Was nimmst du wahr?

Der Genter Altar der Gebrüder van Eyck – ein Semester lang habe ich mich im Studium mit diesem Werk und anderen der van Eycks befasst. Wir wurden darin geschult, jeden Pinselstrich genau zu betrachten, um zu entscheiden, von wessen Hand er gemalt wurde – ein Schülerwerk? Ein Meisterwerk? Zu welcher Zeit? Der Wurf der Falten gab Hinweise auf die Entstehungszeit, ebenso die Bewältigung perspektivischer Fragen und vieles mehr. Während des Studiums dachte ich manchmal – wofür brauche ich denn im späteren Leben sowas?!

Heute weiß ich es. Ich bin es gewohnt, auf Details zu achten. Auf Blicke, auf Gesten, Mikrobewegungen. Zwar nicht mehr in Bezug auf Kunstwerke (wobei – doch!), sondern Menschen. Waren es früher Datierungsfragen, sind es heute Fragen nach Zustand, Geschichten, Erlebtem. Spurensuche im Lebendigen. Ein Geschenk, welche Geheimnisse und Rätsel nicht nur in der Kunst, sondern auch im Alltagsleben verborgen sind. Menschen sind so großartige Wundertüten!

 

Was kannst du beobachten, wenn du andere Menschen siehst? Erkennst du Kollegen an ihrem Gang? Schaust du hin oder darüber hinweg und nimmst wahr oder eben nicht?

 

Theresa hat den Genter Altar besucht. Danke für das Bild!

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