haben. Aufstellungen sind für mich ein bedeutender Beitrag zur Friedensarbeit – Frieden für den Menschen, aber auch Frieden für sein System, auch rückwirkend, wenn Altlasten einer Familie aufgelöst werden. Interesse an einer Aufstellung? Gern melden. Wir stellen einmal im Monat mit einer festen Gruppe auf, keine Zuschauer, keine Menschen, die am gleichen Tag ihre Systeme aufstellen, sondern ein sehr geschützter Rahmen. Der nächste mögliche Termin ist am 3. April um 9, 11 und 14 Uhr. Verbindlich sind ein Vor- und ein Nachgespräch. Gern anfragen!

Ansonsten arbeite ich derzeit sehr viel mit Menschen, deren Kräfte massiv erschöpft sind. Oft reichen einige Coachingstunden aus, um wieder auf einen guten Weg zu kommen. Frag ruhig, was für dich eventuell ein guter Weg wäre.

 

Allen ein Wochenende ohne grauenvolle Nachrichten.

Mein Dank für das tolle Foto geht an Steffen!

Was dich gesund erhält

Es ist vermutlich besser, sich auf das zu konzentrieren, was den Menschen gesund erhält, als immense Mittel für die Erforschung seiner Krankheiten auszugeben.

Aaron Antonovsky, 1923-1994

Danke an Ursula für das lichtvolle Foto!

Anspruchsdenken

Vermutlich empfinden die meisten Menschen die Zeit als anstrengend, weil so viel geschieht – im Außen, was auf das Innen wirkt. Warum hat das Außen derzeit so viel Macht?

Dafür gibt es mehrere Gründe. Zum einen sind wir es nicht gewohnt, mit Pandemien souverän umzugehen, da gab es keine Erfahrungswerte, deshalb war es eher try and error mit Auswüchsen in jede Richtung. Der Eingriff ins Leben durch Lockdown und andere Maßnahmen war neu. Zum anderen haben die meisten von uns hier im Land keinen Krieg mehr erlebt, schon gar nicht vor der eigenen Haustür. Zum dritten ist es so, dass sehr viele Menschen seit Jahren um sich selbst kreisen, an ihrer Selbstoptimierung arbeiten und das Leben als eine Art Veranstaltung sehen, bei der sie gut unterhalten werden, möglichst viel von der Welt sehen können und es leicht sein darf, mühelos mit Krankenversicherung und Rentenanspruch. Diese Blase platzt gerade, viele andere Blasen folgen.

Ich sehe junge Menschen, die Mittagsschlaf machen müssen, weil sie so erschöpft sind. Sie haben rein körperlich (von der mentalen Kraft ganz zu schweigen) nicht mehr die Power, einen normalen Arbeitstag durchzustehen. Sie weinen in der Ausbildung, wenn sie einer berechtigten Kritik ausgesetzt sind, weil sie das nicht ertragen. Partner trennen sich, weil sie keine Lust darauf haben, an der Gestaltung eines gemeinsamen Alltags zu arbeiten und sich zu arrangieren, sondern weil Trennung und sich „was Besseres“ suchen einfacher ist oder lieber gleich ganz Single, da muss man sich gar nicht einschränken. (Ich weiß sehr wohl um die Not vieler Menschen, die von Herzen gern ihr Singledasein zugunsten von Partnerschaft und Familie aufgeben würden.)

Während meines Geschichtsstudiums, in dem ich mich sehr intensiv mit dem Zweiten Weltkrieg befasst habe, hatten wir einen Winter in Würzburg mit viel Schnee und sehr langer Kälte. Da die Busse am Abend nicht mehr oft vom Hubland in die Stadt gefahren sind, bin ich oft gelaufen, das waren knapp drei Kilometer bis zum Studentenwohnheim. Wie oft habe ich dabei darüber nachgedacht, wie das sein muss für Menschen auf der Flucht, die nicht wissen, ob sie ohne Beschuss und Gefahren aller Art irgendwo in ein Haus mit Wärme oder warmem Wasser kommen und mich gefragt, wie man das übersteht, welche Stärke es braucht und auch welche körperliche Widerstandskraft. Ich vermute, dass die wenigsten von uns heute mit solchen Situationen klarkommen würden, die jetzt wieder Menschen betreffen.

