Am 7. März wird in diesem Jahr der Equal Pay Day sein, der Tag, bis zu dem Frauen pro Jahr länger fürs gleiche Gehalt arbeiten müssen als Männer (bei gleicher Arbeit). Krasses Symbol für die Ungleichheit der Entlohnung, 18 Prozent verdienen Frauen auf gleichen Positionen weniger als Männer. Zu dieser Gender-Pay-Gap gesellt sich heimlich, still und leise die Gender-Care-Gap: Nach wie vor sind es die Frauen, die sich um Kinder, Senioren, zu pflegende Menschen und den Haushalt kümmern.
Mit ist das letzte Woche besonders aufgefallen, weil mir da gleich mehrere Mütter gegenübersaßen. Top ausgebildet. Studium, zum Teil eigene Firmen. Das erste Kind kommt und mit einem Schlag wird aus der erfolgreichen Businesslady eine müde, überforderte Frau, die an ihrem Verstand zweifelt, weil sie sich in Rollen wiederfindet, von denen sie für ihr Gefühl in Geschichtsbüchern gelesen hat. Natürlich kümmern sich heute Väter anders um ihre Kinder, ist Haushalt oft gut aufgeteilt. Doch in der Realität sieht es eben nach wie vor häufig so aus, dass Frauen den häuslichen Bereich verstärkt übernehmen, weil das Kind naturgemäß oft sein Immunsystem trainiert (umgangssprachlich: krank ist), der Partner einen Job in einer anderen Stadt hat und vieles andere.
Frauen, super ausgebildet, leiden am Spagat zwischen Familie und eigener Verwirklichung. Das Geld, das sie verdienen, geht für Kinderbetreuung, Haushaltshilfe etc. drauf. Die Perspektive: Kaum ist das Kinderthema irgendwie bewältigt, die Kinder ausgezogen und Frau will endlich durchstarten, kommt die heftige Erkenntnis, dass der Pflegenotstand dafür sorgt, dass die alt werdenden Eltern unterstützt werden müssen.
Eine Klientin brachte es letzte Woche auf diesen Punkt: „Mal ehrlich – ich hab alles gegeben, um die drei Kinder zu erfolgreichen, selbstständigen Menschen zu erziehen. Ich halte Haus und Garten in Schuss und bilde mich seit Jahren aus und weiter, um endlich mein Ding zu machen. Und jetzt mache ich zwei Jahre mein eigenes Geschäftsbaby groß, hab total Freude mit meiner Arbeit, Anerkennung, verdiene mein eigenes Geld, um endlich was für die Rente zu tun und jetzt nach dem Schlaganfall des Vaters … hab ich irgendwann ein Recht auf mein eigenes Leben oder wartet die Altersarmut auf mich, weil ichs nicht über das Herz gebracht habe, Vollzeit mit den Kindern zu arbeiten oder die Eltern ins Heim zu geben? Wird Menschlichkeit nur noch bestraft?“ Eine bedeutsame Frage, die sich viele Frauen stellen und kaum einer spricht darüber.
Wir haben (noch immer!) keine Antworten, sondern mauscheln uns durch, versuchen, diesem und jenem gerecht zu werden, alle gut zu versorgen, das schlechte Gewissen zu verdrängen und müssen uns dann angesichts weiblicher Altersarmut durchaus fragen, was wir falsch gemacht haben. Diejenigen, die ihr Ding durchgezogen, darauf bestanden haben, ihr Geld zu verdienen, ihre Verwirklichung umzusetzen, haben eine angemessene Rente. Diejenigen, die anders dafür gesorgt haben, dass der Laden läuft und sich für das Engagement für die Familie auf andere Weise entschieden haben, haben es nicht.
Kinder sind die Zukunft. Wer sich dieser Aufgabe stellt, verdient ein Einkommen, mit dem man leben kann. Wer andere pflegt und sich engagiert, ebenfalls. Alle sollten in der Schule bereits lernen, dass Menschsein auch bedeutet, andere zu unterstützen, die sich selbst (noch) nicht (mehr) helfen können. Und dass das kein Armuts- und Karriereknickthema sein darf, sondern ein Upgrade in jeder Hinsicht!
Allen einen ermutigenden Tag!
Danke an Steffen für das Foto aus China!