Seneca benennt zwei seelenstärkende Dinge und beide sind mit dem Wort „Vertrauen“ verbunden. Wem oder was traue ich? Wem schenke ich mein Vertrauen, öffne also mein Herz, lege notfalls mein Leben in eine andere Hand? Beruht nicht alles menschliche Leben auf Vertrauen?
In der letzten Woche hatte ich eine Mama mit einem kleinen Baby – das Baby schmiegte sich vertrauensvoll an seine Mutter im Wissen, dass es geborgen, behütet, geschützt und versorgt ist. DAS ist Urvertrauen. Das verlieren wir oft, weil wir verletzt, im Stich gelassen, betrogen und belogen werden. Dann verlieren wir Vertrauen ins Außen. Wie steht es mit dem Vertrauen mir selbst gegenüber? Vertraue ich mir, bin ich absolut ehrlich mir selbst gegenüber oder welcher Art sind die Geschichten, die sich mein Kopf über mich erzählt?
Ich bin manchmal beeindruckt von Erfolgsstorys und denke – wow. Da muss ich eine Menge falsch machen. In meinem Leben funktionieren manche Dinge super und andere gehen halt daneben. Ich bin ein Mensch, der Fehler macht, sich verrennt, über irgendwelche nicht vorhandenen Ziele rausschießt, keinen Plan hat, wie er was lösen soll und gern mal überfordert denkt: Und jetzt?
Das ist das Leben. Das haut einem was zwischen die Beine, da kommen unerwartete Dinge ums Eck und wenn wir dann unken: „Wenn xy nicht wäre oder erledigt ist, dann fang ich an zu leben“ und wir bemerken nicht, dass genau DAS, was gerade IST, das Leben ist. Leben ist nicht, wenn es hochglanzfunkelt, das Konto gut aussieht und der Salatteller ausschaut wie Fotos aus dem Kochbuch. Leben kann dreckig und laut, gemein und fies, schmutzig und anstrengend sein. Leben halt. Irgendwo mäandert das menschliche Dasein zwischen „bassd scho“ und „zefix“.
Leben ist das, was jede Sekunde stattfindet, wenn wir bereit sind, das genau so zu nehmen, wie es ist, anstatt rumzuhadern, warum es nicht ist wie in Filmen. Es ist zu jeder Sekunde das Leben mit allem, was es bieten kann, von Horror bis Freude, von Liebe bis Wut und allem was. Gemischtwarenladen eben.
Alles beginnt damit, dass ich am Morgen voller Vertrauen aufstehen kann. Ich weiß, dass ich weder die Weltprobleme lösen werde noch Wunder wirken oder die Welt retten kann. Dennoch vertraue ich darauf, dass in den Begegnungen, die ich habe, Herzenstüren geöffnet werden. Mut neu entfacht werden darf, Hoffnung keimt, wir lachen, weinen, feiern die Bandbreite des Daseins. Darauf vertraue ich – dass das Leben mich trägt und dass ich jeden Tag übe, darauf vertraue, dass mir Lösungen einfallen, wenn ich sie brauche. Und falls nicht – dass da draußen jemand ist, der weiß, wie es geht. Weil auf diesem Planeten rund neun Milliarden Menschen mit hervorragenden Ideen leben. Gemeinsam rocken wir jedes Problem. Dafür muss ich weder perfekt noch superschlau noch sonstwie Hochglanz sein, sondern unplugged, ehrlich, zwischen restlos versagt bis „super geklappt“, weil Menschsein bedeutet, alles zu leben und vor allem – zu sein.
In diesem Sinne einen tollen Auftakt in eine Woche voller kleiner und großer Wunder, Vertrauen in dich selbst und die Tatsache, dass wir stets um Hilfe bitten dürfen. Manchmal kommt sogar eine Antwort. Gut, oder?
Vertrauen braucht man in sich, seine Fähigkeiten und die Thermik, wenn man mit dem Gleitschirm unterwegs ist. Beate hat dieses super Foto gemacht. Danke!