27 Liter Quittensaft ist das Resultat der diesjährigen Ernte. Mit den anderen Säften aus weißen, roten und schwarzen Johannisbeeren, Himbeeren, Stachelbeeren und Brombeeren und einigem an Äpfeln reicht der Vorrat entspannt für viele Monate. Der Jahresvorrat an getrockneten Apfelringen wartet aufs Verspeisen. Wenn es so weitergeht mit der Weltentwicklung werde ich doch auch über die Anschaffung eines Weck-Einkochers nachdenken.
Was hat mich das als Kind genervt, wenn in unserer alten Kinderbadewanne die kleinen Gurken gewaschen lagen und wir tonnenweise Senfkörner drüberkippten, stundenlang Zwiebelringe geschnitten haben und Dill abgezupft, damit das Ganze dann in den Weckgläsern, die heute als schick im Miniformat für Nachtische gelten, eingekocht werden kann. Zwetschgenberge entsteinen, Kirschen entsteinen, tonnenweise Äpfel schälen und schnippen, um Apfelmus einzumachen und vieles, vieles mehr. Klar ist das megacool, wenn man im Winter ans Regal geht, am Gummiring zieht und zack!, ist das Selbstgemachte genießbar. Einkochen hat den praktischen Vorteil, dass man nur einmal Strom braucht zum Einkochen selbst, der Inhalt ist dann problemlos haltbar. Nicht so wie letztes Jahr meine Kürbissuppe, die ich in Gläsern kochend eingefüllt habe und nach mehreren Wochen bemerkte, dass die nicht alle dicht waren. Das sind die Momente, in denen man durchaus wenig druckreife Worte findet nach all der Arbeit mit den harten Kürbissen.
Trocknen ist bei uns sehr beliebt, das geht über Obst (selbstgetrocknete Aprikosen, Pfirsiche, Apfelringe und vieles mehr) und Pilze (von vertrauenswürdigen Menschen gesammelt) bis hin zu Fruchtledern, auch hier habe ich nur einmal den Energieeinsatz beim Trocknen, dann hält sich alles ohne weitere Hilfsmittel.
Ebenso ist es mit den Teedrogen und Gewürzen aus dem Garten, die jetzt alle trocken sind und abgefüllt werden können. Das ist neben dem Einlegen von z.B. Johanniskraut in Öl das Beste vom Garten – du hast genau die Medizin, die du benötigst, denn im Garten wächst immer das am meisten, was man am dringendsten braucht. Letztes Jahr war das Schafgarbe, in diesem Jahr Johanniskraut. Ist das nicht erstaunlich, wie der Garten die Weltenläufe spiegelt?
In der Zeit, in der ich aufgewachsen bin, wurde den ganzen Sommer über eingekocht und unglaubliche Marmeladeberge wurden in Gläser gefüllt. Jede Sorte Obst wurde verarbeitet, entsaftet, geliert, Marmeladen hergestellt. Linzertorte ohne selbstgemachte Johannisbeermarmelade – undenkbar. Das Johannisbeergelee für die Terrassenplätzchen an Weihnachten musste stets extra gestellt werden, damit es keiner auffuttert, bevor die Kekse gebacken waren. Da hat niemand Marmelade oder Gelee gekauft und Rezepte galten als Familiengeheimnis.
Ich habe das Glück, dass ich viele Familienrezepte gesammelt und auch von meiner Schwiegermama ganz viele ihrer herrlichen Keksrezepte habe. Das ist ein Stück Familientradition, das wichtig ist, denn es prägt den Menschen. Das Essen der Kindheit ist selbst in der Therapie eine wichtige Hilfe bei Menschen mit Essproblemen – was hast du als Kind denn gern gegessen? Manchmal rettet das regelrecht Leben, so ein selbstgekochter Vanillepudding mit Schokostreußeln, den man direkt aus dem Topf leerschlecken kann.
Als ich Sonntagnacht den letzten Deckel auf die letzte Quittensaftflasche geschraubt und den Dampfentsafter saubergemacht und weggeräumt habe, war ich trotzdem froh – das war das Letzte, was in diesem Jahr eingemacht wird. Das war der Moment des tiefen Danks an den Garten, der 2021 ermöglicht hat, dass im Vorratsregal vieles steht, was wir nicht zukaufen müssen, aus eigener Herstellung mit dem Wissen, dass da niemals Dünger und irgendwelches anderes Zeug drangekommen ist. Nun darf der Garten ruhen, damit 2022 wieder genug wachsen kann.
Allen einen tatkräftigen Dienstag!