Erkenntnis, Wille, Gemüt, Vernunft, Sinn – das verbindet Hildegard von Bingen im 12. Jahrhundert mit der menschlichen Seele. Das liest sich fast die die Gebrauchsanweisung zur Salutogenese unserer Zeit, die auf Verständnis (das wären Erkenntnis und vielleicht Vernunft), Machbarkeit und Sinn basiert. Wir erfinden das Rad nicht mehr neu. Manchmal wünsche ich mir, dass wir das längst vorhandene Wissen dieser Welt nutzen, um uns gut aufzustellen für unser Leben.
Es gab so viel Austausch und Input am Wochenende zu den Herausforderungen dieser Zeit und die Erkenntnis, dass wir sehr viel Wissen haben, um damit hervorragend umzugehen und dass aus Egozentrik ein Wir-Gedanke entstehen darf. Wir sind so beschäftigt mit unseren eigenen Themen, dass wir oft den Blick für das Gesamte verlieren und uns für den Nabel der Welt halten. Andere Menschen fallen in tiefe Selbstzweifel, sie stellen sich permanent in Frage und sind sich selbst der härteste Kritiker. Wieder andere feiern den Abgesang des Planeten und sagen sich – ist doch eh alles wurscht.
Schön, wenn wir uns in sehr absehbarer Zukunft in einer Mitte treffen, die einen Sinn in ihrem Dasein sieht, versteht, dass all das notwendig sein könnte, um wach zu werden für die Herausforderungen, um uns die Bandbreite der Aufgaben vor Augen zu führen und dass wir in ein gutes Tun kommen, keinen blinden Aktionismus.
Auswüchse aller Art sehen wir seit Monaten allenthalben. Es wäre gut, wenn wir unsere Lieblingsbeschäftigung, das Jammern, zurückstellen zugunsten des Denkens und Handelns. Zweifel machen oft Sinn, denn sie weisen uns auf negative Folgen und Konsequenzen hin und stellen sicher, dass wir auch die Kompetenzen haben für das, was wir tun – dann ist Zweifel konstruktiv. Selbstzerfleischung ist das nicht. Angst vor der Zukunft macht keinen Sinn, denn keiner kennt sie, also können wir alle was dafür tun, sie mitzugestalten und positiv werden zu lassen (und sich übrigens auch aus der Zukunft beraten zu lassen, denn das geht wunderbar, sie ist greifbar und wir können uns lehren lassen von ihr) und Egozentrik ist von vorvorgestern. Gesunde Selbstfürsorge tut Not, aber die ist nicht Nabelschau und Mittelpunktgedöns Marke „nur wenn es mir absolut gut geht, hab ich das, was ich brauche“.
Ich bin Fan der „Be water, my friend“-These von Bruce Lee (die bereits im Tao te King zu finden ist), und Bäume sind ebenso gute Lehrer wie Wasser und alles andere in der Natur. Lassen wir uns von denen lehren, die wissen, wie man überlebt, oder? Und die übrigens so in Gemeinschaften zusammenleben, dass es für alle reicht und im Gleichgewicht ist – solange keine Menschen hineinpfuschen.
Einen beweglichen und bewegenden Merkurtag allen!
Ihr glaubt gar nicht, was für ein Gefühl das war, an diesem frostigen Morgen in Oy so einen Ausblick zu haben. Das Bild fängt nur ansatzweise die Größe der Landschaft ab. Es war eine Begegnung mit einem Genius loci der speziellen Art und sehr, sehr lehrreich und demütig.