Der Wind heult ein wenig ums Haus herum und zerrt an losen Blättern. So langsam tauchen die Nachbarn auf der gegenüberliegenden Siedlungsseite wieder auf. Ein halbes Jahr sehe ich sie, ein halbes Jahr höre ich sie.
„Jeder ist für alles vor allen verantwortlich“ – über Dostojewskis Satz bin ich vorgestern gestolpert und er hat mich überrascht. Er erinnerte mich sehr an den Lieblingssatz eines meiner Lehrer. „Wahrnehmung verpflichtet“. Sinngemäß bedeuten beide Sätze eine klare Aufforderung. Wenn wir sehen, dass etwas ansteht, was zu tun ist, zu ändern wäre, einer Handlung bedarf, haben wir den Auftrag, das auch zu machen und nicht zu denken „ich tu so, als ob ichs nicht gesehen hätte, solls doch wer anderes machen, ich bin nicht der Depp vom Dienst“. Erinnert mich sehr an die Aussage zum Weltklima: „Was soll ich als Einzelner denn machen?“ Das, was alle anderen rund 9 Milliarden Menschen ebenfalls machen können: achtsam mit allem umgehen und sich für den gesamten Planeten mitverantwortlich fühlen.
Studien belegen, dass Schüler, die ihre Schule selbst pflegen dürfen, weniger Vandalismus betreiben, sondern mit dem Mobiliar und dem Gebäude sorgsamer umgehen. Warum? Weil der Fuchs aus dem kleinen Prinzen wahre Worte sagte, als er meinte: „Man ist zeitlebens für das verantwortlich, was man sich vertraut gemacht hat“. Auch hier haben wir das Wort „Verantwortung“. Ich antworte auf eine Herausforderung, die mir das Leben stellt und gebe mein Bestes. Ich sehe, dass etwas not-wendig ist, dann mache ich eben das, was die Not wendet.
Ich warte nicht, bis ich einen Auftrag bekomme, ich übersehe es nicht, weil ich grad keinen Bock darauf habe oder keine Zeit (ist = keine Lust). Ich mache es einfach. Und ja, vielleicht bin ich dann der Depp vom Dienst, weils sonst keiner macht. Ich mache es, weil ICH es für richtig und wichtig empfinde, nicht, damit mich jemand lobt oder mag. Verknüpfungen der Marke „wenn ich das mache, mögen mich die anderen“ funktionieren in der realen Welt nie. Sie halten aber jede Menge Glaubenssätze am Laufen, die selbstwertferne Menschen mantrisch wiederholen und damit ihr persönliches Leid einfräsen.
Also – wenn ihr seht, dass was zu tun ist, wäre die Challenge, das einfach mal zu machen. Einfach so. Ohne jammern, ohne klagen, ohne darüber eine dreiseitige Pressemitteilung über eure Heldentat zu verfassen. Heb einfach den Müll auf. Häng ne frische Klorolle hin. Spül die Tasse, bevor der Kaffeerand nie mehr rausgeht. Trag der Oma den Wasserkasten hoch. Halt die Hand, wenns gebraucht wird. Fackel nicht rum, mach es einfach. Flagge zeigen kann bedeuten, sich der Verantwortung des Tages zu stellen. Egal, wie sie aussieht. Einer für alle, alle für einen. Dann läuft der Laden.
Allen einen tatkräftigen Jupitertag.
Dank an Sigrid für das feine Wasserfoto!