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Singt! Singt!

Du musst nicht lange klagen, was dir alles wehe tut. Nur frisch, nur frisch gesungen und alles ist wieder gut.

Adelbert von Chamisso, 1781–1838

Katja schenkt uns diesen tollen Blick über das Nebelmeer.

Magie der Berufung

Gestern ging es beim Abendessen um eine bei uns beliebte Diskussionsfrage: Was ist Beruf, was ist Berufung? Auslöser war eine Aussage vom Tag, als jemand sagte, Berufung müsse doch etwas sein, das „groß“ sei. Irgendwie „der Oberhammer“. Da wäre es doch sicher so, dass man im Innersten wie geflasht von etwas sei, das einen von klein auf vorantreibe. Die dahinterstehende Frage war: Wie finde ich meine Berufung, wenn mich nichts „Großes“ ruft?

Vielleicht darf man mit ein paar Annahmen Schluss machen. Es ist keine Frage der „Größe“ der Aufgabe oder „der Berühmtheit“ oder was immer, um sich zu etwas berufen zu fühlen. Ich glaube, wenn wir das, was wir tun, aus vollstem Herzen lieben, egal, was das ist, sind wir berufen.

Beppo Straßenkehrer in Momo war berufen, Straßen zu kehren, denn er tat es mit Liebe, mit Sorgfalt und tiefstem meditativen Herzen. Andere Menschen pflegen alte oder kranke oder behinderte Menschen und sind dazu berufen. Es ist wenig spektakulär, jemanden zu füttern und für die Person, die gefüttert wird, lebenswichtig. Also – ist das dann groß? Es ist absolut lebenswichtig und wunderbar, wenn es achtsam und mit Geduld geschehen darf.

Wir wachen nicht eines Tages auf und „sind berufen“. Oft genug wachsen wir in unsere Berufungen hinein. Wir sind angekommen, wenn wir tun, was wir lieben. Wenn wir morgens aufstehen und unser „Ikigai“ ist präsent, der Grund, morgens aufzustehen. Es ist vollkommen egal, was wir tun, wenn es aus Liebe, Überzeugung, mit Freude geschieht. Es ist nicht notwendig, auf einen „Ruf“ zu warten. Da erscheint vermutlich keine gute Fee am Bett und schwingt funkensprühend einen Zauberstab und sagt: „Magic! Du bist dazu berufen, xy zu tun“.

Wie finden wir Berufung? Indem wir uns in die Stille begeben, denn nur dort hören wir die innere Stimme, die spricht. Sie ist sehr leise, wird den ganzen Tag überbrüllt vom Ego und seinen Dauerwünschen nach diesem und jenem. In der Stille finden wir die Freude und wenn wir der folgen, sind wir mitten auf dem Weg der Berufung. Den geh einfach. Schritt für Schritt. Wie Beppo Straßenkehrer. Und dann weißt du eines Tages – es ist genau das, was du schon immer machen wolltest. Und dann ist es mit einem Schlag groß. Herzensgroß. Magic.

 

Allen einen beweglichen und bewegenden Merkurtag.

Danke an Steffi für das Foto des Weges. Welchen möchtest DU gehen? So ganz aus tiefstem Herzen heraus ab sofort? Was hält dich davon ab? Wieso lässt du das zu?

Den Pfad gehen

Niemand rettet uns. Nur wir uns selbst. Niemand kann das und niemand sollte das. Wir müssen selbst den Pfad gehen.

Buddha

Den herbstlich umspielten Buddha hat Steffi entdeckt. Dankeschön!

Im Augenblick ist Ewigkeit

Erkenntnis ist nur der Trostpreis – wie oft sage ich diesen Satz. Klienten hören ihn, Schüler auch. Erkenntnis ist schön, wenn man sie denn hat. Doch nutzt alle Erkenntnis nichts, wenn wir nichts daraus machen. Es geht immer darum, aus einer Erkenntnis die notwendigen Handlungsimpulse abzuleiten und dann in einer feinen Teamarbeit zwischen Kopf, Herz und Bauch drei Buchstaben zu berücksichtigen: TUN.

