Weg, was nicht zum Kunstwerk gehört

Der Muttertag ist vorbei, ich habe neue wunderschöne Becher und eine superschicke „Tasse im Schrank“. Ich mag so gern handgetöpferte Keramik, ich finde es wunderbar, wie geschickt Menschen mit dem Material umgehen können. Künstler! Angeblich hat Michelangelo gesagt, er schlage nur alles weg vom Marmorblock, was nicht zum Bildwerk gehört, Kunst als eine Befreiung des Kunstwerks aus dem es noch umgebenden Material.

Als ich gestern Abend zum Millionsten Mal die beiden „David“ von Gianlorenzo Bernini und Michelangelo nebeneinander betrachtet habe (beides grandiose Werke), fiel mir auf, dass ich in meiner Arbeit im Grunde nichts anderes mache. Ich erlebe Menschen, die in ihren Sorgen und Nöten verstrickt sind, mit dem Leben gerade nicht gut klarkommen, für sich keine Perspektive sehen. Das ist, wie im Marmorblock gefangen und von der Idee her ein wunderbares Kunstwerk zu sein. Es ist also nichts anderes in meiner Arbeit – ich lade den Menschen ein, abzulegen, was nicht zum Kunstwerk gehört und aus dem Marmorblock herauszutreten ins selbstbestimmte Leben.

Spannend, wozu einen die Betrachtung von getöpfertem Becher, zweier meiner Lieblingswerke aus der Kunst und die Überlegung, welche Klient:innen diese Woche kommen, bringen kann.

Das sind die Momente, da bin ich von tiefstem Herzen dankbar für die berührende, bewegende Arbeit, die ich machen darf. Menschen vertrauen sich mir an und öffnen mir ihr Herz. Ich darf ihre Schönheit, Weisheit, Liebe, Güte, Freundlichkeit, ihre Zweifel, Sorgen, Ängste und Nöte sehen. Wir dürfen die dunklen Seiten wertschätzen, denn sie sind der Humus, auf dem menschliche Qualitäten wachsen. Alle haben wir unsere Humusseiten, doch vor lauter Starren auf das Negative entgeht uns manchmal der Lichtstrahl zwischen den Sternen.

In diesem Sinne allen einen kunstreichen Tag (ohne Kunst wären wir keine Wesen zwischen den Welten!) und viel Lichtstrahlen.

 

Steffi schickt uns aus der Dominikanischen Republik Traumstrände. Danke von Herzen!

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