Ein Fels in der Brandung sein – das wünschen wir uns. Einfach in den stürmischen Wellen des Lebensmeeres ruhig stehen, unbeeindruckt das Wasser um uns herumrauschen lassen und Fels sein.
Viele erleben turbulente Zeiten und gefühlt nimmt das Tempo immer mehr zu. Es ist an der Zeit, das Atmen zu lernen, um bereit zu sein, wenn die Wellen mal wieder über einen drüberschlagen. Das wird sich nie verhindern lassen. Manchmal müssen wir schwimmen, manchmal ist es schlau, sich einfach von der Strömung des Lebens mitnehmen zu lassen, weil Schwimmen gegen diese Kräfte sinnlos wäre. Und manches Mal gehen wir auch unter, um uns neu zu erschaffen, zu erfinden oder um etwas ganz und gar loszulassen.
Wir tun uns schwer mit dem „vertrau der Strömung oder dem „lass los“. So lange haben wir an Überzeugungen festgehalten, Jetzt sollen wir sie einfach ziehen lassen und vielleicht sogar das Gegenteil glauben?
Wir sehen, was unser Gehirn erlaubt zu sehen. Wir sind Mustererkennungsprofis und stülpen gern ein Muster auf alles, doch das Leben ist kein Webteppich, der einem Rapport folgt. Was mal funktioniert, muss nicht bei der nächsten Herausforderung ebenso klappen. Ansichten, die wir heute hatten, können morgen nicht mehr hilfreich sein. Eine Meinung, von der ich gestern überzeugt war, erweist sich als nicht haltbar – warum festhalten, wenn anpassen an die neuen Erkenntnisse das einzig Richtige ist?
In der Familie erleben wir gerade viele Loslassprozesse. Meine 97 Jahre alte Schwiegermama war eine Woche in der Klinik wegen Herzproblemen und Schwindel, zu wenig getrunken vermutlich. Jetzt ist sie wieder daheim und bekommt jetzt eine kleine Unterstützung in ihrem Alter. Sie ist unglaublich! Unverdrossen froh und munter mit der Bemerkung „da hab ich ja nochmal Glück gehabt!“
Der Vater liegt mit dem Pflegedienst für den behinderten Bruder im Clinch. Er versteht die Abrechnungen nicht und dass man Pflegende freundlich behandelt ist nicht seines. Nun hat es massiv gekracht. Wie bringt man jemanden, der gar nichts einsieht, dazu, dass er nicht im Recht ist? Ist er. In seinem Kopf. Leider nur da – wie übrigens bei uns allen. Wir haben alle Recht, in unserer Birne und das ist der einzige Ort, an dem wir jemals Recht haben werden. Es geht nie ums Rechthaben. Ihm verständlich zu machen, wie er sich aufführt, wo er doch alles nur gut meint – schwierig. Ich bin oft vor Ort und habe keinen unnetten oder inkompetenten Pflegedienst erlebt, nur einen alten Herrn, dem alles zu viel wird und der einfach nicht loslassen kann. Er wird mit den Füßen voran aus dem Haus getragen, so seine Theorie und entscheidet damit auch für den Bruder mit. Ich sags mal so – Mein Geist absolviert gerade die Masterclass in Geduld und Aushalten.
Wer weiß, wozu all diese Erfahrungen hilfreich sind. Meine Quintessenz: Altwerden kann sehr verschieden sein. Es gibt würdevoll alternde Menschen und Menschen, die damit nicht klarkommen. Der Schlüssel ist Zufriedenheit, Dankbarkeit und Ergebenheit in das, was ist und möglich sein kann. Ich nehme mit: Üben, üben, üben. Damit man es kann, wenn es nötig ist.
Allen einen freundlichen Jupitertag!
Kleine Pause am Meer? Das hat Theresa auf dem Jakobsweg auch gemacht. Danke fürs Foto!