Montags-Nachdenk-Input

Ein spannendes Wochenende. Ein Kurs an der Akademie in Vaihingen, angehende Coaches, die sich Freitag und Samstag mit der Grenze zwischen „normal“ und „nicht mehr durch Coaching steuerbar“ befasst haben. Coaching und Therapie sind zwei Paar Schuhe und ein Coach muss ebenso wie der Therapeut seine Grenzen kennen. Toll, dass den Coaches das Training angeboten wird und sie so in ihrer Arbeit besser aufgestellt sind. Schön, dass wir Zeit hatten, einige praktische Übungen zu machen und uns intensiv auszutauschen.

Ungewohnt für mich dann eine Nachtheimfahrt. Ich fahre selten nachts und schon gar nicht Autobahn, das war also ein Schritt raus aus der Komfortzone. Früher war ich viel nachts auf der Autobahn unterwegs und fühlte mich da nie einsam, weil so viele Menschen nachts ebenfalls unterwegs sind. So ging es mir auch dieses Mal. So viele Menschen. Ich frage mich immer, wo sie alle hinfahren und was sie alles so tun mitten in der Nacht. Ich habe bemerkt, dass es nach einem langen Kurstag, der erst um 19 Uhr endet, eine Herausforderung ist, sich dann doch nochmal zwei Stunden auf eine Fahrt im Dunkeln zu konzentrieren. Da ich frohen Herzens unterwegs war und viel über den Kurs nachgedacht habe, musste ich richtig aufpassen, den Wechsel der Autobahn nicht zu übersehen.

Der Sonntag sollte eigentlich einem Familienfest gewidmet sein, einem 84. Geburtstag. Das klappt nicht, wir werden den Tag im Krankenhaus verbringen, nicht weil die Jubilarin erkrankt wäre, sondern mein Bruder musste in der Nacht zum Feiertag am Knie notoperiert werden wegen drohender Sepsis. Es ist alles gut gegangen und ich war am Donnerstagabend gleich nach dem Führungskräftecoaching zu Besuch, aber sein Knie wird eine Dauerbaustelle. Ein Keim, der immer wieder zuschlägt. Jedes Mal Vollnarkose, jedes Mal Tropf mit Antibiotika. Da mein Bruder schwerstbehindert ist, bedeutet das, er braucht rund um die Uhr ein Familienmitglied zur Betreuung bei sich, er ist der Meister im Tropf herausziehen oder Drainage abrupfen. Wieder eine Meisterleistung der (über 80 Jahre alten) Eltern, diese Herausforderung anzunehmen und auszuhalten mit ihm.

Wenn ich dann so auf der Autobahn von hinten Scheinwerfer heranrasen sehe und an mir wischt was mit 200 km/h vorbei in einem Gebiet, das durch seinen regen Wildwechsel bekannt ist, denke ich mir – wie nah ist die Grenze zwischen gesund und krank oder gar tot. Da schließt sich der Kreis zum Seminar am Wochenende und zum Führungskräftetag am Donnerstag – LEBE ich mein Leben oder lebe ich die Tage wie Kalenderblätter herunter, mit Pflichten gefüllt, die ich nicht will oder mache ich beruflich das, was ich wirklich, wirklich, wahrhaftig und ernsthaft machen möchte und erlebe so tiefe Befriedigung in meinem Tun, so dass ich sagen kann – wenn es vorbei ist, habe ich genau gelebt, was ich leben wollte?

Allen einen feinen Restsonntag und einen guten Start in die neue Woche.

Danke auch für dieses tolle Rhönfoto, Annemarie!

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