Geduld – eine Tugend, die auf der Liste der aussterbenden Arten zu stehen scheint. Wir sind sehr ungeduldig. Alles muss schnell gehen. Am liebsten würden wir drei Tage nach dem Säen schon eine Blütenwiese sehen oder gleich eine wie einen Rollrasen auslegen. Damit nehmen wir uns viel im Leben, weil wir uns der Vorfreude berauben. Der Aufregung, ob etwas auch gelingen wird.
Letztes Jahr haben viele Menschen angefangen, ihr Brot selbst wieder zu backen und vermutlich bald bemerkt, dass das Geheimnis eines guten Brotes nicht in den Zutaten liegt, die schlicht sind, sondern im Zeitfaktor und in der mit eingebackenen Liebe. Schnell verliert sich die Lust an solchen Experimenten, weil sie uns modernen Menschen „zu lange dauern“.
Die gesamte Natur ist ein Lehrstück in Geduld. Bis aus einer Samen- und einer Eizelle lebensfähige Wesen werden, braucht es je nach Art sehr lange. Bei uns Menschen ein Dreivierteljahr und das ist auch notwendig, um sich auf die Veränderungen, die durch ein Kind entstehen, einzustellen. In alten Zeiten übten sich die werdenden Eltern in Geduld, ob es ein Junge oder ein Mädchen wird. Das wollen wir heute sofort wissen und wenn es nicht zutrifft, tritt tiefe Enttäuschung ein, für die das Ungeborene gar nichts kann.
Geduld bedeutet, in kleinen Schritten voranzuschreiten. Rückschritte zu erfahren und dennoch an etwas dranzubleiben. Wir üben Geduld heute nicht mehr von klein auf, weil wir nicht nur in einer Fast food-Welt leben, sondern wirklich alles schnell sein soll. Schneller Geldgewinn, schnelle Beziehungen, schnelle Entscheidungen, schnelle Lieferungen. Ein Samurai, so heißt es, trifft jede Entscheidung in sieben Sekunden. Mit dem Unterschied zu uns, dass er vermutlich im Vorfeld bereits lange über vieles nachgedacht hatte und deshalb so fix entscheiden konnte.
Geduld ist eine unserer Lernaufgaben. Wir werden zunehmend aufgefordert, Geduld zu entwickeln, weil Dinge nicht so laufen, wie wir es uns wünschen. Geduld ist eine Tugend. Es braucht unsere Entscheidung, sich dem Warten auszusetzen. Nicht dem genervten Warten, sondern dem gespannten, neugierigen Warten – was wird wohl aus dem Samenkorn entstehen? Welche Wege wird etwas nehmen? Geduld ist Vorfreude, Ausdauer und Bemühen um etwas. Eine wunderbare Gelassenheitsübung ist Geduld!
Das alte Wort für Geduld ist Langmut. Ist das nicht zauberhaft? Lange mutig sein! Großartig. Ich wünsche uns allen Langmut, damit wir Geduld mit Zuversicht verbinden können. Damit säen wir Wachstumssamen des Vertrauens in unser Herz.
Allen einen beweglichen Merkurtag!
Theresa hat beim Wandern genau hingeschaut und etwas entdeckt, was vermutlich sehr imposant ist. Danke für dein Foto!