Wenn einer eine Reise tut, dann kann er was erzählen, heißt es. Wenn Menschen viele Jahre hintereinander verschiedene Teile des Jakobswegs gehen, bringen sie wie Theresa netterweise viele Fotos mit, so dass wir Daheimgebliebenen ein wenig mitreisen können. Nicht jedes Foto erzählt, wie mühsam ein Anstieg war, wie kalt der Wind geblasen oder wie heiß die Sonne gestochen hat.
Gastfreundschaft ist etwas, was wir heute kaum mehr kennen. Klar sind wir in Bezug auf Gäste auch neuerdings alle sehr außer Übung, doch die vielen Sprichwörter, die davon erzählen, dass man, wenn man einen Gast beherbergt, einen Engel oder gar Gott beherbergt, zeugen von dem enorm hohen Stellenwert der Gastfreundschaft in alter Zeit, wo es keine Hotels und B&B-Möglichkeiten oder gar Couchsurfing gab. Das kommt vermutlich der alten Gastfreundschaft noch am nähesten, weil mit Familienanschluss.
Die Zeiten sind so, dass junge Menschen nicht mehr so ins Ausland können, was ich für sehr wichtig halte. Man muss eine Zeit in einem anderen Land wirklich gewesen sein, keinesfalls als Tourist, sondern dort den Alltag mitleben. Essen, was die Menschen vor Ort essen, ihre Musik hören, ihre Lieder singen, ihre Kulturgüter kennen lernen, die Art, wie sie leben, Werte definieren und den Alltag bewältigen. Ich würde es allen jungen Menschen sehr wünschen, dass sie das alle erleben dürfen. Dann wird uns sehr bewusst, dass Menschen überall auf der Welt ähnliche Bedürfnisse haben nach einem sicheren Dach über dem Kopf, Nahrung und Wasser, Bildung und einem stabilen Gemeinschaftsleben.
Wir verlernen gerade die Grundwerte einer Gesellschaft wie Freundlichkeit, Offenheit, Nächstenliebe, aufeinander achten (nicht im Bespitzelsinn), Anteil nehmen am Leben der Nachbarn. In Großstädten kennen Menschen nicht einmal ihre Mitbewohner im gleichen Haus. Dorf kann das andere Extrem sein, wenn jeder weiß, wer wann was macht, aber so ein Mittelding wäre sehr brauchbar. Dann fällt keiner durch die Maschen des Gesellschaftsnetzes, wenn es ihm schlecht geht. Wir haben gesehen, dass es eine Frage von Minuten ist, in denen das, was wir für sicher gehalten haben, weggeschwemmt, unterspült oder von Tornados zerstört wird. Jeder kann jeden Tag in die Lage kommen, dass er sehr viel Hilfe braucht. Gastfreundschaft ist gelebte Nächstenliebe und setzt zwei Seiten voraus: Eine, die ein Dach über dem Kopf und Nahrung geben kann und eine, die das annehmen kann und nicht ausnutzt.
Wann hast du das letzte Mal Gäste bewirtet oder über Nacht zu Besuch gehabt? Was war das Besondere daran? Wie hat das dein Leben bereichert?
Allen einen freudigen Jupitertag.
Danke an Theresa für das Unterwegsfoto. Beim Pilgern wird viel Gastfreundschaft spürbar.