„Glückliches Würzburg“

 

„Glückliches Würzburg“, befand Gottfried von Viterbo im 12. Jahrhundert. Er kannte die Residenz noch nicht, sie wurde erst zwischen 1720 und 1744 erbaut unter der Regie von Balthasar Neumann, der Innenausbau war dann 1781 fertiggestellt, das Treppenfresko von Tiepolo ist berühmt. Viele Menschen heiraten in der Hofkirche und lassen dann ihre Hochzeitsfotos im Residenzgarten machen. Der ist zu jeder Jahreszeit schön, denn die Gärtner geben sich wie auch fast überall in der Stadt wirklich Mühe.

Das mit dem trefflichen Volk sehen Zugezogene vielleicht nicht sofort so. Es dauert, bis die Unterfranken auftauen. Als ich 1984 nach Würzburg zog, gab es klare Gebiete, in die man zieht und solche, die man meidet. Nach sechs Umzügen seit 1984 haben wir in einigen Ecken der Stadt gewohnt und in jeder freundliche Menschen kennen gelernt. Es ist die Geburtsstadt unserer Kinder, wir haben quasi unser ganzes Erwachsenenleben bisher dort verbracht. Wir haben uns nie gefragt, ob das jetzt eine schöne Stadt ist oder nicht, es gab wenige Ansätze, den Lebensmittelpunkt woanders hinzuverlegen. Wir mögen es hier, zumal wir am Rand wie auf dem Land wohnen und die Stadt nur bei wenigen Besuchen im Jahr erleben.

Wir machen manchmal wie Ferien in der Stadt – wir fahren mit der Touristenbahn, gehen mit dem Nachtwächter eine Runde und lernen Ecken kennen, die wir nie angeschaut hätten, erleben Führungen in der Residenz und der Festung. Wenn wir unterwegs waren und von der Autobahn aus Festung oder Käppele sehen, fühlt sich das heimisch an. Die alte Mainbrücke ist mein Favorit, wenn sie im Nebel liegt, es dunkel und feucht ist und niemand dort geht – dann erinnert sie mich an die Karlsbrücke von Prag. Tagsüber ist sie ein Menschenmagnet mit ihrem Weinangebot, das ist nicht meins. Ich mag die Stadt, wenn die Nebel über dem Main liegen und der Fluss daran erinnert, dass Wasseradern Verkehrswege waren und freue mich an alten Fotos.

Kindheitserinnerungen, wenn wir nach Würzburg kamen, das war für mich die größte Stadt der Welt damals, mit Straßenbahnen, mit Höllenlärm und der Löwenbrücke, vor der wir Angst hatten, denn mein Vater sagte immer kurz zuvor: „Wenn wir über die Löwenbrücke fahren und jemand hat gelogen, dann fressen einen die Löwen“. Vermutlich waren wir alle im Auto froh, dass wir es überlebt haben und stürzten uns auf die Brandstätterhörnchen oder staunten über die Wasserspiele im Neubert, wo wir stundenlang Musik und Lichter beobachteten. Ich bin gespannt, was für Erinnerungen die nächsten Jahre vielleicht dazukommen. Wer weiß, wie die Welt sich wandelt.

Allen einen schönen Freitag in eurer Heimatstadt, wo immer ihr seid. Was ist für euch das Schönste in eurer Stadt?

 

Danke an Annemarie für das Foto!

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