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Courage und Herzblut

Courage – was ist das genau? Beherzheit? Mut? Unerschrockenheit? Bei uns oft als Bestandteil des Wortes Zivilcourage verwendet. Hier meint es: Das Eigene zurückstellen, um sich z.B. gegen Ungerechtigkeit zur Wehr zu setzen, unter Vernachlässigung der eigenen Sicherheit. Wir hören das Wort auch oft im Zusammenhang mit Hilfe auf vielen Ebenen.

Couragierte Menschen setzen sich ein. Sie trauen sich was. Wir bewundern sie oft ob ihres Muts, jemandem, der als stärker eingeschätzt wird, die Stirn zu bieten, weil Werte verletzt worden sind.

Als couragiert beschreiben wir auch Menschen, die mit Herzblut für ihre Themen einstehen, sich hinstellen und sagen, was sie meinen und denken, wohl wissend, dass viele andere damit nicht einmal ansatzweise konform gehen können.

Menschen mit Herzblut habe ich am Samstag erlebt beim Kongress „Spiritualität und Gesundheit – Irrtum, Konflikt und Krankheit als Entwicklungschancen.“ Der Samstag startete mit einer achstamen Meditation von Dr. Ha Vinh Tho, großartig, ihn auch im Kongressbeitrag erleben zu dürfen über „Spiritualität in der Biographie und im sozialen Wirken“. Seit Jahren verfolge ich seine Arbeit und nun war so eine Begegnung möglich. Spannende Ausführungen zur Frage nach der Wirkung verstörender Nachrichten von Ronja von Wurmb-Seibl, die konstruktive Nachrichten bevorzugt, also die, bei denen nicht nur das Problem aufgezeigt wird, sondern auch eventuelle Lösungen. Dr. Emilia Zenzile Roig richtete das Augenmerk sehr klug und engagiert auf systemische Unterdrückung und ihre Folgen (Why we matter!). Claudine Nierth sprach über eines meiner Lieblingsthemen „Psychologische Sicherheit“ und Bürgerengagement, hinreißend und klug war das. Prof. Dr. Schubert bot Ausblicke auf Psychoneuroimmunologie, ehe es um „Heilung und Spiritualität“ (Dr. Anne-Gritli Göbel-Wirth) sowie persönliche und kollektive Traumata im Beitrag von Thomas Hübl ging. Denkstoff für Wochen. Eigentlich wollte ich mir kein weiteres Buch kaufen in diesem Jahr .

Allen einen friedlichen Start in die erste Dezemberwoche 2022.

 

Ursula war draußen unterwegs und hat dieses Foto mitgebracht. Vielen Dank!

Heute: Bescheidenheit

Bescheidenheit: Angeblich ist sie „eine Zier“, doch „besser lebt man ohne ihr“. Bescheidenheit in diesem Sinne ist Verzicht auf Luxus und mit Einfachheit gleichgesetzt. Sie kann als Gegensatz zu Angeberei, Hochstapeln und Übermaß gesehen werden oder sogar negativ gemeint sein: „bescheidene Verhältnisse“ bedeutet: abgewrackt und ärmlich. Juristisch gibt es auch Bescheide, die sind oft unerfreulich.

Diogenes gilt als bescheiden, er gehörte den Kynikern an und vertrat die These, wer keinerlei Besitz hat, kann auch nichts verlieren, was – wenn man das Leben nicht einrechnet – in gewisser Weise stimmt.

Der Begriff Bescheidenheit hat viel Wandlung erfahren. Für uns heute ist er ein wenig zweischneidig. Ich mag ihn dennoch im Hinblick auf meine Schwiegermama. Sie lebt durchaus genügsam. Nachhaltigkeit hat sie mit Sicherheit als Wort nicht erkannt, aber voll gelebt. Bis sie vor wenigen Wochen ins Seniorenheim gezogen ist, hat sie in der Küche das Geschirr gesammelt und mit einer Füllung aus dem Wasserkocher sorgsam gespült. Abfall hatte sie kaum, alles wanderte in den Kompost, wurde verwertet. Als Kriegsgeneration kannte sie Genügsamkeit und wusste, dass man nicht fünf Kleider gleichzeitig tragen kann und wie man sie näht, pflegt und ausbessert. Es musste nicht dauernd etwas Neues her. Aus allem konnte sie etwas basteln oder es kreativ weiterverwenden. Mit ihren Dingen ging sie achtsam um. Das Messer, mit dem sie 70 Jahre lang in der Küche alles gemacht hat, ist ein Symbol des täglichen Gebrauchs gewesen, stets neu am Wetzstein geschliffen und immer kürzer und schmaler mit den Jahren.

