Marie von Ebner-Eschenbachs Aussage, dass auch der kleinste Hügel die Aussicht auf einen Chimborazo verdecken kann, hat was. Der Chimborazo ist ein erloschener Vulkan in Ecuador. Er ist deshalb berühmt, weil er durch seine Äquatornähe und der Höhe von 6263 Metern der Punkt auf der Erdberfläche ist, der am weitesten vom Mittelpunkt der Erde entfernt ist. Das nutzt einem Chimborazo allerdings wenig, wenn man seine Höhe bewundern mag und die Aussicht ist verdeckt – von was auch immer.
Ich mag das Zitat aus einem Grund, den Marie von Ebner-Eschenbach vermutlich nicht gemeint hat. Wenn wir uns ein großes Projekt vornehmen, gewaltig, gewagt, eine extreme Dehnung der Komfortzone, ist das wie ein Chimborazo. Gehen wir los, sind wir motiviert. Unterwegs ereilt uns das Leben – hier kommt was dazwischen, da ein Knüppel zwischen den Beinen, dort stellt sich raus, dass wir einen mächtigen Umweg gehen müssen und irgendwie verlieren wir unterwegs nach dem Verlust des Honeymoonfeelings (yeah! Ich geh für meine Ziele!) den Chimborazo, den wir besteigen wollen, aus den Augen, weil die Widerstände sich zu einem Hügel aufgehäuft haben, hinter den wir nicht mehr schauen können. Auf deutsch: Wir geben manchmal ohne es zu wissen kurz vor dem Ziel auf. Vielleicht wäre es noch eine Biegung, noch eine Anstrengung, doch wir geben auf und merken es nicht, wie knapp das war.
Deshalb Einladung an dich: Wo verfolgst du ein echt großes Ziel, das schwer zu erreichen ist? Wo hängt dir die Zunge meterlang raus und du bist schon fix und alle, kein Ziel mehr in Sicht, weil alles hinter Nebelwänden hängt und die Hoffnung auch schon gegangen ist? Stell dir vor, es sind nur noch wenige Meter im Nebelmeer und du siehst das Gipfelkreuz oder in dem Fall den Vulkankrater! Du hast es geschafft! Mache in so einer Phase langsam und setze achtsam weiter einen kleinen machbaren Schritt vor den nächsten. So magst du vielleicht nur langsam vorankommen, aber sicher und garantiert. Und jenseits der Nebelberge wartet die Sonne auf dich. Nur Briefe gibst du ab sofort noch auf im Leben, okay?
Und falls du vorhast, durchzustarten nach dem Durchschnauf des Sommers: www.seelengarten-krokauer.de/nautilus/
Allen einen liebevollen Freitag.
Für die, die Pause brauchen wenigstens optisch – Theresa war am Strand und hat ein Bild mitgebracht. Dankeschön!