Yearly Archives: 2023

Keine Angst vor der Zukunft

Am Freitag gab es viel Austausch in der Ausbildungsgruppe der angehenden Heilpraktiker für Psychotherapie. Thema war Kinder- und Jugendpsychiatrie mit den Bereichen Ernährungs- und Bindungsstörungen. Leider haben viele Menschen mit diesen Themen ihre Erfahrungen gemacht. Beispiele wie Anne Lene Fossen zeigen, wie sehr die Betroffenen mit Schmerz und dem Leben an sich ringen. Was bedeutet es für uns, wenn Kinder sagen, dass sie nicht erwachsen werden wollen und das Essen einstellen?

Durch die letzten Jahre haben sich Zukunftsängste vor allem bei Kindern und Jugendlichen verstärkt. Sie sehen Stapelkrisen, von denen jede reichen würde für Sorgen: Klima, Kriege, langsamer Niedergang der Systeme.

Bewusstsein schaffen ist wichtig, dass es auf der anderen Seite unendlich viele positive Entwicklungen, Ideen und Ansätze gibt und wir uns eher ermutigen dürfen, vieles auszuprobieren,  im Gehen zu lernen und dazu zu holen, was wir noch brauchen. Das erfordert Mut. Mut ist handeln trotz Angst. Es hilft, sich daran zu erinnern, dass Menschen durch Verbindung, Gemeinschaft, Unterstützung, Kreativität, Sensibilität und Lebensfreude zu Lösungen kommen können, die vorher nicht denkbar waren. Halten wir es für möglich. Und behalten wir die jungen Menschen im Auge, damit sie Zukunft nicht als Belastung und Strafe empfinden, sondern als Wachstumschance und Gestaltungsmöglichkeit.

Allen ein schönes Wochenende.

 

Stephanie hat morgens um 7 in Franken fotografiert. Morgens um 7 ist die Welt manchmal noch in Ordnung.

Lernprozesse

In diesen Tagen beschäftigt mich das Thema frühe Kindheit wieder einmal sehr intensiv. Es stehen Coachings mit Kinderkrippen- und Kindergartenteams an und ein Elternabend, zu dem ich von einem Kindergarten eingeladen wurde. Was ist wichtig in den ersten sieben Lebensjahren? Wie gehen Paare mit der neuen Situation des Elternseins um? Wie gelingt der Spagat zwischen Beruf und Kind/Familie ohne Rückgriff auf alte Rollenmuster?

Es sind Lernprozesse, die wichtig sind – ein Kind verändert das Leben vollständig. Es bedeutet Verantwortung und Freilassen, Sicherheit geben und Klarheit von Regeln, Rituale und Rhythmen lebendig in den Alltag integrieren. Hülle geben auf allen Ebenen (Haut, Beziehung, Raum/Umwelt) ist im ersten Jahrsiebt eine wichtige Aufgabe, damit aus einem Säugling ein interessiertes Kind wird, das dann Schulreife erreicht. Dazu braucht es körperliche Geschicklichkeit, frische Luft, Bewegung, Vertrauen, Probieren und Scheitern dürfen. Es braucht Anregungen und Ruhe, Rennen und toben und vorgelesen bekommen – wie alles ein guter Wechsel, am besten in einem klar gegliederten Tag, der Verlässlichkeit verspricht.

In der Arbeit mit den Teams wird es um Grenzen gehen. Wie erkenne ich die Grenze des anderen, wie meine eigenen, wie kommuniziere ich das, wie gehe ich im Kindergarten, in der Krippe mit den Grenzen des Kindes um? Wichtige Fragen, die Aufwachsen in Achtsamkeit ermöglichen. Dann gilt Joseph von Eichendorff: „Viele verschieden gestimmte Saiten geben erst Harmonie.“ Nicht selten ist das eine spannende Reise für alle, auch die die Kinder begleitenden Erwachsenen.

Allen einen freundlichen Venustag.

 

Eines meiner Lieblingsfotos und immer wieder Bildschirmhintergrund bei mir. Danke, Ursula!