Vielleicht stünde uns allen Bescheidenheit in diesem Sinne von Genügsamkeit und Achtsamkeit gegenüber den Geschenken der Natur gut zu Gesicht. In diesem Sinne einen wunderbaren zweiten Advent.

Schwiegermama vor zwei Jahren mit ihren selbstgepflanzten Tomaten im Garten, den sie noch in diesem Frühjahr das letzte Mal selbst umgegraben hat.

Anfang aller Vernunft

Bescheidenheit ist der Anfang aller Vernunft.

Ludwig Anzengruber, 1839-1889

Weniger bescheiden denn ein Meister cleverer Tarnung ist dieser Klee, den Silke im Wald gefunden hat. Danke für dein Bild!

Heute: Anstand

Herzlich willkommen zum Adventskalender. In diesem Jahr möchte ich gern ein paar Tugenden betrachten, heute: Anstand.

Damit meine ich nicht den Begriff, der beschreibt, wie der Jäger auf das Wild wartet. Auch nicht das „beanstanden“, womit gemeint ist, dass wir etwas zu bemängeln haben, sondern das, was wir vielleicht im weitesten Sinne mit „gutem und richtigem Verhalten“ umschreiben können. Ich habe einen Benimmratgeber von 1953, in dem Damen und Herren beraten werden, wie man sich mit Anstand bei Gesellschaften benimmt, welches Besteck wofür benutzt wird und wer wem auf der Treppe vorausgeht. Gutes Benehmen ist eine exzellente Form der Höflichkeit, die vieles im Leben leichter macht.

Anstand – der Begriff begegnete mir 2017 im Buch von Axel Hacke wieder (Über den Anstand in schwierigen Zeiten und wie wir miteinander umgehen), als ich (vergeblich) nach einem modernen Knigge suchte.

„Benimm dich anständig“ bedeutete in meiner Kindheit, brav das Händchen zu geben, zu knicksen, bei Tisch den Mund zu halten, sauber zu essen, keine Fragen zu stellen und mit adretten weißen Strumpfhosen auf dem rechten Weg zu bleiben. Klassischer Fail bei meiner mangelhaften Einsicht in Dressur.

Ich wünsche mir Anstand im Alltag. Damit meine ich: Achtsamkeit, Respekt, Wertschätzung, Freundlichkeit. Kein gegenseitiges Übertrumpfen, sondern Lauschen, wahrnehmen, Grenzen einhalten, Bitte und Danke. Herzliche Einladung dazu.

Allen einen wunderbaren Freutag!

 

Ursula hat Hund und Katze im Bild für uns festgehalten. Danke dir!

Morgenröte

Betrachtet das Erwachen des Frühlings und das Erscheinen der Morgenröte! Die Schönheit offenbart sich denjenigen, die betrachten.

Khalil Gibran, 1883-1931

Die Morgenröte über dem Garten von Primavera in Oy-Mittelberg

Der beste Beruf der Welt

Es gibt so Tage, da brauche ich abends lange, um runterzufahren. Das liegt daran, dass ich dann so krasse Lebensgeschichten gehört habe oder es außergewöhnlich intensive Arbeiten waren, die lebensverändernd wirken können. Am Dienstag gab es gleich beides. Ein intensives Gespräch mit einer 78 Jahre alten Dame über ihr Leben – unglaublich, was alles in 78 Jahren geschehen kann und mit welchem Mut sich Menschen aufmachen, offene Baustellen zu befrieden. Geschenke.

