Liebe was du tust

Die Humboldt-Brüder haben, jeder auf seine Weise, dieses Land mitgeprägt. Unser Bildungssystem wurde von Wilhelm von Humboldt stark beeinflusst, während sein Bruder Alexander lieber durch die Welt reiste und Orte besuchte, die kein Weißer vorher je gesehen hatte.  Man kann die Welt im Außen und im Innen entdecken. Bildung verbindet beides – Außen und Innen.

Damit wir in Zukunft gut aufgestellt sind (wir sind bildungstechnisch nicht wirklich im internationalen Ranking gut vertreten), macht es Sinn, über unser Bildungssystem nachzudenken. Die Frage ist immer: Was soll erreicht werden? Brauchen wir Menschen, die kreativ sind, die sich ihre kindliche Neugier auch lange Schuljahre über erhalten und weiter ausbauen konnten hin zum Forschergeist? Bemerken wir, dass soziale Fähigkeiten dazu dienen, die Gesellschaft gut zusammen zu halten und alle zu integrieren? Fördern wir kluge Köpfe, die sich gern auf ein Thema spezialisieren wollen und gönnen wir Generalisten die Chance, sich möglichst breit aufzustellen?

Unser Schulsystem erzeugt Menschen, die bei Klausuren Wissen abrufen können (um es danach meist zu vergessen). Es respektiert nicht das Genie von Kindern und wird ihrem Drang nach Bewegung innerlich und äußerlich nicht gerecht. Es fördert nicht das selbstständige Denken oder eine individuelle Begleitung im Sinne von Persönlichkeitsentwicklung. Wichtige Themen wie Würde, Werte, Achtsamkeit und Selbstverantwortung stehen nicht auf dem Stundenplan. Lieber schicken wir Schulbegleiter in die Klassen, die jeweils ein zugewiesenes Kind hüten sollen (das ist jetzt negativ formuliert, das ist mir bewusst), damit Ruhe im Karton ist.

Welche Bildung brauchen wir? Gibt es „eine Bildung“ für alle? Wohl kaum. Wir vernachlässigen bodenständige Fähigkeiten wie handwerkliches Geschick (so entsteht z.B. Achtung vor dem Wert von Kleidung, denn wer mal etwas Aufwändiges selbst genäht hat, versteht das sofort), lehnen händisches Tun gern ab und wundern uns, weshalb wir Monate auf einen Handwerker warten müssen.

Bestimmte Berufe werden gehypt, andere gelten als ungünstig. Warum? Jeder Beruf kann großartig sein, wenn er mit Liebe ausgeführt wird. In jedem Beruf gibt es Menschen, die ihn auf wunderbare Weise ausüben und andere, für die es ein nerviger Broterwerb nach dem Motto „Gott sei Dank Freitag“ ist. Die Ursache liegt darin, dass wir zu wenig probieren können, was uns liegt. Einige wenige Praktika in den Mittelschulen sorgen nicht für Erkenntnis, wie sich acht Stunden Arbeitsalltag anfühlen und in welchen Bereich ein junger Mensch einsteigen möchte, um erstmal in der Welt der Berufstätigen anzukommen.

Bildung ist lebenslang. Bildung darf breit aufgestellt sein. Zwischen Kopf und Herz und Hand braucht es Verbindungen, sollen Kinder in jedem Bereich angeregt werden. Kinder haben einen natürlichen Drang zum Lernen – der wird oft gebremst durch „das brauchst du nicht, kümmer dich lieber um die Mathehausaufgaben“. Wenn ein Kind das 20 Mal gehört hat, verstummt es (außer es ist pro Mathe, was viel mehr Kinder wären, würde man es ihnen irgendwie freundlicher nahelegen). Vielleicht verkümmert da gerade ein Nobelpreisträger, der die Menschheit hätte retten können.

Lassen wir uns und unseren Kindern die Freude am Lernen, Entdecken. Forschen, Fragen stellen und Antworten erquengeln nicht nehmen. Wissbegierde ist wunderbar. Das Beste: wenn wir einen Lehrer haben, der uns auf stille Weise fördert, schult und unsere Entwicklung so begleitet, dass wir uns in Ruhe entfalten können.

Ich hatte großes Glück, dass ich (nach der Schulzeit) Lehrer hatte, die die Kunst beherrschten, ihr eigenes großes Wissen zu teilen und zwar auf eine Art und Weise, dass sie mir nie das Gefühl gaben, zu doof zu sein, sondern etwas vielleicht noch nicht zu können. Sie teilten ihr Wissen und förderten, indem sie forderten. Sie verlangten durchaus viel in Bezug auf selbstständiges Erarbeiten von Themen, Diskussionen, Wissen in eigenen Worten wiedergeben, damit auch klar wird, wo man etwas nicht verstanden hat. Das alles kostet Zeit und ist individualisiert.

Was braucht die Zukunft? „Geistige Schokonikoläuse“, die alle gleich denken und ihre Obergrenze haben, weil ihre Wissensgier krass gestutzt wurde oder Menschen aller Level, die wissen, dass sie da, wo sie im Leben stehen, supergut aufgestellt sind und das, was sie tun, mit Kopf, Herz und Hand, lieben? Die auch mal Fragen stellen oder Aussagen raushauen wie „Der Kaiser ist ja ganz nackig!“ – DAS sind Qualitäten, die wir brauchen für die Zukunft.

 

Steffi ist unsere ungekrönte Königin der Landschaftsfotos, finde ich. Danke für dein Bild!

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