Zauberworte der Erziehung

Es gibt zwei Zauberworte, welche angeben, wie das Kind in ein Verhältnis zu seiner Umgebung tritt. Diese sind: Nachahmung und Vorbild.

 

Rudolf Steiner

 

Stephanie hat Kunst unterwegs entdeckt. Erinnerte mich an Wurzeln und Flügel, die wir Kindern mitgeben dürfen. Danke für das Bild.

Meine Lebenszeit gestalten

Keiner von uns weiß, wie lange unser eigenes Rosendasein währt. Manchmal haben wir zu viel Angst, das Leben anzunehmen, halten uns nicht für würdig, glauben, wir hätten keine Freude und Liebe verdient. Manchmal vergeuden wir es nach Kräften, um durch Schockmomente daran erinnert zu werden, dass Leben allein deshalb kostbar ist, weil es begrenzt ist.

Wie möchte ich meine Lebenszeit gestalten? Kann ich das überhaupt? Viele Menschen können ihr Leben nicht in Freiheit und nach eigenem Ermessen gestalten, aus vielerlei Gründen. Größe hat, wer im Rahmen der Gegebenheiten innere Freiheit erringt und die Flügel der Phantasie benutzen kann, zu reisen, zu fliegen, Begrenzungen hinter sich zu lassen.

Freiheit ist ein extrem kostbares Gut. Meine Freiheit endet, wo die des anderen beginnt. Wir sind eingeladen, eine Wahl zu treffen. Ich wähle, dies zu tun und jenes zu lassen, dieses zu denken und jenes an den Rand zu schieben. Wer bestimmt in meinem Kopf? Die Gedankensuppe, die mich trudelnd nach unten zieht oder ein Ich, das der Gedankensuppe den entsprechenden Topf gibt und ansonsten die Baustelle zwischen den Ohren sauber hält? Bin ich meinen Gedanken und Gefühlen ausgeliefert oder selbst schuld, wenn ich ihnen glaube?

Fragen, die gestern ein wichtiger Bestandteil der Arbeit waren. Wir sind alle antwortsuchend. Manchmal finden wir sie und manchmal findet eine Antwort uns.

Allen einen freundlichen Jupitertag!

 

Zwei erstaunliche goldene Gebilde hat Ursula im Baum entdeckt, die an der Schnur hängen, als würden sie um einen großen Wurm streiten. Danke für das Bild!

Das Leben einer Rose

Ich fragte: Wie lang währt das Leben der Rose? Die Knospe vernahm es und lächelte nur.

Mîr Taqî Mir, 1723–1810

Aus dieser Knospe wird keine Rose, doch auch sie darf lächeln. Danke an Ursula für das Foto!

12 Umarmungen am Tag

„Wir brauchen vier Umarmungen am Tag zum Überleben, acht Umarmungen am Tag zum Leben und 12 Umarmungen am Tag zum innerlichen Wachsen.“ – Virginia Satir. Die letzten Jahre waren nicht berührungsfreundlich. Menschen, die wenig berührt werden/berühren, erzeugen weniger Oxytocin und andere lebenswichtige Neurotransmitter, wollen wir gesund, zufrieden, fröhlich, aktiv und verbunden sein.

Wir müssen nicht Gruppenkuscheln, auch ist zu bedenken, dass viele Umarmungen als nervig und übergriffig betrachten und dadurch in Bedrängnis geraten. Das gilt vor allem auch für Kinder, wenn ungefragt in Kinderwagen gegriffen oder Kinder ungefragt umarmt werden.

Berührung in gegenseitigem Einverständnis ist wichtig. Das kann das Halten der Hand sein, was in mancher Situation das Einzige ist, was man tun kann. So, wie der Mensch bei der Ankunft auf der Welt eine liebevolle Hand braucht, die ihn willkommen heißt, brauchen wir manchmal am Ende der Lebensreise eine begleitende und verabschiedende Hand. Wenn wir straucheln, ist die haltende Hand wichtig, wenn wir weinen, die Hand, die uns eine Tasse Tee hinhält oder ein Taschentuch reicht.