Es wird Zeit, dass wir viele Dinge, die wir als selbstverständlich erachtet haben, wieder als Geschenke begreifen. Geschenke sind Dinge, auf die man keinen Anspruch hat. Es wird Zeit, aus der Bequemlichkeitsblase zu erwachen und dafür jede Sekunde dankbar zu sein, wenn hier kein Krieg ist. Wenn wir Essen kaufen können und das Licht angeht, wenn wir den Schalter betätigen. Nichts davon ist selbstverständlich.

Es geht nicht immer nur darum, was uns das Leben, die Welt oder sonst wer zu bieten hat. Die Frage lautet: Was kannst DU der Welt geben?

Danke an Ursula für das wunderschöne Knospenbild.

Klare Regeln

Jahre alt, ist sie vor allem für Menschen, die sich und andere führen möchten, ausgesprochen hilfreich. Nicht enthalten ist in ihr der bekannteste Spruch der Benediktiner „ora et labora – bete und arbeite“, zwischen den Zeilen schon.

Weshalb ich vielen Klienten die Lektüre der Ordensregel ans Herz lege, hat viele Gründe. Zum einen ist ein enormer Vorteil des Klosterlebens die Tatsache, dass alles rhythmisiert ist. Es gibt Gebets- und Arbeitszeiten, Zeiten für Stille, Zeiten für Gottesdienst, Mahl-Zeiten, Schlafenszeiten. Alles ist rhythmisch durchgegliedert. Rhythmus spart Kraft und hilft uns enorm in der Gestaltung des Alltags. Studien belegen, dass Menschen mit dementieller Veränderung im Kloster nicht als dement auffallen, weil der Rhythmus ihnen hilft, bis in sehr hohes Alter hinein im Schwung der Tage aufgefangen und gehalten zu sein.

Uns Menschen fehlt Rhythmus enorm. Früher stand man auf mit der Sonne, im Winter später, im Sommer früher, mangels Lichtquellen und teurem Wachs ging man früh zu Bett. Bis heute läuten um 12 Uhr die Glocken zum Mittagessen, der Ruf zur Mahl-Zeit. Die Tage hatten Gliederung, jeder wusste, wann was zu tun ist. Forschungen belegen, dass wir nur wenig Willenskraft zur Verfügung haben, die Einführung von Struktur und sinnigen Routinen dazu beiträgt, dass wir viel erfolgreicher weil fokussierter und konzentrierter sind und der Körper im Rhythmus der 90 Minuten schwingen kann, den er naturgemäß in vielem hat.

Wir haben Festbeleuchtung ohne Blaulichtfilterung und Ablenkung en masse. Wir arbeiten nicht mal ansatzweise so viel wie die Menschen früher, wir sind nur dauerabgelenkt. Das macht den Großteil unseres Gefühls von „nie irgendwo ganz da sein“ aus und innerer Zerrissenheit.

Wir brauchen Strukturen. Abläufe. Klare Routinen. Der Kopf denkt, wenn er jeden Tag zur gleichen Zeit mit Lernen befasst ist, automatisch um die Zeit. Die Verdauung dankt es uns, wenn wir regelmäßig essen und nicht mal um 11 und mal um 14 Uhr. Das kann man vielleicht nicht immer einhalten, aber meistens ist das durchaus machbar. Es ist eine Frage der klaren Entscheidung und das fehlt uns ebenso.

Schlafengehen und Aufstehen zu gleichen Zeiten würde der schlafgestörten Gesellschaft massiv helfen, das Ganze auch deutlich früher, weil kein Mensch bis 23 Uhr Serien schauen muss, um „sich zu erholen“. Das ist keinerlei Erholung.

Es ist wichtig, wieder ein Gefühl dafür zu entwickeln, was wir wirklich brauchen und was nicht. Wir postulieren Minimalismus bei Besitz, lieben Tiny Houses und predigen Schlichtheit. Die größte Schlichtheit bestünde darin, sich einen guten Rhythmus anzugewöhnen und den durchzuziehen. Wegzulassen, was ablenkt wäre der Gipfel der Simplizität und die Geburtsstunde neuer Energie und Klarheit.