Manchmal sind es Kleinigkeiten nur, die zu tun sind. Manchmal ergeben sich aus Kleinigkeiten hochumwälzende Dinge, bei denen dann kein Stein mehr auf dem anderen bleibt und sich alles verändert. So, als kaufe man ein neues Möbelstück und mit einem Mal fällt einem auf, wie unschön die Tapete ist, dann passt der Teppich nicht mehr dazu und irgendwann artet das in die Komplettsanierung des Hauses aus. Gelegentlich ist es das Beste, was man tun kann, gleich gründlich die Dinge zu verändern, anstatt über den Fleck an der Wand ein Bild zu hängen, bei dem man bei jedem Draufschauen WEISS, dass darunter ein Fleck ist.

So ist es derzeit in vielen Familien. Da hat sich in Jahrzehnten vieles angesammelt, fein unterm Teppich, und nun ploppen allseits viele Themen auf, ausgelöst durch das Jahr und seine Kraft. Wie alle Veränderungszeiten, in denen die Menschheit eingeladen ist, Quantensprünge für möglich zu halten, dürfen wir uns von vielem trennen, was nicht mehr in unser Leben passt – überkommenen Meinungen und Ansichten. Falschen Partnern. Berufen, die keine Berufung sind. Illusionen, denen wir uns keine Sekunde länger mehr hingeben können und wollen. Ehrlichkeit, Klarheit und Wahrheit, drei relativ unerbittliche Durchleuchter dunkler Ecken in unseren Herzen, unserer Seele und unserem Denken.

Wir steuern aufs Jahresende zu und auch wenn der Sonnenschein uns vorgaukelt, es sei noch restlicher Spätsommer – wir wissen, dass wir seit dem Monatsanfang in der dunklen Hälfte des Jahres sind, in der die Schleier zwischen den Welten durchlässig werden. Leben und Tod berühren sich eng und so geht es in den Praxisstunden oft um diese Fragen. Der Tod rückt näher in den Blick in diesem Jahr und so setzen sich endlich die Menschen ehrlicher und direkter mit diesem Thema auseinander. Jeder weiß um seine Endlichkeit, doch drängen wir das Thema gern sehr weit an den Rand, sourcen Krankheit, Behinderung und Sterbeprozesse aus in spezielle Einrichtungen, anstatt sie dahin zurückzubringen, wo sie hingehören: direkt in die Familie hinein. Wer den Kreislauf von Geborenwerden und Sterben manches Mal erlebt, steht anders in seiner Lebensrealität und weiß sich aufgehobener nicht nur in diesem großen Kreislauf, sondern auch in den Jahreszeiten und in jedem Tag, jeder Stunde, jedem Moment. Denn alles sind Fraktale der Ewigkeit, die einen schönen Blick durchs Kaleidoskop ergeben, wenn wir den Mut haben, ins Licht zu schauen.

Allen einen tatkräftigen Dienstag!

Den Farbrausch, den der Herbst 2020 jeden Tag in Fülle schenkt, hat Maike im Weinberg festgehalten. Danke.

Schön oder nützlich?

Man ist jung, so lange man sich für das Schöne begeistern kann und nicht zulässt, dass es vom Nützlichen erdrückt wird.

Jean Paul

Das Schöne in der Natur – heute mit einem wunderbaren Foto von Maike! Dankeschön und willkommen im Kreis der großartigen Fotografen hier auf der Seite.

Irgendwas ist immer

Gaius Plinius Secundus Maior ist vermutlich 23 oder 24 nach Christus in Como geboren und starb im Golf von Neapel im August 79, als er versuchte, während des Ausbruchs des Vesuvs Menschen zu retten. Er war ein Gelehrter, Offizier und Beamter und schuf ein umfangreiches Werk mit Beobachtungen zur Natur. Erstaunlich finde ich seine Haltung in dieser Zeit. Mit der römischen Besiedlung wurden viele Wälder gerodet, um Ackerbau und Viehzucht betreiben zu können, aus der einstigen Waldlandschaft Europas wurde die Kulturlandschaft. Viele Jahrhunderte gestalten am Antlitz der Erde mit und doch kaum je so intensiv wie in diesen Tagen.

