Morgens Winter, mittags Frühling. Die Kleiderwahl in diesen Tagen besteht aus Schichtenlook. Wie oft bräuchten wir einen seelischen Schichtenlook, denn manche Tage zeigen einen erstaunlichen Ritt durch diverse Gefühlslagen. Genau das wird uns seit einem guten Jahr zum Verhängnis – wir sind es nicht mehr gewohnt, mit Unerwartetem im Leben umzugehen.
Der Steinzeitmensch muss große Sorgen gehabt haben. Er war durch Tiere bedroht, die mit ihm um die karge Nahrung im Wettstreit standen. Er hatte kein Haus mit Klo und Warmwasser, sondern musste schauen, wo er einen Unterschlupf findet, der noch nicht bewohnt war. Ackerbau und Viehzucht sind die Grundlage der Kultur. Erst damit begann die Sesshaftigkeit, bis dahin folgte der Mensch der Nahrung. Ein Gewitter war angstauslösend, weil man nicht wusste, warum die Götter erzürnt sind, wenn sie grollten und wütend Blitze schickten, aber auch Feuer damit auf die Erde kam.
Heute sind wir so gestresst wie noch nie in der Geschichte der Menschheit. Unser Gehirn hat im Bereich der Stressverarbeitung nach wie vor das Steinzeitgehirn: Fight or flight heißt die Devise, die Ausschüttung der Stresshormone erfolgt auch bei Telefonanrufen, Gemecker vom Chef oder der derzeitigen Mehrfachbelastung, wie sie nach wie vor in den Familien herrscht. Wir sind also dauerhaft im Betazustand unserer Gehirnwellen, auf Neurotransmitterdroge und Adrenalinjunkies geworden. Wenn man ohne Familie weniger Aufregung hat, weil alles seit einem Jahr ausgebremst ist, braucht es Ersatz durch Actiongames und anderes.
Wie immer geht es um eine Mitte, um wirklich gesund zu bleiben, zu werden oder zu sein. Ein guter Wechsel aus Bewegung, Anspannung, Entspannung. Ab und an die Metaebene, um die eigene Lebenssituation mal aus einer anderen Perspektive zu betrachten. Wie oft wäre es hilfreich, wie die beiden alten Herren aus der Muppetsshow in ihrer Loge das eigene Leben mit Abstand zu betrachten und dann zu entscheiden, ob man auf etwas reagiert und wenn ja, wie. Das wäre hilfreicher, als sofort das gesamte Stressprogramm ablaufen zu lassen. Da wir Stress nur durch Bewegung abbauen, die aber nicht haben, ist das ohnehin nicht die optimale Strategie mit der Daueraufregerei.
Das richtige Maß ist eine hohe Form der Lebenskunst. Wir brauchen den Wechsel zwischen An- und entspannung, Bewegung und Ruhe, Meditation und hellwache Begeisterung, alles kreist um eine stabile Mitte. So, wie die Woche um den Mittwoch kreist, die Mitte der Woche und Merkur gewidmet ist, dem Gott der Kommunikation, der zwischen den anderen Göttern mit Botschaften höchst beweglich hin und her flitzt und dem das Quecksilber zugeordnet ist. Allen einen bewegenden und beweglichen Wochenteilungstag!
Noch mehr Wege – beim Wandern finden sich viele mögliche Wege, so wie diesen, den Theresa auch auf dem Jakobsweg fotografiert hat.
Vielen Dank!