Fastenzeit – auf was wirst du verzichten? Und welche neue schlichte Struktur, die deinen Rhythmen folgt und sie respektiert, also für dich arbeitet, kannst du installieren in den nächsten sechs Wochen, bis sie dir in Fleisch und Blut übergehen?

 

Huflattich lugt immer als Erstes im Garten zwischen restlichem Laub und nicht abgeschnittenen Stauden vom Herbst hervor. Die erste Sonnenpflanze des Jahres grüßt uns. Klein und mit Heilkraft gegen Husten.

Welche Werte hast du?

Vieles prasselt derzeit auf uns ein. Vieles, von dem keiner weiß, ob es der Wahrheit entspricht oder nicht. Das ist kennzeichnend für unsere Zeit – sind Nachrichten wahre Informationen oder Fake news? Wir haben uns ein Schauleben angewöhnt. Es wird bei Fotos geschummelt, Informationen großzügig interpretiert und gemogelt, was das Zeug hält in den Medien. Da darf es nicht wundern, wenn das auch auf anderen Ebenen gilt.

Filme boomen, in denen es um Helden geht, die für Ehre und Gerechtigkeit eintreten und sich gegen die Meinung aller anderen stellen. Filme, die die Botschaft von Tugenden tragen, selbst wenn sie teilweise sehr archaisch sind.

Es wird hohe Zeit, dass wir uns wieder an Werte erinnern. Wenn wir keine Werte haben, wird alles wert-los. Verbindlichkeit, Authentizität, Aufrichtigkeit, Gerechtigkeit, Klarheit, Verlässlichkeit und viele andere Werte fehlen uns mehr denn je. Wir wünschen uns Glaubwürdigkeit, damit Vertrauen wachsen kann. Klarheit, damit man weiß, woran man ist. Verlässlichkeit, denn ein gegebenes Wort muss wieder Gewicht haben. Wir wollen weder angelogen noch betrogen werden – was bedeutet, dass wir weder lügen noch betrügen dürfen, denn wie will ich im Außen etwas erwarten, was ich im Inneren nicht selbst gebe?

„Sei du die Veränderung, die du in der Welt sehen willst“, wird Mahatma Gandhi zugeschrieben. Genau darum geht es. Beginnen wir bei uns mit der Erkenntnis, welche Werte unsere Leitlinien sein sollen. Befassen wir uns mit ihnen und leben wir danach. Hast du einen Ehrenkodex, nach dem du handelst oder schwenkst du deine Fahne je nach Wind? Folgst du einer von dir definierten geradlinigen Spur der Wahrhaftigkeit, der inneren Stärke und Verlässlichkeit oder orientierst du dich am Außen?

All diese Fragen werden uns derzeit vorgelegt, denn das Außen zeigt deutlich. wo in uns selbst die Baustellen sind.

Wir sehen auf vielen Ebenen die wahre Natur des Menschen – große Hilfsbereitschaft, Mitfühlen, Empathie, Mut und Kraft. All das entspricht uns in der Tiefe. Wieso vergessen wir das gern zugunsten vermeintlicher Bequemlichkeit und Gier?

Was sind deine wichtigsten Werte? Und bist du auch bereit, sie im Getümmel und der Verwirrung unseres vielschichten Alltags auch umzusetzen, dabei zu bleiben und sie zu deiner inneren Leitschnur zu machen?

Allen einen wert-vollen Tag.

Danke an Ursula, die mit der Kamera genau hingeschaut und den Frühling eingefangen hat.

Allergrößte Wunder

In den kleinsten Dingen zeigt die Natur ihre allergrößten Wunder.

Carl von Linné, 1707-1778

Die Natur ist nicht aufzuhalten. Auch 2022 wird es einen Frühling geben. Danke an Ursula für das Foto!

97 Lebensjahre!

Meine Schwiegermutter hat ihren 97. Geburtstag gefeiert. Das allein ist schon mal krass und ungewöhnlich. Sie lebt seit dem Tod ihres Mannes alleine, versorgt sich nach wie vor weitgehend selbst bis auf schwere Sachen zum Tragen und Reparaturen, um die sich mein Schwager kümmert, kauft noch selbst vieles ein und hat es sehr bedauert, dass sie wegen ihrer schlechten Augen nicht mehr loslegen kann mit Handys und PC.

