Zum dritten Mal soll ich einen Ausschreibungstext für eine Veranstaltung verfassen. Meinem Gesprächspartner ist nicht klar, um was es bei einem Vortrag übers Putzen gehen soll. Er möchte wissen, welche Bildungsinhalte wie mit welchen Techniken vermittelt werden. Jo, das ist schwierig. Wir werden über sichtbaren und unsichtbaren Schmutz reden, über Achtsamkeit und das Hier und Jetzt. Techniken bei einem Vortrag? Einer steht vorne und spricht und andere sitzen da und haben was davon, wäre jetzt meine schlichte Idee. Möglichst ohne sich zu langweilen oder tief frustriert den Raum zu verlassen. Das geht sogar bei einem Thema wie Putzen. Ich bin gespannt, wie das ausgehen wird. Ich vermute, ich werde grimmig von der Referentenliste gestrichen wegen mangelnder Kooperation. Dabei ist das gar nicht so, dass ich nicht kooperieren will, mir fehlt nur eine Einsicht, was genau das Problem ist. Welchen Bildungsauftrag ich mit dem Vortrag verfolge – Menschwerdung? Achtsamkeit? Wahrnehmung? Kann man das im Menschen „bilden“? Ich sehe schon, mein Gesprächspartner hat abgrundtiefe Fragen angestoßen, oh weia. Ein Putzlappeninfoabend unter dem Thema „Welchen Lappen für welchen Dreck, welches Backpulver gegen welchen Fleck“ wäre die Lösung, aber dazu hab ich mich noch nicht durchgerungen. Da fehlt mir der Bildungsauftrag.
Wie gut, dass es da in der Praxis heute ganz anders war bisher. Keine Verständigungsprobleme zwischen Welten, auch wenn wir durch viele Welten bislang gereist sind. Es sind spannende Themen, die Menschen derzeit bewegen, ganz tiefe Fragen des Menschseins. Fast wie bei der Ausschreibung zum Putzvortrag. Wobei mir auffällt, dass eben genau das der Auftrag meines Lebens ist – Menschwerdung. Ob meine eigene oder das Begleiten anderer in diesem Prozess, der bereits im Tempel von Delphi formuliert wurde: „Erkenne dich selbst“, es ist letztlich alles eine Variation des nämlichen Themas. Die Frage erinnert mich an Felix Radicati, der Beethovens Streichquartette Opus 59 für schwer verständlich hielt und vom Meister angeraunzt wurde: „Sie sind auch nicht für Sie, sondern für eine spätere Zeit“. Vielleicht ist meine Zeit für den Putzvortrag einfach noch nicht reif! Oder besser gesagt für einen gelungenen Ausschreibungstext. Kommt Zeit, kommt Text. Allen einen reifen Marstag.
Ich freue mich riesig, dass Katja mir tolle Fotos geschickt habt. Ein wunderschönes zur Katjapremiere heute hier. Tusch!