Die Woche startet mit neuen Entwicklungen in Amerika. Da wir nicht dort leben, können wir uns sehr schwer ein Bild machen von den Verhältnissen dort und was das an Veränderungen mit sich bringt. Wir werden sehen.

Was viel wichtiger ist: Es bewegt sich immer etwas. Auch wenn uns die Pandemiesituation verfahren vorkommt und festgefressen in vielen Punkten, bewegt sich viel. Was lernen wir aus diesem Jahr? Dass Dinge komplex und vielschichtig sind. Dass die Welt von einem Tag auf den anderen eine vollkommen andere sein kann. Dass es nur zwei Sicherheiten gibt: Die Tatsache, dass alles, was lebt, stirbt und dass nichts bleibt, sondern sich alles permanent wandelt. In guten Tagen ist das unschön, in schlechten Tagen hoffungsvoll. Wir sehen, wenn wir denn hinschauen, dass wir uns mit Nebenkriegsschauplätzen jede Energie verpulvern, anstatt zu begreifen, dass Kommunikation der Zukunft bedeutet, die höchst unterschiedlichen Standpunkte diverser Menschen einfach stehen zu lassen, weil wir uns niemals mit manchen Dingen einverstanden erklären können, es aber für die Aufgaben des Planeten und der Menschheit an sich darauf ankommt, ÜBER diese Themen hinweg cokreativ Zukunft zu gestalten.

Wenn das die Lektion ist, die wir 2020 gelernt haben und nun auch den Wandel leben können, besteht in allem Hoffnung. Es braucht offene Herzen, wache Geister und liebevolle Hände!!

Allen einen wunderbaren Wochenstart!

 

Danke an Theresa für das entspannte Koalafoto!!

 

Was für ein Ende

Was für ein Ende soll die Ausbeutung der Erde in all den künftigen Jahrhunderten noch finden? Bis wohin soll unsere Habgier noch vordringen?

Plinius der Ältere, 23–79

Ein wunderbares Stück Natur wurde der Obhut der Aboriginees zurückgegeben – Ayers Rock in Australien. Theresa hatte das Glück, dort noch wandern zu dürfen. Danke für dein Foto.

Gemeinsame Lösungen

Bewegung ist derzeit mehr als genug. Man könnte auch sagen: Wallung allenthalben. Schnell sind die Menschen derzeit auf 180 oder reagieren sehr empfindlich. Wie oft höre ich: Meine Nerven liegen blank. Es wird also höchste Eisenbahn, die Nerven wieder schön zu ummanteln, damit sie nicht dauernd Notfall funken müssen.

Die Welt ist so komplex, dass wir mit unserer bisherigen Einteilung in „gut“ und „schlecht“, „richtig“ und „falsch“, also schwarz oder weiß, nicht mehr durchkommen. Alles hat so viele Ebenen, dass manches eingeschätzt werden kann, anderes nicht. Im Klartext bedeutet das, dass wir mehr Informationen brauchen und mehr verschiedene Ansichten, damit wir uns eine eigene Ansicht bilden können im Wissen, dass wir sie vielleicht auch wieder verändern und anpassen müssen, wenn neue Erkenntnisse dazukommen. Am nächsten Tag ist man immer schon ein Stück schlauer.

