Eigentlich wollte ich mich heute darüber aufhauen, dass die Menschen ihr Altglas neuerdings – genauer: seit die Stadt den Mülleimer daneben abgebaut hat, weil immer Berge anderer Müll drin landeten – MIT Deckel in den Container werfen. Schon überlegt, welcher Irrsinn das ist, das Metall da einzeln wieder rauszupfriemeln?
Dann kam mir der Eichendorff unter und ich dachte mir – wenn wir alle so ein Gefühl dieser Mondnacht im Herzen tragen, kämen wir gar nicht auf die Idee, die Umwelt in irgendeiner Form zu verschandeln.
Dieser Text ist so wunderbar, so zart, so sacht. Er zeigt etwas, worüber Novalis schrieb: „Wohin gehen wir? Immer nach Hause“. Unsere Seele kann überall sein, sich unglaublich weiten und dann doch wieder zu dem Punkt zurückkehren, den sie ihr Zuhause nennt, unseren Körper. Darin ist die Seele für die Zeit unseres Erdendaseins eingebunden.
Morgens um 6 Uhr bin ich in diesen Tagen im Garten. Ab halb acht stechen die Kriebelmücken gnadenlos und nichts geht mehr. Da hier Ferienzeit ist, ist es noch recht still und die Luft frisch. Ich sehe die Pflanzen, die jetzt verblüht sind und vor einigen Wochen für einen atemberaubenden Blütenflor gesorgt haben. Die Kräuter sind müde. Ab und an ploppt ein fallender Apfel aufs verbrannte Gras. Die Zwetschgen färben sich gemächlich, die zweite Erntephase Holunder naht. Jetzt kommen die Astern nach oben, die im Herbst den Garten in diese unglaubliche Violettvielfalt tauchen. Die Schlehen sind voll, der Feuerdorn biegt sich unter den Beeren, bald werden sie leuchtend orange den Herbst einläuten. Die Lampionblumen erobern den Garten.
Na klar sehe ich den Berg Arbeit, der da noch vor mir liegt und den, den ich schon geschafft habe. Das ist nicht der entscheidende Moment. Sondern der, wenn ich abends gieße und die Sonne geht unter. Der Himmel glüht auf. Eine Stunde vorher ist die Heidingsfelder Krähenkolonie nach Hause geflogen und hat sich überm Haus über die Tageserlebnisse ausgetauscht. Es ist früher dunkel jetzt, morgens brauche ich Licht beim Aufstehen. Ich genieße den herrlichen Himmel. Die Wolken, die gestern bleigrau am Himmel hingen und irgendwo über glücklicheren Landen abgeregnet sind.
Das Gebuddel und die Stacheln, das sich heftig wehrende Unkraut und das Zurückschneiden, der Geruch des Bodens und die Erkenntnis, dass im Garten der Herbst massiv Einzug gehalten hat, lange, bevor uns das bewusst wird. Bei einer kurzen Fahrt gestern bemerkte ich die Verfärbung der Bäume in den Wäldern, die müde sind von Hitze und Trockenheit. Ein lieber Freund schreibt, dass er 13 Kilo Kornelkirschen eingemacht hat und es bei ihm in Berlin herbstelt im Garten. Noch sind die Tage heiß, doch ist die Luft nun eine andere. Tagsüber nicht, aber in der Nacht merken wir, dass es draußen anders webt und spinnt. Nicht mehr lange, und wir erwachen und finden überall taufeuchte Spinnennetze. Einige der Herrschaften haben sich schon ins Küchenwaschbecken verlaufen und mussten gerettet werden (nicht von mir als bekennender Arachnophobiker).
Während mir diese Veränderungen in der Natur bewusst werden, vollziehen sich in anderen Teilen unseres Lebens massive Veränderungen, die im Herbst tragen werden. Alles ist in stetigem Wandel. Wenn wir uns dem bewusst aussetzen, müssen wir nicht so viele Ängste haben. Nichts bleibt, wie es ist. Niemand bleibt, wer er ist. Das ist eine Chance und manchmal etwas, das verabschiedet und losgelassen werden möchte.
Allen einen Tag voller Wahrnehmungsfreude an den Veränderungen im Außen und dem Bewusstwerden, dass auch wir im Inneren sterben und auferstehen mit jedem Tag. An Neumondtagen kann man gut mit Neuem beginnen. Womit möchtest du starten?
Steffi nimmt uns auf dem Foto mit in den Wald. DANKE.