Freitags-Nachdenk-Input

Angst ist eines der Topthemen in der Praxis. Menschen haben viele Ängste, sie lassen sich schnell verunsichern, trauen sich wenig zu. Viel Angst haben wir offenbar davor, Verantwortung zu übernehmen. Lieber rückversichern wir uns zehnmal bei irgendwem als eine Entscheidung zu treffen, aus Sorge, sie könnte falsch sei. Ja, kann sie. Oder auch nicht. Wer weiß es vorher schon? Eine Entscheidung erst treffen, weil ich hundertprozentig sicher bin, heißt, niemals eine Entscheidung zu treffen.

Ich kann nur vom momentanen Wissensstand aus entscheiden. Drei Wochen später ist jeder schlauer, nur nutzt das nix, wenn heute was entschieden werden muss. Setzen wir voraus, dass wir uns nach bestem Wissen und Gewissen über alle Alternativen informiert und eine Entscheidung getroffen haben, können im Nachhinein als falsch bewertete Entscheide durchaus sehr erfolgreich sein.

Die meisten Menschen benennen Stunden der Niederlagen, des Scheiterns, der Enttäuschung als die wichtigsten Lernlektionen. Wäre James Joyce nicht verstorben, wer weiß, ob Samuel Beckett geschrieben hätte, wie er es getan hat. Manchmal müssen wir Menschen wie zu unserem Glück gezwungen werden.

Mir gefällt ausgezeichnet der Satz: Keiner traute sich das. Dann kam einer, der wusste nicht, dass es nicht ging und machte es einfach. Ich glaube, mit dieser Haltung können wir gewaltige Berge versetzen. Halten wir es einfach mal für möglich. Also – mal bitte etwas weniger Angst, mehr Mut und mehr Freude am Scheitern. Wir können in jeden Fall nur lernen und bemerken – auch im Scheitern gibt es eine hilfreiche Hand, die sich mir entgegenstreckt.

Allen einen erfreulichen Freitag.

 

Danke an Theresa für das Foto aus Santiago di Compostela.

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