Die Art der Informationsbeschaffung ist schwer, weil Wahrheit ein so kostbares Gut scheint, dass keiner mehr damit aufschlagen will. Schade. Fakten schenken Klarheit und wo Klarheit herrscht, kann das Schwarmwissen an Lösungen arbeiten. Unklarheit, Verwirrung und Schattenspielchen hingegen schüren Unmut, Rebellion, Widerstand. Oft entwickelt sich da Ungutes aus einer Angst heraus. Ein Tier, das man in eine Ecke drängt, beißt schneller zu. Viele von uns verhalten sich zur Zeit ein bisschen bissig oder im Tonfall unangemessen. Wir schlagen uns gern auf eine Seite und haben einen Standpunkt, ohne zu bedenken, dass das heute fast nicht mehr geht, wir brauchen eher eine Art Standfläche, die flexibel angepasst werden darf und muss. Damit wir mit so einer neuen Haltung klarkommen, brauchen wir Vertrauen. Vertrauen entsteht, weil wir etwas einschätzen können. Weil wir wissen, dass unser Gesprächspartner versucht, seine Meinung nach bestem Wissen und Gewissen darzutun. Weil unser Mitmensch empathisch und vor allem authentisch ist – dann vertraue ich. Dazu brauchen wir Werte und Tugenden. Ehrlichkeit, die Grundlage der Authentizität, ist so hochkostbar und so hilfreich. Je verwirrender die Zeiten, desto offener und ehrlicher, gradliniger und einladender sollte die Kommunikation sein, damit wir alle mit unserem verknüpften Wissen und unseren 80 Millionen Blickwinkeln in diesem Land gemeinsam Lösungen erarbeiten können, anstatt Schafherden von einer Ecke des eingezäunten Geländes zum anderen zu jagen.

Alle Menschen sollten daran interessiert sein, in Ruhe, Frieden, Freundlichkeit und Selbstverantwortung ein gutes Leben zu leben und dazu beizutragen, dass es der Gemeinschaft und dem Planeten gut geht. Das Problem liegt eher bei denen, die das nicht möchten, weil sie aus Angst sehr viel Profit machen können.

Deshalb ist jeder Einzelne in diesen Tagen aufgefordert, darüber nachzudenken: Wo bin ich authentisch? Wo raste ich aus und hau Meinungen raus, die vielleicht noch nicht final durchdacht sind? Wo brauche ich mehr Infos und wer kann sie mir geben? Verhalte ich mich selbst so, wie ich mir das von anderen wünsche? Was kann ich tun, damit ich mich so verhalte? Es beginnt immer bei MIR selbst. Meiner Art zu denken, zu sprechen, zu reden oder mich aufzubrezeln mit Agitation oder unwahren Thesen (die vielleicht nicht einmal absichtlich unwahr sind, sondern auf mangelnder Einsicht, Erkenntnis und Möglichkeiten des Faktenchecks beruhen).

Was ist zu tun? Werfen wir unser Wissen zusammen. Machen wir uns klar, dass alle Menschen sehr belastet sind aus ganz unterschiedlichen Gründen. Machen wir uns auch klar, dass wir Probleme nicht lösen, indem wir Angst füttern, sondern Vertrauen aufbauen. Alle helfen mit, wenn sie den Sinn von Maßnahmen und Handlungsempfehlungen nachvollziehen können. Wer einen anderen um Hilfe bittet, bekommt eher etwas, als wenn man ihm befiehlt. Gegnerschaften wird es immer geben. Auch unlautere, unehrliche und gemeine Menschen. Aber eine Menge aufgeschlossener Menschen mit dem Wunsch, gute Lösungen gemeinsam zu erarbeiten und umzusetzen, sind eine gewaltige Kraft. Und liebevolle Menschen heben die Welt aus den Angeln und überwinden gemeinsam jede Krise. Es geht nur miteinander. Alles andere ist Krieg und da hat noch niemals jemand wahrhaft gewonnen, sondern alle verloren. Holen wir uns die Menschenwürde, den Respekt und das Hinlauschen auf das, was andere sagen, wieder in unser Leben. Jetzt. Sofort. Gehe nicht über Los und ziehe nicht 4000 Euro ein, sondern fang bei dir an. Jeder zählt, denn jedes Menschenleben ist bedeutsam. Danke.

