Der Schiffbruch der Welt, um den man sich nicht kümmert, weil man auf einer seligen Insel weilt – Was Hölderlin hier Hyperion in den Mund legt, ist manchmal ein Plan für uns. In den 80ern rief Ina Deter ins Mikrofon „Und was draußen passiert, interessiert mich nicht, geht die Welt heute unter, geht sie ohne mich“. Manchmal braucht es eine Auszeit von der Welt draußen. Zu viele Infos, zu viel Überflüssiges, Negatives, Belastendes kann auf die Menschen einstürmen. Das haben wir in diesem Jahr in Wellen immer wieder erlebt. Früher galt Medienfasten als schick, heute müssen wir den Menschen regelrecht Medienfasten ans Herz legen, damit sie aus ihren Angstschleifen kommen.
Was aber, wenn man gar keine selige Insel hat? Die schaffen sich in diesem Jahr viele durch Wegbeamen. Der Altglascontainer vor meiner Tür ist dauervoll. So viel getrunken wurde selten. Diese Form der Insel ist es nicht, die uns weiterhilft. Auch nicht exzessives Nutzen von Plattformen aller Art, Dauerfilmschauen, in Parallelwelten leben.
Es gibt ein Alternativprogramm, das Menschen schon immer geholfen hat und das auch immer tun wird – die Natur. Ein Spaziergang im Wald erdet, boostert das Immunsystem, lenkt ab vom Hamsterrad im Kopf und macht Freude. Einen See umrunden kann herrlich sein, in ihm zu schwimmen auch, so man die Regeln des Badens in der freien Natur berücksichtigt. Auf einen Berg steigen bringt Erfolgserlebnisse und Freiheitsgefühl. Sich aus der Natur heraus ernähren gelingt jetzt gut mit Brombeeren, Äpfeln, Nektarinen, Pfirsichen und den späten Erdbeeren gut, viele Kräuter geben nochmal alles, manches Gemüse ist nun erntereif.
Eine weitere empfehlenswerte Insel befindet sich zwischen zwei Buchdeckeln, heute eher auf dem E-Reader. Wenn es ein Autor schafft, dass der Leser so eintaucht, dass er die Welt draußen vergisst, hat er alles richtig gemacht. Das schaffen auch gute Sachbuchautoren. Literatur kann wie Medizin für den Menschen wirken, gleiches gilt für die Musik. Auch eine Leinwand kann den Menschen den Alltag vergessen lassen, ein Stück Holz zum Bearbeiten, ein Bündel Peddigrohr zum Flechten, was immer. Ich habe es heute genossen, die Fenster sauber zu machen. Jetzt waschen sich die Vorhänge in der Maschine, dann ist es wieder schön.
Wir brauchen keine künstlich erzeugten Inseln aus Drogen aller Art. Aber immer wieder einen Ort des Rückzugs, an dem wir Kraft tanken. Das ist so individuell wie die Menschen sind. Nicht jeder mag Gartenarbeit, sticken oder Brot backen. Jedem das Seine. Solange es ihm hilft, auf gute Weise zu einer Auszeit vom Informations-Overload zu verhelfen, ist es gut.
Allen einen tatkräftigen Dienstag, um anzugehen, was not-wendig ist. Und vielleicht auch, um eine gute Entscheidung darüber zu treffen, was kein Bestandteil des Lebens mehr sein soll.
Danke an Sandra für das großartige Wasserfallfoto!