Benjamin Franklin hat sein Leben lang versucht, die 13 Regeln, die er sich gegeben hat, zu befolgen. Er legte Listen an und hakte ab, was er gut gemacht hatte die Woche über und stellte am Ende des Lebens fest, er habe es nicht geschafft, alles stets im Auge zu behalten und stellte die Frage in den Raum, was für ein Mensch er wohl aber gewesen wäre, hätte er das nicht versucht.
Franklins Regeln finde ich prima. Ich sammle seit Jahren Lebensregeln von Menschen, weil ich spannend finde, auf was interessante Menschen ihren Fokus legen. Erstaunlicherweise stellte ich irgendwann fest, dass die Regeln sich stets ähnelten. Es ging um Freundlichkeit, Höflichkeit, Anstand, Respekt, Werte allgemein und ihre Befolgung trainierte einen Muskel, der nicht sehr beliebt ist: den der Selbsterziehung, des Willens. Wir könnten auch das schlimme Wort Disziplin nehmen, das in unserem Sprachgebrauch so einen schlechten Ruf hat.
Es gibt wohl keinen erfolgreichen Menschen, der nicht diszipliniert gewesen wäre. Ein Genie, das mit seiner Fähigkeit schludrig umgeht, mag genial sein, doch ein guter Handwerker, der jahrelang übt, wird das Genie letztlich überholen, denn vieles im Leben ist Kunst durch Übung. Nur genial sein, nur eine Vision haben reicht nicht. Es braucht einen langen Atem, Durchhaltevermögen und Vertrauen in das Üben, wenn etwas gut werden soll. Kein Instrument erlernt sich schnell, kein Mensch wird Meister in seinem Beruf, wenn er nicht jahrelang trainiert, auch Kunst ist in weiten Teilen perfektes Handwerk.
Wenn ich mit Menschen arbeite, ist das Thema Disziplin häufiger Diskussionspunkt, wobei es da aus meiner Sicht wenig zu diskutieren gibt. Entweder gelingt es mir, mich diszipliniert zu verhalten (was nicht heißt, dass ich immer und überall, in allem und jedem diszipliniert sein muss oder gar sollte!), wenn ich bestimmte Ziele erreichen will, oder es gelingt mir nicht. Dann verbleibe ich im Status der „Opferitis humana“, wie Veit Lindau das treffend formuliert hat. Das ist in Ordnung. Nur berechtigt es mich dann nicht, mich zu beklagen.
Wenn man Anschubhilfe braucht oder ein bisschen Starttraining für Disziplin, finde ich das prima, wenn man den Mut hat, danach zu fragen. Total in Ordnung. Manchmal sehen wir den Wald vor lauter Bäumen nicht. Aber es gilt auch bei der Disziplin wie immer: Auch die längste Reise beginnt mit dem ersten Schritt.
Danke an Ursula für das Stufenfoto. Schritt für Schritt geht es voran. Und manchmal drei Schritte vor und vier wieder zurück, weil das Leben eben das Leben ist. Aber wie sagt Jwala Gamper so schön: wir sind Meister, die üben. In diesem Sinne allen einen feinen Jupitertag.