Wenn morgens der erste Blick Richtung Decke geht und man blickt in ein meterhohes Kreuzgewölbe, ist das schon gigantisch. Wird einem dann bewusst, dass man dort übernachtet, wo Jahrhunderte Mönche gelebt haben, wo man am Vorabend bei einer Aufstellung mitbeteiligt war, die tiefgreifend für alle war und man mit Menschen in einer Klausurtagung sitzt, bei der es mehr geht als zur Gestaltung eines Festes, ist der Ort Kloster gut gewählt. Nicht nur besaßen die Mönche und Nonnen des Mittelalters ein unglaublich gutes Gespür für Kraftorte, sondern Klöster sind Stätten des Glaubens und des Gebets. Geht man als moderner Mensch an einen solchen Ort, wird bei genügend Aufmerksamkeit sehr wohl spürbar, wie viel an guten Gedanken (nicht nur natürlich, aber eben auch) diese Orte aufgesogen haben. So, dass sie auch Jahrhunderte später in der Lage sind, Kraft zu spenden, auch wenn wir heutigen Menschen vieles anders sehen als die mittelalterlichen Menschen.
Manchmal geschehen bei Aufstellungen Dinge, die weit jenseits der eigentlichen Fragestellung stehen. Und wenn ich sonst immer selbst die Aufstellungen leite und mit einem Mal in der Situation war, selbst innerhalb einer Aufstellung zu stehen, haut es mich noch immer von den Socken, was in den jeweiligen Stellvertreterpositionen zu erleben und zu erfahren ist. Deshalb wurde ich an diesem Vorabend, an dem der Rest der Welt Halloween feierte, plötzlich ganz bewusster Besucher der Zwischenwelten zwischen Himmel und Erde auf eine ganz andere Art und Weise als die Kinder, die Süßigkeiten suchend von Haus zu Haus gehen. Erwacht man dann in den Allerheiligentag, bekommt der Tag Würde, Ernst und ein ganz neues Verständnis.
So gehe ich jetzt in ein Wochenende, an dem wir nicht nur mit den Heilpraktikern Kurstag haben, sondern auch der neue Kurs in Gesprächstherapie startet. Und ich freue mich, denn nicht nur für die Akademie Vaihingen, bei deren Klausurtagung wir jetzt zwei Tage zu Gast sein durften, ist in diesen Stunden viel entwickelt worden, sondern für uns beide wurden so viele Dinge mit einem Schlag klarer. Wenn Klarheit herrscht, kann man seinen Weg besser sehen. Und sieht man seinen Weg, entfallen manche Nebenwege, die man sonst im Nebel genommen hätte.
Insofern ein höchst bemerkenswertes Halloween und ein ganz tief begriffenes Allerheiligen.
Allen einen guten Neustart in diesen Freitag.
Foto: Aufwachen im Kloster Schöntal mit Blick zur gigantischen Decke. Unglaublich.