Tugend – ein heute seltenes Wort. Ich mag es sehr. Werte, Tugenden – was sind deine geübten Tugenden? Deine wichtigsten Werte? Wie pflegst du sie? Welchen Stellenwert nehmen sie in deinem Alltag ein?
Bacon beschrieb, dass sie am besten in einfacher Fassung getragen werden – die Tugend der Bescheidenheit hat auch was in einer Zeit, in der gern marktschreierisch über vieles hinweggegangen wird, die Egozentrik gut gepflegt wird und das Ich vor dem Wir kommt. Ich halte ein gut ausgebildetes Ego sehr wohl für wichtig, denn wir brauchen es, um durch die Welt zu kommen. Doch wie alles braucht das Ego auch ein Maß.
Viele Menschen suchen in diesen Tagen Erholung. Das empfinde ich in diesem Jahr als schwerer als sonst. 2020 war alles wie in einer Schockstarre, doch 2021 trudeln wir als Gesellschaft, als Weltgemeinschaft sehr stark, wir schlingern von Krise zu Krise, privat wie global.
Ein Austausch mit einer Kollegin gestern war spannend. Auch sie macht die Erfahrung, dass es uns an jedweder Orientierung fehlt. Nun, wenn der innere Kompass nicht mehr eingenordet ist, werden wir anfällig für Einflüsse von außen. Nur die Stärkung des inneren Wesenskerns kann uns wieder einnorden. Werte, Tugenden, Stärken gehören zu den Stabilisatoren unseres Seins. Vielen Menschen half in alten Zeiten der Glaube. Das kann er nach wie vor, auch wenn sich viele mit den Institutionen schwer tun. Das Eine hat für mich mit dem Anderen wenig zu tun. Ich muss nicht im Fischerverein Mitglied sein, um zu wissen, wo die Fische sind. Kirchen sind dennoch durch die unzähligen Gebete und Gottesdienste Kraftorte, stehen nicht selten auf Kraftlinien-Kreuzungspunkten und können deshalb auch heutigen Menschen Kraft vermitteln. Wie wäre es am Wochenende mal mit einem Besuch in einem alten Kloster, einer Klosterkirche, einem Gang durch einen Heilkräutergarten dort oder einem Ort in der Natur, der uns Ruhe schenkt? Wir können das alle brauchen.
Ein schönes Wochenende allen. Den Urlaubsreisenden gute Fahrt, den Heimkommenden gute Ankunft, den daheim Bleibenden Freude.
Ein Leben ohne Kunst wäre schrecklich arm. Auch wenn es sich um eine Außenansicht des Guggenheimmuseums Bilbao mit Louise Bourgeois‘ „Maman“ handelt. Theresa hat sie für uns fotografiert. Das hiesige Pendant, Hauswinkelspinne genannt, in riesiger Größe (ich schwöre!) hat Christoph netterweise unter meinem Schreibtisch entfernt. Das ist der Grund, warum der Post heute so spät kommt. Thekla und ich in einem Umkreis von einem Meter ist jenseits meiner Vorstellung.