Das zweite Gespräch war mit einer jungen Frau nach einer Trennung mit den tiefen Fragen der Menschen zwischen 30 und 40: War es das schon? Wer bin ich denn jetzt? Wo will ich hin? Wie verändert sich meine Lebensvision jetzt? Und plötzlich taucht sie auf, die Vision, die Idee, der Moment, der alles verändert, weil eine Erkenntnis heranreift und gleich mit der Frage ins Leben kommt: Was heißt das jetzt genau für mich? Was sind die nächsten Schritte, die ich dafür tun kann? Mit einem Schlag war vieles klar – ich bin gar nicht falsch. Ich habe nur Ziele verfolgt, die nicht mal ansatzweise mir entsprochen haben. Ich darf meinen Weg unter die Füße nehmen. Und schon war er da, der Katalog der Maßnahmen, die nun direkt angegangen werden können. Zack, neuer Weg.

Da sitze ich dann da, trinke einen Tee und bin von Herzen dankbar für den besten Beruf der Welt.

Hab einen feinen Jupitertag in dieser Woche und einen tollen Start in den Dezember.

 

Maikes Foto ist auch so ein Geschenk – herrlich! Augenferien für alle.

Einfach nur leben

Der Sinn des Lebens ist es, einfach nur zu leben. Es ist so klar und deutlich und so einfach. Und doch rennen alle in großer Panik herum, als ob es notwendig wäre, etwas Außergewöhnliches zu erreichen.

Zen-Weisheit

Sigrid hat im Garten des Benediktushofes Holzkirchen dieses Foto gemacht. Herzlichen Dank dafür!

Theorie und Praxis

Zwischen Theorie und Praxis klafft ab und an eine Lücke. Oft höre ich: „Ach ja, das hab ich schon gelesen, das kenne ich schon, nee, langweilig.“ Aha! Seltsam, weshalb dann das Leben nach wie vor durch alte Glaubenssätze wenig Fahrt aufnimmt. „Ja, das weiß ich, das hatte ich mal in einem Seminar.“ Schön. Schade nur, dass aus dem Hören und Lesen kein Tun wird, denn das ist der entscheidende Faktor.

Einer meiner Lehrer sagte treffend: „Fernab von allen Herausforderungen des Lebens kann jeder meditieren. Entscheidend ist, ob du es auch in der Rushhour des Lebens schaffst“. Und eine Frage begleitet mich auch seit Jahrzehnten: „Du hast es gelesen/gehört. Hast du es auch gemeistert?“

Der Spagat zwischen theoretischem Wissen und praktischem Können ist gewaltig, man überbrückt diese Gap durch Üben. Nicht ab und an, täglich. Wenn uns etwas „in Fleisch und Blut“ übergegangen ist, wir nicht mehr darüber nachdenken müssen, weil wir es uns im wahrsten Sinn des Wortes „einverleibt“ haben, kostet uns etwas keine Energie mehr und wir fangen an, darin gut zu werden. Mit der Zeit. Es braucht Geduld, Ausdauer, Disziplin und das Wissen, dass wir selten über Nacht komplexe Themen beherrschen, sondern alles eine organische Entwicklung hinein in gute Gewohnheiten braucht, um dann die nächsten Schritte zu gehen.

Deshalb prüfe, was du gehört und gelesen hast und was davon bereits fester und sicherer Bestandteil deines Lebens ist. Ansonsten gilt das, was für alle gilt: Übung macht den Meister.

Gutes Gelingen bei allem Tun an diesem letzten Wochenteilungstag im November 2022.

Mein absolutes Lieblingsfoto von Stephanies Wanderung im Herbst durch die Schweiz. Die Farben – (m)ein Traum.

Wege und Umwege

Ob rechts oder links – letztlich bringt dich jeder Weg zum Ziel. Wer weiß, ob der Umweg nicht  genau der richtige Weg für dich ist.

Stephanie hat das Foto gemacht. Herzlichen Dank!

