Wenn die Blätter fallen, sieht es aus, als tanzten sie ein letztes Mal, ehe sie, zu großen Haufen aufgetürmt, dazu einladen, hineinzuspringen. Rilke schildert in seinem Text etwas, was wir im Sommer bemerken, wenn wir nachts auf einer Wiese liegen und in den Himmel schauen – da scheint es uns nach einer Weile, als würden die Sterne auf uns niederfallen. Und nun fällt die schwere Erde aus den Sternen hinab. Erde und Sterne verbindet offenbar sehr viel miteinander.
Von diesen Verbindungen ahnen wir modernen Menschen nicht mehr viel, früher war das anders. Da wusste man noch, dass die Kinder von Meister Adebar auf die Welt gebracht werden, dem Storch, der sich mit den drei Farben des Lebens schmückt: weiß, rot und schwarz. Weiß wie Schnee ist die Haut, Haare so schwarz wie Ebenholz und Lippen so rot wie Blut sind die Farben Schneewittchens, bis ins Märchen hinein hat es dieses Wissen geschafft, wie alle Märchen Chiffren für kosmische und menschliche Geheimnisse sind.
Meister Adebar – Adebar bedeutet: von den Sternen gebracht. Ist das nicht unendlich schön? Die kleinen Kinder werden von den Sternen zu uns gebracht. Mit dem Segen des Tierkreises fliegen sie durch ein bestimmtes Sternentor zu der Familie, die sie sich ausgesucht haben, um dort aufzuwachsen und zu lernen, was sie sich vorgenommen haben. Wir stellen bis heute Holzstörche in den Dörfern auf, um Babys willkommen zu heißen und wissen oft nicht mehr, was dahinter eigentlich an tiefster Weisheit verborgen ist.
Wenn die Blätter fallen, endet ein Vegetationszyklus, doch nicht das Leben. Die Blätter sinken zur Erde, um sich zu verwandeln, dem Baum seinerseits wieder zur Verfügung zu stehen und im Frühjahr erscheinen die neuen Blätter. Der große Jahreskreis. Im alten Ägypten glaubten die Menschen, die Sonne würde am Abend im Nil versinken und darunter durchgezogen von einem mächtigen Pferdewagen, der sie am nächsten Morgen erneut emporsteigen lässt nach der Reise durch den nicht sichtbaren Teil der Welt, die Nachtmehrfahrt der Sonne.
Alles braucht eine Nachtmehrfahrt, um neu zu erstehen. So, wie die Zeit an und mit der Sonne wichtig ist, ist die Nacht, ist der Winter wichtig und die Zeit, in der manches stillsteht. Im Stillstand kehrt Ruhe ein. Gelingt Besinnung. Wächst Neues.
So entsteht Verbindung zwischen Himmel und Erde, indem man sich bewusst mit beiden Polen verbindet, sich demütig hineinstellt in die großen Zyklen und Rhythmen des Kosmos. Dann kann Vertrauen wachsen, entsteht Hoffnung, erwächst aus Demut Mut, entwickelt sich Tatkraft, wenn sich das Herz erwärmt hat.
Im vollkommenen Vertrauen darauf, dass es etwas gibt, was unser Fallen hält. Dieses Vertrauen werden wir sehr wohl brauchen.
Allen einen Tag, der auch Momente der Freude kennt, denn das ist Jupiterkraft.
Danke an Steffi für das wunderbare Foto. So viel Tanz der Blätter.