Berührung geht auch von Herz zu Herz durch das Schenken von Vertrauen, durch Ermutigung, etwas doch zu versuchen, durch Klarheit, Wahrheit, Hilfsbereitschaft und Freundlichkeit. Dann umarmen wir den Seelenmenschen, dem wir Unterstützung zukommen lassen, in Respekt, Achtsamkeit und Demut, was die Grundlage einer inneren dienenden Haltung ist.

Allen einen Wochenteilungstag mit so viel Umarmungen, wie nötig und so vielen hilfreichen Händen, damit der Tag gelingen mag.

 

Sigrid hat das wunderschöne Foto der beiden Frauenhände gemacht. Sie erzählen Geschichten des Lebens. Danke für dein Bild.

Was die Zeit zerreibt

Eines weiß ich und dies eine gibt mir Kraft und Zuversicht: Keine Macht war noch so dunkel, der nicht obgesiegt hat das Licht. Keines Winters Eis so feste, dass der Lenz es nicht durchhieb. Keines Kerkers Wand so ewig, dass die Zeit sie nicht zerrieb.

Anastasius Grün, 1806–1876

Noch ist viel Eis zu finden, Stephanie hat im Wald genau geschaut und das Foto mitgebracht. Danke!

Seele in Not

Warum handeln wir manchmal so krass unlogisch, gegen jeden Verstand? Weil wir unbewussten Mustern folgen, ausgelöst durch Worte, Situationen, Geräusche. Manchmal sind wir auf den Spuren von Trauma unterwegs. Die Pandemie hatte traumatisierenden Charakter. Menschen in Kriegs- oder Erdbebengebieten erleben kollektive Traumata, dazu vererbte Traumata aus Weltkriegen, die Familiensysteme infiltrieren und Jahrzehnte später Leid auslösen. Plus individuelle Erfahrungen wie schwere Diagnosen, Missbrauch aller Art, Todesfälle, Arbeitsplatzverlust, Zukunftsangst und  mehr.

Am Sonntag gab es bei einer Traumakonferenz Input, um Gehirnhälften wieder zu verbinden, Stufen der Traumatherapie und Körperübungen, um bei Dissoziation in Kontakt mit sich selbst zu gelangen. Zudem eine Fortbildung im Bereich Wirtschaft, agiles Denken, Mindset und Grenzen setzen

Beides scheinen getrennte Themen zu sein, doch Denken, Fühlen und Wollen verbindet sie. Wie können wir unsere Gedanken nutzen, um Resilienz zu entwickeln? Wie werden wir Fühlen zur Wahrnehmung und Achtsamkeitsübung machen und wie stärken wir den Willen?

Immer mehr erkenne ich die Brücke zwischen der therapeutischen und der Coachingarbeit sowie der Entwicklung in der Welt. Von unserer Klarheit im Erkennen der Themen, Fragestellungen, Herausforderungen und dem Erlauben von Antworten, die wir bislang nicht einmal für möglich gehalten haben, hängt die Zukunft ab. Individuell und insgesamt. Lösungswege, die wir aus der Zukunft heraus denken, fühlen und dann wollend gestalten dürfen. Magic.

Allen einen tatkräftigen Dienstag.

 

Stephanie war im Wald unterwegs und hat dieses Foto mitgebracht. Dankeschön!

Wasser und Brot

„Be water, my friend“, fand Bruce Lee. Wie das Waser sich anpassen, weich und doch hart, umwegefähig und enorm meerfokussiert. Wasser und Brot, die Motive unserer heutigen beiden Fotos, werden bereits in der Bibel zusammen beschrieben. Das Brot miteinander brechen bedeutet, etwas zu teilen – praktisch und im übertragenen Sinn, das Wasser  ist ein einfaches und doch unendlich kostbares Getränk. Wasser trinken zu können ist ein Geschenk, das die Natur uns macht, denn der Kreislauf des Wassers auf der Erde ist überschaubar. Unsere Art der Lebensführung unterhöhlt die Grundwasserspiegel, die Verschmutzung übersteigt die Reinigungskraft der Natur.

