Staunen – kleine Kinder, die die Welt entdecken, machen das den ganzen Tag. Alles ist neu und großartig. Erwachsene staunen selten. Sie haben alles schon x Mal gesehen, doch stimmt das auch? Betrachten wir nicht alles irgendwann als „selbstverständlich“ und „kenn ich schon“, ohne zu bemerken, dass nie etwas bleibt, wie es ist? Der Mensch, mit dem wir leben – ist er wie ein Möbelstück, es gibt die Person, sie ist da, wir meinen zu wissen, wer und wie diese Person ist und bemerken nicht, dass sie sich jede Sekunde verändert. Wir erwachen eines Tages wie aus einem Traum und stellen fest, dass wir diese Person vielleicht gar nicht (mehr) kennen.
In meiner täglichen Arbeit mit Menschen erlebe ich viele dieser Aufwachmomente, die oft mit sehr schmerzhaften Erfahrungen verbunden sind und die Frage lautet stets: Wie konnte sich xy so verändern? Ganz einfach. Step by step. So, wie sich alles ständig ändert, auch wir selbst. Betrachten wir die Menschen unseres Umfelds als „so sind sie eben“, werden wir ihnen keine Sekunde gerecht. Wir machen aus ihnen Dinge, die 50 Jahre im Eck stehen und sich vermeintlich nicht verändern, wir behaupten zu wissen, wie jemand „tickt“. Wir wissen es nie.
So, wie Kinder den ganzen Tag staunen, dürfen wir auch staunen über alles, was uns begegnet. Die Menschen, mit denen wir in Kontakt sind – welcher Person dürfen wir heute begegnen? Was ist uns noch nie an jemandem aufgefallen, was ist neu heute? Wo sind wir überrascht, weil wir ewig nicht mehr genau gelauscht haben, was jemand sagt und inzwischen ist dieser Mensch ganz anders unterwegs als vor Monaten – wir merken es einfach nicht.
Alles, was lebt, ist permanent im Wandel, verändert sich. Dauernd. Unbemerkt, manchmal sichtbar, wenn Kinder wachsen, Haare weiß werden, Falten tief und Hände müde. Bemerken wir es achtsam bei uns und anderen? Lauschen wir, was jemand sagt und wie die Person das tut? Erkennen wir hinter freundlichen Worten Einsamkeit, Not, Verlassensein? Spüren wir Freude im Kontakt mit anderen?
Hüten wir das Staunen. Hüten wir unsere Fähigkeit des Wunderns über alles, was uns begegnet. Und halten wir es stets für möglich, dass wir den ganzen Tag von Wundern umgeben sind, ohne es zu wissen. DU bist ein Wunder, denn du lebst und atmest, kannst diese Zeilen lesen und darfst wählen, ob das heute ein für dich wunder-barer Tag werden kann oder ob du in einer dunklen Ecke sein magst voll Bitterkeit, Wut, Zorn, Trauer und fern von Wundern.
Hab einen schönen Freitag.