Vatertag. Früher, vor Pandemiezeiten, ein Anlass, den Leiterwagen rauszukramen und eine Wanderung mit berauschenden Getränken zu machen. Wäre heute auch ein perfekter Plan, das Wetter ist warm. Es geht auch ohne Bierfass und Kumpels, sondern mit der eigenen Familie und Spielsachen für den ersten kurzen Hüpfer in den Badesee bis zu den Knien (je nachdem). Allen Vätern einen erfreulichen Tag.
Und für die Nichtväter: Christi Himmelfahrt ist der eigentliche Feiertag.
Was die letzten Wochen alles erzeugt haben in den Menschen, ich staune. Ich bekomme spannende Angebote, um mein Wissen zu optimieren (Es ist mir bewusst, wie gering es ist, was ich weiß und dass man diese Lücke niemals stopfen kann, weil Erkenntnis permanent weitergeht). Kurseinladungen, um mich optimal zu präsentieren (das hat sich erledigt, wenn mein Sandra-Bullock-Ganzkörperkostüm in meiner Größe lieferbar ist, bis dahin muss es reichen, dass meine Naturhaar-Friseurin Heidi Hanselmann tätig war). Anregungen, wie ich meine Sprache verbessern kann (lustig. Ich habe nach der Journalistenausbildung auch Rundfunk gemacht, hat sich wenig verändert seit damals mit den Übungen). Man hat mir sogar einen Kochkurs angeboten! Holla! Ich überlege seitdem, welcher meiner Schüler unzufrieden mit dem Essen war.
Es kostet mich Zeit, all diese Angebote wegzuklicken. Zeit, in der ich lieber was mit meinem Bücherstapel mache, Geschirr spüle oder nachdenke. Klar will jeder was verkaufen. Vollkommen legitim, mache ich auch. Dennoch fehlt mir oft die Magie der Werbung. Vielleicht ist das der Tatsache geschuldet, dass wir früher jeden Tag neu verhandeln mussten. Nach dem Sandmännchen war damals theoretisch der Tag beendet, wir bettelten stets, „wenigstens noch den Werbefunk“ angucken zu dürfen. Leute meiner Generation können den General mit Bioalkohol, die wilde Frische von Limonen, den Hafer- und Bananenblues, Biff aufsprühen im Tiefschlaf singen. Ich stelle fest: damals war die Welt überschaubarer. Da brauchtest du nur einen Riegel, der verbrauchte Energie sofort zurückbringt. Heute müsste ich mich gefühlt zwischen 45.928 Kaffeemaschinen und etwa 2000 Sorten Kaffee entscheiden. Ich werde es auch an diesem Tag halten wie an allem anderen: In meine Tasse kommt nur Tee. Die Tasse selbst ist 42 Jahre alt. Handgekauft in der Provence beim Schüleraustausch in Frankreich. Mit Sprung, Patina und unerreichtem Charme. Mein Beitrag zu simplify your live.
Genießt eure Schätze, die schlichten Dinge. Sie sie die wahrhaft Großen und brauchen keine Werbung.
Danke an Ursula, die mit sehr genauem Blick die bevorstehende Geburt eines Blattes festgehalten hat.