Wenn die Wochen vollgestopft sind, versuche ich mir, ein Zeitfenster freizuschaufeln, um das zu erledigen, was Muße braucht. So war der Plan für den Donnerstagmorgen. Dann ging es Schlag auf Schlag. Telefonate. Der verschobene Wartungstermin für die Heizung. Eine Tischreparatur, die dazwischengequetscht werden musste. Ein Besuch und mein Budget an Minuten wurde immer kleiner. Leicht gepanikt fiel mir auf, dass ich das nicht mehr alles unterbringe, was gemacht werden muss. In dem Moment fiel mir das Zitat von Rumi ein, das ich letztes Wochenende ans Flipchart geschrieben hatte, weil es mir wieder mal in den Sinn gekommen war. Es hat meinen Tag gerettet. Vielleicht hätte ich innerlich meckernd versucht, so viel wie möglich zu schaffen.
Heute hab ich mir erstmal einen Tee gemacht und entschieden, das, was ich jetzt noch gut erledigen kann, bestmöglich zu erledigen, weil es eben hundert Arten gibt, um niederzuknien und den Boden zu küssen. Lieber mache ich das Wenige gut, damit ich mich nicht über schusslige und unschöne Dinge ärgern muss und ich bin mir sicher, der Rest fädelt sich rein. Die Erfahrung zeigt, dass dann, wenn ich die Dinge in Ruhe mache, seltsamerweise mehr erledigt werden kann als geplant.
Hätte ich das nicht gemacht, wäre mir nicht die Lösung für eine Frage eingefallen, die seit Wochen einen Teil meines Gehirns blockiert, weil ich da nicht wusste, was wie zu entscheiden ist. Während ich also schön Kekse in Tüten stapelte, ergab sich ganz von selbst eine Antwort. Wie so oft wird viel Energie frei, wenn wir etwas loslassen. In meinem Fall die Erwartung, vieles zu erledigen, was schon lange nach Erledigung schreit. Ehrlich gesagt ist es den Socken wurscht, ob sie heute geflickt werden oder ein anderes Mal, ich hab noch andere Socken. Gleiches gilt für den abgerissenen Aufhänger vom Waschlappen und einem Loch in einem Pullover sowie einer laufenden Masche in Strickware. Ich hab alles fein auf den Flickkasten gestapelt und dort wartet es bis zu den Tagen zwischen den Jahren. Ich wette, da kommt noch mehr zusammen, dann werde ich mir eine Kanne Tee kochen, eine schöne Musik auflegen (vermutlich wird das das Weihnachtsoratorium von Bach werden, das wir dieses Jahr nicht live hören werden können) und dann genieße ich das Flicken. Dann wird es auch superschön und nicht hingemurkst unter Zeitdruck.
Niederknien – für mich sind Niederwerfungen ein Symbol für Demut. Wir machen jeden Tag vieles. Manchmal ist es besser, weniger zu tun, wenn sonst die Qualität leidet. Dann lieber demütig wenig machen und das dafür ausgezeichnet. Dann wächst auch der Mut, das Liegengebliebene anzugehen. Socke für Socke, ganz im Sinne von Beppo Straßenkehrer – Atemzug, Besenstrich.
Allen einen gesunden Freitag mit vielen Momenten des Innehaltens, Niederknieens und der Schönheit.
Danke an Gabi für das Foto der Karde. Wir verwenden ihre Wurzeln gegen Borreliose heute, früher diente sie zum Kardieren der Wolle. Wie schade, dass wir das alte Handwerk so vergessen und uns in unserem Konsumwahn gar nicht mehr der Arbeit bewusst sind, die gutes Handwerk bedeutet. Fiel mir auf, als der Heizungsmonteur meinte, er habe Probleme rumzukommen, weil er keine Mitarbeiter findet. Handarbeit ist sehr oft sehr ehrliche Arbeit. Ehrlicher als vieles andere.