Ein bedenkenswerter Satz von Carlyle, dass wir dazu da sind, aus schlechten Zeiten vielleicht sogar gute zu machen, oder? Ein guter Plan. Ich wünsche mir manchmal mehr Verbindlichkeit. Weil Verbindlichkeit bedeutet, sich für etwas bewusst zu entscheiden, sich dafür dann auch wenn nötig anzumelden und auf der Matte zu stehen, wenns losgeht. Heute wollen wir uns bis zur letzten Sekunde alle Optionen offenhalten, weil wir ja vielleicht in wenigen Stunden schon längst wieder was ganz anderes, viel Tolleres angeboten bekommen und dann haben wir unsere Zeit schon für was jetzt Untolles verplant, geht ja gar nicht! Wie unschön!
Und so geschieht es dann auch, dass Veranstaltungen nicht stattfinden, obwohl sich viele dafür interessieren, weil sich keiner rechtzeitig anmeldet. Beispiel heute – ich werde gefragt, ob ein Kurs, der im September startet, auch stattfindet. Ich würde sehr gern im Januar sagen können – ja, klar! Es gibt genug Anmeldungen! Aber so ist das heute nicht mehr. Heute ist es oft so, dass sich NACH Kursbeginn Leute anmelden wollen, weil sie es jetzt doch machen wollen und dann hören „der Kurs ist nicht gestartet, weil sich nicht genug angemeldet haben!“ „Wie, warum? Ich hab aber Lust drauf. JETZT!“ – jo. Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen als neues Mantram des Habenwollens in Perversion.
Hinter allem stecken Logistikfragen. Kurse müssen nicht nur konzipiert, geschrieben, gestaltet werden, sondern, wenn es viele Verpflichtungen gibt, auch terminiert. Man kann nicht einfach Dinge dann mal drei Monate später starten, weil dann genug Leute da sind. Weihnachten ist nicht ad libitum mal im Mai und mal im Oktober, wenn man dann mal soweit wäre mit den Geschenken oder dem Baum oder was auch immer. Alles hat seine Zeit. Verbindlichkeit generiert Verlässlichkeit, generiert Funktionieren, gibt letztlich Planungssicherheit für sich selbst und die, die die Veranstaltungen gestalten und durchführen.
Ich weiß noch, wie ich vor einem Kurs, der über mehrere Jahre gehen sollte, meinem künftigen Ausbilder sagte, dass sich nicht weiß, ob ich das alles hinbekomme. Der Kommentar war kurz und knackig: „Wenn Sie nicht wissen, was Sie wollen, sind Sie hier falsch. Und wenn Sie sich alle Hintertüren offenlassen wollen, werden Sie nie die Grundlage der Menschlichkeit erfahren – Vertrauen. Ich bringe Ihnen Vertrauen entgegen, indem ich Ihnen sage, dass ich Sie gern in diesem Kurs hätte. Dafür erwarte ich, dass Sie Verbindlichkeit pflegen, Ihre Kursraten zahlen, pünktlich erscheinen und sich fortentwickeln. Ich biete dafür eine fundierte Ausbildung, Verlässlichkeit, beste Vorbereitung und eine tolle Gruppe von Menschen, die allesamt motiviert sind, miteinander eine richtig gute Zeit zu haben.“ Peng. Ich war etwas eingeschüchtert. Nach dem Ende der Ausbildung war ich immer noch froh über die so knllhart eingeforderte Verbindlichkeit. Alle im Kurs hatten was davon, keiner musste Sorge haben, dass nach einem Jahr die wirklich großartige Ausbildung abbrach, weil alle gegangen sind. Wir sind in unserer Ausbildungszeit enorm zusammengewachsen und haben uns als Persönlichkeiten entwickelt. Dazu braucht es Vertrauen, Verbindlichkeit und eine klare Entscheidung, etwas zu tun. Rechtzeitig. Ohne Angst, etwas versäumt zu haben, weil das Gebotene wirklich gut ist.
Also überlegen wir – was ist uns wirklich wichtig? Und dann auch dazu stehen. Sich rechtzeitig zu Dingen anmelden und auch mal bei einer Sache bleiben. Wir nennen das Durchhaltevermögen. Unsere Kinder konfrontieren wir mit der Erwartung, dass sie stillsitzen und bei der Sache bleiben. Wenn wir diese Tugenden der Ausdauer, der Geduld, der Verlässlichkeit, des Vertrauens und des auch mal Durststrecken Überstehens nicht trainieren und vorleben, müssen wir schauen, was wir an Erwartungen hegen dürfen. Machen wir aus den Untugenden unserer Zeit, die entstanden sind durch mangelnde Konzentration auf das, was wirklich unsere Entwicklung voranbringt, wieder Tugenden. Schaffen wir Werte und fordern sie nicht nur von anderen, dann wandeln wir negative in positive Energie. Davon profitieren wir, das Umfeld und letztlich das Universum. Denn Verlässlichkeit, Vertrauen, Verbindlichkeit sind eine Form von Liebe. Und davon kann man nie genug haben.
Schauen wir mal eine Woche jeden Tag, wie verbindlich wir selbst sind. Nur beobachten und mal notieren, was auffällt.
Allen einen Wochenstart in eine gute, sichere, verbindliche Woche.