Hoffnungsstur – das war euer nächstes Wunschwort. Da muss man erst mal drauf kommen.
Ich habe echt nachgedacht, das Wort nach hinten geschoben. Dann kam der gestrige Montag. Ein Zahnarzttermin zur Kontrolle stand für meinen Bruder mit special handicaps an. Die Nacht zuvor: er schläft nicht vor Aufregung. Wir schrubben fein die Zähne, waschen ihn wie üblich, er beruhigt sich. Ich ziehe ihn an wie für eine Polarexpedition, er friert fix und wir wissen nicht, wo und wie wir auf Transport warten müssen. Fleecehose. Stiefel. Rollstuhlsack. Den Rollstuhl bauen wir bis aufs Fahrgestell runter, Motor ab, Fußstützen ab, der Aufzug beim Zahnarzt ist schmal. Der Fahrer ist pünktlich. Wir kommen gut durch den Morgenverkehr, der Rolli passt mit dem Fußsack eben in den Lift.
Beim Zahnarzt ist es voll. Meine Sorge, dass der Fahrer sagt, er muss weiter, steigt. Stephans Helferin kommt, strahlt und sagt „Junger Mann, Sie kommen mal sofort mit mir mit, ich hol den Doc, Sie können warten, er ist in drei Minuten abfahrbereit“, sagts, geht voran und ich denke nur „was für ein Lichtblick“. 50 Minuten später sitzt der junge Mann zahnkontrolliert und stolzer Besitzer von Probetuben glücklich daheim mit einem Tee vor seinen Puzzles und beruhigt sich froh.
Da kam es mir. Ich bin sowas von hoffnungsstur! Ich gebe nicht auf. Egal, wie gruselig es sein mag, wie lang ich mit irgendwem aus der Familie stundenlang auf Krankenhausfluren, vor OP-Räumen, Therapien oder sonstwas warten muss. Egal, was meine Klient:innen an Themen mitbringen und wie oft ich denke „Wie schaffst du nur den Tag, du Held:in, mit diesen Herausforderungen, wo kann ich dich dabei unterstützen?“ – ich bleib dran, ich geb nicht auf. Egal, wie oft mich irgendein Amt schockt mit Schreiben, bis wann ich was einreichen muss, sonst … Egal, ob ich denke, ich schaff das nicht – irgendwas in mir sagt: „Jo, wird auch heute Abend werden. Nimm dich nicht so wichtig, spar dir Gejammer, schau, was du als erstes Kleines machen kannst, der Rest wird schon.“ Ich glaube, ich weiß, was hoffnungsstur ist. Wobei mich dabei das „stur“ noch stört, „hoffnungsbeharrlich“ klingt halt noch so griffig.
Allen einen Tag voller Hoffnung, Freude und Lichtblicken.
Ursula hat dieses Schild entdeckt! DANKE dir!