Am Wochenende gab es eine heftige Diskussion. Im Raum stand diese Behauptung: „Menschen wollen nur noch Mittelmaß. Die denken nicht mehr, wollen einfache Sachen, die sie verstehen und basta. Also greifen wir sie einfach da ab. Keine tiefen Infos, keine Grabearbeit in der Seele, Wellness ist dran, für mehr haben sie keine Lust.“ Ich hätte nicht gedacht, dass ich in Sekundenbruchteilen von „ruhig und friedlich“ auf „brandgefählicher Ausraster in Sicht“ komme. Vielleicht, weil diese Aussage wirklich oft zutrifft, ich das jedoch nicht wahrhaben mag.
Ich bin in vielem für einen gesunden, stabilen Mittelweg zwischen Extremen. Was ich nicht mag, ist das Stillstehen bei Erreichen einer Mittelmäßigkeit. Ich schätze es, wenn sich Menschen in Themen tief hineinfuchsen, es zur Meisterschaft in ihrem Fach bringen. Eine handwerklich großartige Arbeit begeistert mich ebenso wie das Können eines Musikers, der die Seele eines Stücks lebendig werden lässt oder Kochkunst, wenn das Gericht nicht nur schmeckt, sondern auch dem Auge Freude bereitet. Ich liebe es, wenn Menschen in dem aufgehen, was sie tun und darin immer besser werden. Exzellenz wurde das einst genannt, Kunstfertigkeit oder Meisterschaft.
Dahinter stecken Arbeit, Ausdauer und viel Liebe, Leidenschaft und Leidensfähigkeit, denn es bedeutet oft mehr Lernen, mehr Aushalten von Frustrationen, weil es dauert, bis etwas leicht ausschaut.
Ich glaube, dass in Therapie und Coaching Meisterschaft durchaus im wahrsten Sinn des Wortes not-wendig ist. Diese erreicht man durch Lernen, Lernen, Lernen, Beobachten und Üben. Menschen wahrhaft begleiten gelingt in meiner Wahrnehmung nicht durch Mittelmaß. Wellness ist total okay – es hat für mich aber mit Therapie und Coaching nichts zu tun. Das darf auch schön, leicht, lässig, anregend und lebendig sein, keine Frage. Aber auf anderem geistigen Boden als seicht.
Klares Ja zu Meisterschaft/Exzellenz/Qualität. Auf der Basis von Humor, profunder Sachkenntnis, klarem Verstandestraining (einst Denken genannt), Erfahrung, Mut, Freundlichkeit und stets weiter ausgebautem Wissen (was irgendwann vielleicht Weisheit werden darf) und der Erkenntnis, dass wir getragen werden von etwas, das größer ist als wir selbst und so auch Gnade immer wieder eine Rolle spielt, entsteht gute Arbeit. Sie hat mit Handwerk zu tun (auch Management kommt von manus agere!), mit Üben und irgendwann mit immer sicherer werdendem Können. Nein, mit Mittelmaß mag ich nicht zufrieden sein müssen. Egal, ob das alle anderen anders sehen, ich biete kein seichtes Wellnessprogramm.
Allen einen frohen Start in die (bei uns in Bayern) um einen Tag kürzere Woche nach Pfingsten.
Welche wasserfreundliche Fee hat diesen Mantel um die Pflanze gezaubert? Stephanie hat ihn entdeckt. Danke für dein Bild.