Am Wochenende ist Christoph zu seiner Mutter gefahren, unsere große Tochter kam von Hannover an, so war es festlich, aber nicht zu viel. Ein Geburtstag in dem Alter soll die Menschen nicht überlasten. Sie hatten einen tollen Tag zusammen, Schwiegermama hat einen Apfelkuchen gebacken, für die Torte hat Theresa gesorgt und so konnten sie den ganzen Tag beieinander sein und sich austauschen.

Schwiegermama ist mega interessiert an allem. Sie fragt, hat echtes Interesse und ist hier in meiner Praxis eine wichtige Stütze, denn sie übernimmt die Gebete für alle Klienten. Wenn hier ein Klient eine OP hat, wirklich geistigen Beistand braucht, mit einer schlimmen Diagnose belastet ist, sonstige Sorgen hat – sie betet jeden Tag für alle Menschen, die zu uns kommen, damit sie wieder schnell Lebensfreude empfinden können. Ich glaube, dass das einen wichtigen Teil des guten Feldes hier ausmacht. Oft hat sie gesagt, wie gern sie an den Kurswochenenden helfen würde mit dem Kochen, denn das macht sie gern. Allerdings trennen uns gut vier Stunden Fahrt, da kann man nicht mal eben vorbeischauen.

Was ich bewundernswert finde: Ich habe sie noch nie klagen hören. Auch sie hat manches, das ihr Leben wirklich beeinträchtigt und schwer macht wie Probleme mit den Augen, den Hüften und vielem mehr. Für sie ist das ein Grund, gut für sich zu sorgen, sie schluckt ihr Hagebuttenpulver und macht Gymnastik jeden Tag und kann es kaum erwarten, dass die Gartenarbeit wieder losgeht und sie draußen in ihrem Garten buddeln und allem beim Wachsen zusehen kann. Natürlich wird nach wie vor vieles vom Garten verarbeitet, was sie nicht frisch isst, denn Vorräte für den Winter sind wichtig, das weiß sie nach 97 Lebensjahren.

Es kommt von ihr kein böses Wort über jemanden oder etwas. Sie ist zufrieden und dankt jeden Tag, dass sie noch lebt. Sie nimmt die Dinge, wie sie kommen, in restloser Ergebenheit. Sie versucht zu verstehen, was ihr nicht verständlich erscheint. Die moderne Welt überfordert sie in manchem, dennoch fragt sie, erkundigt sich und staunt, was heute alles machbar ist. Sie war begeistert von einer Videokonferenz, die wir mit ihr gemacht haben am Samstag, so konnte sie mit beiden Enkelinnen und mit sprechen, sie fand das großartig (und ein wenig doof, dass sie mit der Technik nun leider nicht mehr umgehen kann, weil ihre Augen das nicht möglich machen). Sie geht zum Gottesdienst und hält Kontakte, soweit es möglich ist. Sie ist die Älteste der Pfarrgemeinde und in ihrer Altersgruppe gibt es kaum mehr Menschen. Sie hat mehr Menschen bestattet als sie lebend kennt und verfolgt nach wie vor das Weltgeschehen. Keine Spur von Demenz. Sie hat für alles vorgesorgt, falls sie stirbt, alles ist geregelt, jeder weiß Bescheid. Sie will auch im Tod keine Mühe machen.

Ich lerne viel. Ich erlebe Altern in beiden Familien auf höchst unterschiedliche Weise. Man kann würdevoll altern und man kann wütend kämpfen. Man kann klar bleiben und in irgendeine Welt diffundieren. Man kann körperlich schwach werden und es annehmen oder darüber lamentieren. Ich beobachte und lerne. Ich denke – wie werde ich sein, falls ich alt werde? Wer weiß. Ich kann mich nur darum bemühen, eine gute Richtung einzuschlagen.

Bei all dem, was gerade da draußen geschieht – es gibt Menschen, die haben den Krieg voll erlebt. Sie wissen, wie das ist. Sie haben sich ihr Leben lang bemüht, so zu leben, dass in ihrem Feld Frieden herrscht. Sie brauchen keinen weiteren Krieg mehr, sondern Schutz und Fürsorge. So, wie das alle Menschen brauchen, egal wo auf der Welt. Allen einen friedvollen Tag. Frieden beginnt in deinem Herzen, in deinem Kopf.