Allen ein schönes Wochenende!

Die Spirale ist das Zeichen des Lebens – der Entwicklung, wenn sie nach außen dreht und des Zurückkehrens zum Ursprung allen Seins, wenn sie nach innen dreht. In Verbindung steht sie für das gesamte Leben, das sich entfaltet, wächst und wieder eingeht in den großen Kreislauf. Danke an Gabi für das Foto.

In Balance

Das Leben ist wie Fahrrad fahren, um die Balance zu halten, musst du in Bewegung bleiben.

Albert Einstein, 1879–1955

Die Steine in Balance hat Gabriele auf La Palma fotografiert (vor Jahren). Danke dir!

Was brauchst du gerade?

Lebe dem inneren Gesetz gemäß, nicht dem, was im Außen manche tun – Mark Aurel hat viele seiner Gedanken niedergeschrieben, obwohl er vermutlich nicht weniger zu tun hatte als Menschen heute. Er achtete jedoch auf einen Ausgleich zwischen otium und negotium, der Pflicht und dem Nichtstun, das er gern mit Nachdenken verbrachte.

Dem inneren Gesetz folgen – das ist nicht einfach. Am Morgen war ein Gespräch mit einer wunderbaren jungen Frau, die schon viel in die Welt gestellt hat, ein Sonnenscheinmensch, der nun studiert und Prüfungssorgen hat. Immer früher am Morgen steht sie auf, um fleißig zu lernen und sie hat sich alles versagt, was Freude macht. Der Tag beginnt am Schreibtisch und endet auch dort. Das, so haben wir heute festgestellt, entspricht nicht ihrem inneren Gesetz. Wer ein Nachtmensch ist und bestens lernen kann, wenn alles außen ruhig ist, sollte das tun, wenn es möglich ist. Wer frühs schon hellwach ist, sollte seine Hauptarbeit in diese Zeit legen. Pausen sind Nahrung fürs Gehirn, wenn wir nur reinstopfen, verwurstelt sich am Ende alles. Ein gutes Essen ist notwendig, denn wenn wir intensiv lernen und denken, brauchen wir sehr viel Energie. Wir werden krank, wenn wir lange gegen unseren inneren Rhythmus, ein Teil unseres inneren Gesetzes, agieren.

Gleiches gilt, wenn wir handeln müssen, obwohl wir nicht denken, dass das richtig ist in dem Moment. Wir tun dann Dinge, obwohl wir überzeugt sind, dass das nicht gut ist. Oft genug serviert uns das Leben postwendend die Quittung für unser Zuwiderhandeln.

Es ist oft klug, sich zuerst zu besinnen und zu spüren: was ist es, was jetzt gerade notwendig ist? Braucht es eine Pause? Braucht es Bewegung? Ein Mittagessen? Oder braucht es auch mal ein „jetzt ist genug geschludert, ich fange an!“

Nehmen wir unsere innere Stimme wieder wahr, bevor sie einmal sehr laut wird und uns mächtig Probleme bereiten kann. Achten wir auf Ausgleich von An- und Entspannung, von Über- und Unterforderung. Umgeben wir uns mit Menschen, die uns innerlich auch in diesen Fragen wachsen lassen und uns die Verantwortung an die Hand geben, unseren Rhythmus zu finden. Wer gegen die Rhythmen seiner Natur agiert, muss früher oder später die Rechnung dafür begleichen.

Allen einen freudvollen Venustag mit Herausforderungen, die anregen und Pausen, die runterfahren.

 

Das Kneippbecken ist toll, es ist in Oy-Mittelberg zu finden. Jeder sollte sowas Wunderbares in seiner Nähe haben. Das sind Pausen mit enormem Mehrwert für die Gesundheit.