Fernreisen – Innenreisen

Manchmal muss man erst in die Ferne reisen, um die Reise nach innen antreten zu können. Wir suchen Antworten auf Lebensfragen oft im Außen, bis wir lernen, dass sich Antworten erschließen, wenn wir nach innen lauschen.

Was ich erlebe: Menschen, die erschöpft sind, vieles hinterfragen, sich Gedanken über ihre Zukunft und die des Planeten machen. In der Praxis sind Menschen besorgt über das, was kommt, die an Einsamkeit leiden, Freundschaften, die nicht mehr funktionieren. Menschen, die Remote bleiben wollen/sollen, denen der Tratsch an der Kaffeemaschine oder auf dem Flur fehlt. Einsamkeit ohne Ende. Verlassenheitsgefühle. Vieles funktioniert nicht mehr so wie vor Jahren, Wirtschaft trudelt.

Andere begeben sich in die deutsche Endnovemberchallenge: Haus schmücken, Kekse backen, Geschenke einkaufen, verpacken, Weihnachtskarten schreiben. Das lenkt ab. Weihnachtsmärkte sind offen, ein Glück, Abende gerettet.

Das größte Geschenk, das man sich selbst machen kann, ist zu wissen, wer man ist und wie man sich innerlich immer wieder neu einmitten kann, denn weniger Chaos ist nicht zu erwarten. Das bedeutet, einzugestehen, dass man oft nicht mehr kann – was ist schlimm daran, sich Hilfe zu holen?

Einen tatkräftigen Dienstag allen.

 

Mein Lieblingsfoto von Teresa ist aus Ushuaia. Danke für dieses Foto!

Schlehenfreude

Schlehen. Für mich eines der kostbarsten Geschenke der Natur. Im zeitigsten Frühjahr blüht die Schlehe, aus den Blüten wird ein hauchzartes hüllendes Körperöl angesetzt. Sie ist mit die letzte Frucht, die wir ernten im Jahr – zehn Monate lang von der Blüte bis zur Ernte, so lange wie kein anderes Obst im Garten. Die Ernte ist wahrhaftig keine Freude. Schlehdornen sind spitz und geerntet wird nach dem Frost. Wir haben gestern mit klammsten Fingern die Sträucher abgeerntet. Es wurde exakt einmal der Dampfentsafter hochvoll. Sonst haben wir es auf die alte Weise gemacht – über mehrere Tage mit kochendem Wasser/Schlehensaft aufgegossen und ziehen lassen. Das geht mit dem Dampfentsafter großartig, wenn ich gewusst hätte, wie viel Saft dabei herauskommt, hätte ich das früher auch schon so gemacht. Nun freuen wir uns über vier Flaschen Schlehensaft – reine Medizin bei Erschöpfung und für Rekonvaleszenten.

Startet gut in die neue Woche – die erste Adventwoche!

Geschenke

Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen.

Cicero, 106-43 v. Chr.

Stellt euch das vor – Ende November eine herrliche Spinaternte aus dem Garten und die letzten Radieschen.

Vorfreuen!

Habt ihr so einen genialen Adventskalender schon mal gesehen? Ha! Ich hab ihn bekommen. Einfach so. Geschenkt. Beate hat sich hingesetzt und 24 Überraschungen verpackt und vorbeigefahren. Um mir eine Freude zu machen. Leute! Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll. Letzte Woche diese wunderschönen Abschlussbriefe der Cardea-Therapeut:innen und die wunderschöne Korkenzieherhasel (eingepflanzt) und tolle Fotos von Maike aus den Bergen und nun kommt Beate und bringt so eine krasse Überraschung vorbei.

Ich kann nur von ganzem Herzen Danke für eure tollen Überraschungen sagen. Früher habe ich in den Vorträgen immer wieder gesagt: Wem kannst du heute ein Freuerle geben (eine Sache, die einen Menschen richtig freut, unerwartet und vielleicht genau im richtigen Moment)? Und jetzt hab ich 24 Freuerle und werde einen fulminanten Advent haben.

Danke für eure wunderbaren Zeichen der Wertschätzung. Ihr seid Heldinnen und Helden in rauen Zeiten. Danke für euren Support.