Lincoln war extrem beschäftigt. Er hatte sein Land als 16. Präsident der Vereinigten Staaten im 19. Jahrhundert zu regieren. Er sorgte dafür, dass die Sklavenhaltung abgeschafft wurde, was ihm viele Feindschaften eintrug. Lincoln ist in einer Blockhütte unter harten Bedingungen aufgewachsen. Walt Whitman schrieb nach Lincolns Tod das Gedicht „O Captain! My Captain!“, was Filmfreunden des Clubs der toten Dichter bekannt vorkommen könnte.
Schon als Kind habe ich angefangen, Biografien zu lesen. Ich wollte wissen, was Menschen antreibt, zu werden, was sie wurden. Es hat mich beeindruckt, dass Sebastian Kneipp aus einer extrem armen Weberfamilie stammte und obwohl sein Elternhaus abbrannte und er kaum Unterstützung hatte, seinen Traum vom Pfarrerdasein durchzog, obwohl er fast an Tuberkulose gestorben wäre. Er hat sich selbst kuriert – mit Schwimmen in der kalten Donau im Winter und fortan war das Wasser sein Lebenselixier, eine wichtige Wende. Ich verschlang Ferdinand Sauerbruchs „Das war mein Leben“, das ich endlich mit 10 bekam, weil ich wissen wollte, wie jemand denkt, der die Unterdruckkammer entwickelt, obwohl keiner vor ihm Menschen bei offenem Brustkorb operieren konnte (am meisten mitgenommen hatte mich dann die Tatsache, dass sein Hund, den er darin operierte, verstarb wegen einer defekten Dichtung). Das war die spannende Zeit, in der Menschen auf dem Mond landeten und Christian Barnaard das erste Herz verpflanzte. Alles, alles würde möglich sein, ich war in einer Zeit der Optionen gestartet!
Ich las eine Biografie nach der anderen und hatte die Hoffnung, dass all diese Menschen, die mir vorangegangen waren, die unglaubliche Taten vollbracht hatten, die jeden Tag zeigten, dass man Grenzen überwinden kann, es schaffen würden, die Welt zum besten Ort überhaupt zu machen und mich damit wie aufforderten, selbst zu wachsen, damit das alles auch Bestand hat.
Ich lese immer noch Biografien. Ich habe verstanden, dass all diese Menschen, deren Biografien ich gelesen habe, eines gemacht haben – sie haben sich konsequent ihrem Weg verschrieben. Sie haben sich weder verführen noch blenden noch abhalten lassen, ihre eigenen Grenzen zu sprengen. Sie sind viele Extrameilen gelaufen. Sie haben genau an dem Punkt nicht aufgegeben, an dem wir gern alles hinwerfen. Sie haben etwas geglaubt, das alles verändern kann: an sich, ihren Weg und die Möglichkeit, dass immer dann, wenn sie es brauchen, auch die not-wendige Kraft entstehen wird, um diesen einen Schritt zu tun, der den Unterschied macht. Wann immer ich denke „oh nee, das ist jetzt echt zu schwer“, schaue ich in die Augen der Ärztin Dr. Ita Wegman, die auf meinem Schreibtisch steht, und stelle mir das Arbeitspensum vor, das sie jeden Tag im Dienst ihrer Patienten bewältigte. Dann atme ich tief durch und denke mir „okay, einmal eine Runde durchs Zimmer tanzen und weiter geht’s, aufgeben ist nicht.“
Was sind deine „geistigen Väter und Mütter“, wer inspiriert dich, schafft es, dich immer wieder zu motivieren, auf wessen Bild auf dem Schreibtisch schaust du also?
Allen einen sehr inspirierten Tag. Mit der hilfreichen Sorgenpause à la Lincoln natürlich.
Danke an Dieter für das Farbleuchtefoto!