Ich liebe dieses Foto wegen der beiden Steinstelen im Garten von Primavera. Sie erinnern mich stets an das Wort „Erdakupunktur“, das ich vor Jahren bei Marko Pogacnik entdeckte, der mit solchen Steinstelen Landschaften ins Gleichgewicht bringt. Es kann eine wundervolle Aufgabe sein, sich um Gleichgewicht zu kümmern, oder? Alles im Leben strebt nach Homöostase, dem Ausgleich in Systemen. Ein gestresstes System wünscht sich Entspannung, ein gelangweiltes Abwechslung, ein krankes Gesundheit und so weiter. Alles strebt nach Ausgleich. Deshalb sind wir immer wieder eingeladen, zu prüfen, ob wir uns nach großen Ausschwüngen in die eine oder andere Richtung wieder einmitten können.
In Märchen ist der mittlere Weg oft der zielführende, den manchmal der „Dummling“ geht, der unbewusst Agierende, der sich jedoch nicht von seinem Ego auf andere Wege hat wegleiten lassen. Das Ego, unser Willi-Ich, das dauernd etwas haben will und hat es was, stellt es fest, dass das Gras des Nachbarn grüner ist und deshalb muss sofort … ihr kennt das Muster.
Die Natur findet im Lauf vieler Jahrtausende ihr Gleichgewicht wieder, wenn nicht eingegriffen wird. Wir finden auch unser Gleichgewicht, wenn uns bewusst wird, wo wir die Mitte verloren haben. Dann können wir aktiv den Ausgleich suchen. Ein entspanntes Leben auf Dauerschleife wäre vermutlich allen irgendwann zu langweilig, nur Stress macht krank.
Das krasseste Entstressungsmittel habe ich diese Woche erlebt. Auf dem Programm der Fortbildung stand „Barfußpfad gehen“. Wir alle wegen der Temperaturen gut eingemummelt am Start. Der Barfußindianer kommt, Toni Fenkl. Im Hemd mit Weste drüber, Ärmel aufgekrempelt, mit Sandalen ohne Socken und kurzer Lederhose. Alle Mann Schuhe aus und die ersten 200 Meter über die gefrorene Wiese, weil Bodenfrost. Der Pfad ist knapp zwei Kilometer lang. Er führt durch stehendes und fließendes Gewässer, durch ein Schlammloch, über Steine, Balken, Blähtonkügelchen (die Hölle!), das kalte Gras kam uns mit der Zeit wie der weichste Teppich vor. Bei uns allen waren am Mittag die Füße warm wie vermutlich noch nie im Leben. Die Referentin des Nachmittags wunderte sich über eine restlos stumme Klasse, weil wir so fertig waren, dass keiner mehr irgendwas sagte und um 19 Uhr nach Kursende war wohl keiner von uns mehr in der Lage, irgendwas zu machen. Bestückt war die Wanderung mit Toni mit besten Zitaten von Kneipp, einem unglaublichen Wissen, der Einladung, jederzeit Schuhe wieder anzuziehen, wenn nötig – was ich zwischendurch durchaus auch mal gemacht habe – damit jeder lernt, auf sein Gefühl zu hören, und unfassbar viel Wissen, das auf dem Weg vermittelt wurde. Die Erfahrung war so, wie Toni das vorhergesagt hatte: „Ihr werdets merken, wie gegroundet ihr neudeutsch gsagt dann seid.“ Sprachs, sprang sandalenbekleidet und weiterhin ohne Jacke und Socken auf sein Radl und fuhr mit wehendem Bart und Haar mit blitzenden lebendigen Augen an uns vorbei nach Hause. Tiefsten Respekt für diese eindrückliche Lerneinheit. Übrigens ist das jetzt mehrere Tage her und keiner ist krank geworden bisher. Soviel zu unserer fixen Vorstellung, das man sofort krank wird, wenn man Ende Oktober barfuß anderthalb Stunden herumrennt im Freien.
Wo bist du schon eingemittet und wo brauchst du dringend einen Ausgleich? Wenn dir das im Moment gar nicht greifbar erscheint – Ende November starten wir mit dem Mitte-Kurs, vielleicht suchst du ja nach alltagstauglichen Miniinterventionen, um dich innerlich runterzufahren? Hier ist der Link zum Kurs:
https://www.seelengarten-krokauer.de/mittefinden/
Von Herzen einen guten Start in die neue Woche. Es ist ja nicht so häufig, dass ein neuer Monat auch mit einem Montag beginnt. So etwas finde ich großartig.