Der Schlüssel zur Pforte

Für die von Proust beschriebene Situation gibt es den Begriff des Wu-Wei, oft übersetzt mit „Handeln durch Nichtstun“. Gemeint ist allerdings nicht, nichts zu tun. Gemeint ist, dass ich alles beigetragen habe, was mir zur Lösung eines Problems machbar und sinnig erschienen ist. Ich habe Fachleute zur Beratung hinzugezogen, das Schwarmwissen gebeten und mir den Kopf zerbrochen, vieles unternommen und ich bin an den Punkt: Ich weiß es nicht. Ich habe keine Ahnung, keinen Plan und sehe keinerlei Weg aus dieser Situation. Dann lasse ich los. Übergebe es einer höheren Weisheit, weil meine nicht ausreicht. Das ist der Moment des vollkommenen Loslassens. Der absoluten Desillusionierung, der Enttäuschung im Sinne von „Ende der Täuschung, dass ich es lösen kann“. Ich lasse los. Ich merke, wie ich durchatme. Ich spüre, dass sich etwas verwandelt. Nicht ich atme, sondern es atmet mich. Ich schlafe eine Nacht darüber.

Das ist oft der Punkt, an dem sich das Blatt wenden kann. An dem Veränderung initiiert wird und Neues entstehen darf. Erst dann. Es hat die Erfahrung gebraucht, dass ich alles gegeben habe und es hat nicht gereicht. Dann MUSS ich ins Vertrauen gehen, kann ich losgehen und hoffen, dass irgendetwas meine Schritte lenkt. Da bemerke ich das Tor, von dem Proust spricht. Erst jetzt kann ich es sehen, erkennen, das Tor öffnen und durchgehen.

Wir erkennen in diesen Wochen: es gibt keine Daseinssicherung. Keine Lösung, die für alle gut ist. Kein Wunder. Also geben wir unser Bestes, was uns jeden Tag möglich ist, machen, was in unserer Macht steht, und alles andere lassen wir los. Jenseits der Wertungen, jenseits der Hoffnungen und ihrer Enttäuschungen, jenseits dessen, was wir gern gut oder schlecht nennen, ohne zu bemerken, dass die meisten Dinge und Themen viel komplexer sind als wir erkennen, ist ein Garten, wie Rumi schreibt. Dort treffen wir uns. DAS ist das Feld der Möglichkeiten, das wir erst dann betreten können, wenn wir uns unserer Begrenzungen bewusst geworden sind UND sie angenommen, akzeptiert, zugelassen haben. DAS erst ist der Schlüssel zu dieser Pforte.

Wir haben es in diesen Tagen sehr nötig, unser Bestes zu geben UND ins Vertrauen zu kommen, dass nicht nur wir Lösungen finden müssen, sondern das Feld sich dann zeigt, wenn wir aufhören zu erwarten, zu werten, zu wollen und uns gegenseitig zu zerstören. Erst dann sehen wir die Pforte, durch die dann hindurchzugehen sein wird.

Allen einen Tag voller Vertrauen. Voller Momente, in denen wir die vielen kleinen wunderbaren Momente des Alltags erkennen und als Seelennahrung mitnehmen dürfen. Wo kannst du heute deinem Mitmenschen ein Zeichen der Freude, der Wertschätzung schenken in diesen Zeiten? Jedes Lächeln erhellt die Welt und wärmt das Herz. Das eigene und das der anderen.

 

Wasser – faszinierend, wie es über Felsgestein perlt mitten im Wald. Sina hat das für uns im Bild festgehalten. Danke!

Wenn alles verloren scheint

In dem Augenblick aber, wo uns alles verloren scheint, erreicht uns zuweilen die Stimme, die uns retten kann; man hat an alle Pforten geklopft, die auf gar nichts führen, vor der einzigen aber, durch die man eintreten kann, und die man vergeblich hundert Jahre lang hätte suchen können, steht man, ohne es zu wissen, und sie tut sich auf.

Marcel Proust

Sina hat dieses spannende Felsentor im Schwarzwald beim Wandern entdeckt. Danke fürs Teilen!