Wasser und Brot sind Grundnahrungsmittel. Ein gutes Brot hat nicht viele Zutaten, es braucht Zeit, in der der Teig angesetzt wird, gehen kann, die knetende Hand, Geduld und Wärme, um eine schöne Kruste auszubilden, gut durchgebacken zu sein und das Haus mit köstlichem Duft zu erfüllen. Bei uns kommt Wasser aus dem Wasserhahn, diese Selbstverständlichkeit ist es, die zur Illusion führt, dass das normal sei. Davon können weite Teile der Weltbevölkerung nur träumen.

Wasser und Brot – die Grundlage der Gastfreundschaft, etwas, das man gemeinsam teilt, wofür man dankbar ist. Das Wasser ist ebenso zu schützen wie die Humusschicht, auf der das Getreide wachsen soll. Wenige Millimeter ernähren die Menschheit. Ist dir das bewusst? Hüten wir das Wasser und wir den kostbaren Boden, anstatt ihn weiter abtragen zu lassen oder zu vergiften. Du bist, was du isst.

Allen einen feinen Start in die neue Woche.

 

Danke an Sigrid für das Brotfoto.

Fels sein

Sei wie ein Fels, an dem sich beständig die Wellen brechen! Er bleibt stehen, und rings um ihn legen sich die angeschwollenen Gewässer.

Mark Aurel, 121–180

Sigrid hat das Wasserglas aus einer spannenden Perspektive fotografiert. Danke!

Stapelkrise

Steine aufeinanderstapeln kann hochkompliziert sein. Kinder lernen dabei mehr über Statik als beim Aufeinandersetzen von Holzklötzchen.

Stapeln scheint uns Menschen zu liegen, wir stapeln gern. Ordentlich Kleidung im Schrank. Bücher. Rechnungen. Geschirr im Schrank. Vorräte.

Wir stapeln auch, wenn es uns nur begrenzt gut tut. So neigen wir dazu, wenn viel los ist, viel anderes anzufangen, drüberzuschichten und zu glauben, dann wäre das unten liegende Thema wie von allein gelöst. Wir stapeln negative Erinnerungen. Bei Problemen listen wir die komplette Reihe vor unseren Augen auf und blasen das Einzelthema zu einem gigantischen unlösbaren Knoten auf. Zudem stapeln wir im außen Krisen. Pandemie, Krieg, Klima, Erdbeben. Wir erkennen – die Welt ist gleichzeitiger mit ihren Herausforderungen und die platzen auf allen Ebenen über uns herein.

Wir erkennen auch: Perfekte Lösungen wird es bei (so/zu) vielen Bällen im Spiel nicht geben, da fällt immer mal einer runter und wir müssen einen neuen einbringen. Wir machen den ersten möglichen Schritt und schauen, was der nächste mögliche sein wird. Wir brauchen Gemeinschaft, denn Probleme lassen sich mit mehr beteiligten Köpfen und Herzen besser und auf mehr Ebenen lösen. Wir dürfen uns daran erinnern, „wie der Bauer die Klöß isst“ – einen nach dem anderen. Wichtiges zuerst und dann weiter. Nicht in die Höhe stapeln, sondern übersichtlich auslegen und mit möglichst unterschiedlich besetzten Teams die Herausforderungen angehen, denn die besten Ideen kommen oft von jemandem, der „keinen Plan hat“ und deshalb ganz unverfälscht auf alles schaut.

In diesem Sinne ein Wochenende, an dem nur Pancakes gestapelt werden.

 

Danke an Annemaries Foto aus dem Theilheimer Steingarten.

Waldwege

Im Walde zwei Wege boten sich mir dar und ich ging den, der weniger betreten war – und das veränderte mein Leben.

Walt Whitman, 1819 – 1892

Stephanie geht im Wald auch gern die weniger betretenen Wege, doch auch da finden sich die Spuren der Zivilisation.