Dienstags-Nachdenk-Input

Brücken – sie verbinden Menschen, Städte, Länder. Sie ermöglichen Übertritte an Stellen, an denen man es braucht, um sich zu begegnen. So muss keiner kilometerweit wandern, um eine Furt zu suchen, die man gefahrlos queren kann. Deshalb war das Zerstören von Brücken in Kriegszeiten ein bewährtes Mittel, um Schaden anzurichten. Heute gibt es Luftbrücken, die Nöte lindern können.

In unserer Gesellschaft fehlen derzeit viele Brücken. Menschen haben ihre Brücken zueinander abgebrochen. Die Pandemie sorgt für Abstand, Abstand trennt auch innerlich. Verschiedene Meinungen schaffen Lager. Wer Lager hat, muss Feindbilder pflegen. Gelegentlich fühlt es sich so an, als wäre das genau Absicht. Lagerbildung erzeugt Angst, Angst macht schwach und schwache Menschen werden schneller krank, glauben eher Demagogen und lassen sich einfach führen. Ich wage mal die kühne Behauptung, dass noch im Januar Dortmund- und Bayernfans miteinander auskommen konnten, vielleicht mühsam, aber meistens ging es doch. Und nun streiten wir um Masken, Abstand, Schulordnungen und vieles mehr und splittern uns gesellschaftlich immer mehr auf.

Die psychiatrischen Kliniken und Ambulanzen melden steigende Zahlen von Erkrankten – wen wundert das. Homeoffice und –schooling belastet Familien massiv, wirtschaftliche Ängste kommen dazu und oft enge Wohnverhältnisse in der Stadt. Das wird gerade bei knapp 40 Grad mürbgekocht. Das Aggressionspotential kann man mit Händen greifen. Egal welche Medien man aufschlägt oder einschaltet – die Pandemie mit ihrer zweiten Welle ist das Thema überhaupt und sorgt für tiefe Ängste von Angestellten, Eltern, Selbstständigen, die früher mal einen Mittelstand gebildet haben und das Grundgerüst der Gesellschaft waren.

Unvernunft waltet, vor allem, wenn Menschen im Urlaub ihren Alltag vergessen wollen und das dann auch in jeder Hinsicht tun. Ich habe Klienten, deren Immunsystem durch Erkrankungen unterdrückt wird, sie haben berechtigt Angst vor Infektionen. Ich mache mir Gedanken, wie ab September der Unterricht in unserer Schule funktioniert oder ob es einen weiteren Lockdown gibt und wir wieder auf Filme umsteigen müssen.

Lasst uns neue Brücken bauen. Es geht nicht, dass Angst unser Handeln bestimmt oder dass wir aus Angst in Grübeleien und damit langfristig Depressionen verfallen. Es geht nicht, dass Angst aus Menschen mit Verstand zittrige Schafe macht, die ohne nachzudenken tun, was andere sagen, deren Gründe lauter sein können, aber nicht müssen. Versuchen wir das, was man „gesunden Menschenverstand“ nennt, erneut mit Leben zu füllen, anstatt die Energie in Hasstiraden zu stecken.

Bleiben wir wach, achtsam und sorgsam. Benutzen wir unser Gehirn für vernünftige Haltungen, ein offenes Herz für die anderen. Wer Brücken einreißt, erkennt oft erst dann, wie wichtig diese Brücken gewesen wären. Nicht immer lassen sie sich leicht wieder errichten. Manchmal ist zu viel zerstört.

Allen einen kraftvollen und klugen Marstag, der viel Energie mit sich bringen kann und uns auffordert, ins Tun zu kommen.

 

Auch dieses wunderbare Foto hat Stephanie gemacht! Danke!

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