Vieles geht gut aus, selbst wenn wir das vielleicht zwischendurch nicht glauben. Wer mit so einem Spruch aufwächst wie die Kölner Weisheit „et hätt noch immer jut jejange“ hat eine Stressimpfung fürs Leben mitbekommen. Wir finden das auch in den Märchen, die oft enden mit „und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute“. Wie herrlich, wenn Kinder viele hundert Mal diesen Satz hören und er sich wie ein Samenkorn ins Herz legen darf. Wie anders leben wir, wenn wir wissen – es wird gut. Ich kann tun, was in meiner Macht steht und ich darf dann auch, wenn es klemmt, um Hilfe bitten, irgendwo ist immer jemand, der eine Antwort auf die Frage weiß, die Schwarmintelligenz ist riesig.
Alle Menschen, die mir gestern in der Praxis begegnet sind, benannten Angst als Problem. Spezielle Ängste, aber auch eine generelle Angst, dass es die Menschheit nicht schafft, die Probleme der Zeit zu lösen. Diese Angst hat ein sehr junger Mensch formuliert, der die Klimafragen wach erlebt, der sieht, dass vieles langsam geht und auf den ersten Blick nicht lösbar erscheint. Er will sein Bestes geben, doch die Angst vor der Zukunft macht ihm manchmal massiv zu schaffen. Da habe ich an diesen Satz aus Köln gedacht und mir gewünscht, dass wir begreifen, was Yves Bertrand in seinem Film „Home Project“ sagte: „Es ist zu spät, um Pessimist zu sein.“
Jeder Mensch hat Selbstwirksamkeit, er kann im richtigen Sinne handeln. Es sind die Menschen in reichen Ländern, die ihr Verhalten werden verändern müssen. Menschen in armen Ländern müssen das Recht haben, ihren Boden für ihre eigene Ernährung zu nutzen, sauberes Trinkwasser zu haben und nicht den Müll aus anderen Ländern verbrennen zu müssen. Machen wir uns diese Dinge bewusst, bevor wir in den nächsten Wochen gigantische Müllberge produzieren. Der beste Black Friday wäre der, an dem gar nichts verkauft würde, sondern alle sammeln Müll oder engagieren sich in Altenheimen, bei behinderten Menschen und ähnlichem und schenken 24 Stunden Zeit und damit Würde. Tausende Stellen in der Pflege sind nicht besetzt, Erzieherinnen sind im Burnout, Lehrer kommen an die Schulkinder nicht mehr heran. Wir haben so viele Dinge zu tun! Machen wir uns bewusst, dass wir just in dem Moment, in dem wir etwas in die richtige Richtung tun, ins Handeln kommen, genau dann die Angst beerdigen. Denn wenn wir etwas tun, in Resonanz mit anderen treten, die sich darüber freuen, schwingt die Freude in unser Herz zurück. Bei uns gibt es Tausende von alten, kranken, behinderten, ausgegrenzten, einsamen Menschen. Teilweise schaffen wir diese Einsamkeiten selbst durch Trennung statt Beziehungsarbeit (Trennungen sind absolut okay und die einzige Tür aus manchen Beziehungen, aber oft scheitert Beziehung auch an reinen Egoismen), durch Egozentrik statt Wir. Machen wir die Tore weit und begegnen wir uns wieder, von Gesicht zu Gesicht (die Grafik in der Realität ist krass besser als der Minibildschirm des Handys), von Herz zu Herz. Begegnung wärmt, Angenommensein schützt, Liebe heilt.
Allen einen feinen Jupitertag.
Dieses Foto mit den traumhaften Herbstfarben hat Steffi gemacht, Danke!