Wider Angst und Panikmacherei

Während die Welt die bisherigen Gleise verlässt, geht in manchem das ganz normale Leben einfach weiter, sprich: das Obst reift und möchte eingemacht werden. Die Quitten sind oft so mit das Letzte im Jahr, was wir einmachen und wir freuen uns, dass unser Quittenbaum seit zwei Jahren endlich trägt. Es ist ein Birnenquittenbaum, unsere Apfelquitte ist noch ein Baby. Es braucht viele Jahre, bis man wahrhaft gute Ernten hat und so war es in diesem Jahr mit dem Apfelbaum, der über und über herrlichste beste Äpfel hatte. Nun haben wir heute den letzten frisch vom Baum zum Frühstück ins Müsli geschnippelt, die Ernte ist verarbeitet. Viele, viele Gläser getrocknete Apfelringe füllen den Vorrat. Wer weiß, was kommt und wozu man alles brauchen wird.

Es herrscht eine seltsame Stimmung seit den Anschlägen in Wien. Während Corona den Lockdown erzwingt, wird klar, dass das auch ausgenutzt werden kann, um irgendwelche anderen Interessen zu verfolgen. Wir haben es nicht mit einer singulären Bedrohung zu tun. Gleich die ersten Klienten heute sagten mir, wie sehr sie das belastet und dass das ihren Angstfaktor massiv hochtreibt. Und sie formulierten ihre Sorge, dass wir vielleicht genug Notfallbetten haben, aber eben nicht mehr genug ausgebildete Ärzte und Schwestern, die die gesamten Notfalleinheiten auch bedienen können, weil sie selbst erkrankt sind. Das ist ein ernsthafter Faktor.

Für die meisten Menschen war der Frühjahrslockdown machbar, wie oft habe ich gehört, wie gut der Stillstand war (für uns sah das sehr anders aus). Jetzt kommt Corona immer näher, hat das Thema Quarantäne oder Infektion die einzelnen Familien erreicht, wird die Sorge greifbarer. Noch ist das Wetter mild, ich bin gespannt, wie die Stimmung wird, wenn es umschlägt und der November zum üblichen November wird.

Es gibt keinen Grund zur Panik. Es macht Sinn, sein Immunsystem gut aufzustellen. Sich an der frischen Luft so oft es geht zu bewegen. Sich immer wieder Dinge vor Augen zu halten, die Freude bereiten. Mehr Abstinenz zu Medien. Weniger Hetzparolen anhören und mehr Musik von Johann Sebastian Bach. Bunte Blätter sammeln ist jetzt hilfreicher und Kastanien zum Basteln als das Sammeln von Betroffenheitsberichten in Klatschblättern. Menschen mit empfindsamen Seelen sollten jetzt Farbe, Sonne, Licht und Freude tanken, genug Teevorräte anlegen und sich eine weiche Wolldecke aus Rhönschafwolle zulegen, damit Geborgenheit spürbar wird.

Wichtig ist, den Raum zwischen den Ohren angstfrei zu halten. Bleiben wir aufmerksam auf das, was geschieht, aber nicht im Sinne einer Schockstarre und Dauerabruferei von schlechten Nachrichten. Achtsamkeit hilft, richten wir stets den Fokus auf das, was gut ist. Genug trinken, jede Menge Obst und Gemüse auf dem Teller haben und tanzen, tanzen, singen und tief atmen. Ausreichend schlafen. DAS ist das Survivalkit dieser Tage. Und vor allem Kopf frei von Panikmachern und Chaoten.

Allen einen beweglichen Merkurtag voller Momente des Staunens und Freuens.

Lob der Quitte

In jede hohe Freude mischt sich eine Empfindung der Dankbarkeit.

Marie von Ebner-Eschenbach, 1830–1916

Dankbar bin ich heute für meine herrlichen Quitten, die gemütlich im Entsafter zu herrlichster Köstlichkeit einkochen. Freude habe ich am Quittenbaum von der Blüte bis zur Ernte. So schön!