Am Abend mache ich gern eine kleine Rückschauübung. Ich gehe in Gedanken den Tag rückwärts bis zum Aufwachen. Ganz ohne Wertung, einfach nur Hinschauen, was war. Erst bei diesem Rückwärtsanschauen wird mir bewusst, was alles in diesen Tag hineingepasst hat. Manchmal hat man ja das Gefühl, dass wenig geschafft worden ist, aber es ist nicht wenig, es waren vielleicht viele hundert kleine Handgriffe, Telefonate etc., die etwas bewirkt haben, aber quasi vor großen Themen wie untergehen.
Wie wichtig diese ganzen „kleinen“ Handlungen sind, erfahre ich oft erst Jahre später. Ich habe in dieser Woche mehrere Mails bekommen, die begannen mit: „Ich weiß nicht, ob Sie sich noch an mich erinnern, ich war vor x Jahren mal bei Ihnen“. Ich erinnere mich. An Menschen, die vielleicht nur ein einziges Mal da waren und dieses Gespräch hat ausgereicht, um manches in Bewegung zu setzen. Jetzt stehen neue Themen an, es braucht einen Blick von außen und die Menschen melden sich.
Das sind Geschenke, die mir klarmachen, wie bedeutsam auch die kleinen Dinge sind. Manchmal steckt in einer Mail, einem Satz am Telefon eine Botschaft, die etwas wie umwenden, neu erkennbar machen kann.
Dabei hat mir diese schlicht anmutende Übung sehr geholfen, die aufzeigt, was alles in einem Tag geschieht, wie viele unterschiedliche Menschen andocken und wegschweben, welche Vielfalt des Lebens jeden Tag vor mir ausgebreitet wird. Von unglaublichen Schicksalsschlägen höre ich, von Meistern der Lebenskunst, vom Scheitern, vom auf die Welt kommen und sterben. Voller Respekt bekomme ich diese Lebensgeschichten berichtet, versuchen wir gemeinsam, die daraus resultierenden Aufgaben mit Würde bestmöglich zu formulieren und Schritte zu erarbeiten, die möglich sind, um mit allem gut umgehen zu können.
Oft sind es kleine Unachtsamkeiten im Alltag, unbewusst etwas gesagt, gemailt, geappt, die Verletzungen setzen. Oberflächlich mag es rasch heilen, doch unter der Wunde setzt ein Zerstörungsprozess ein, der den gesamten Organismus vergiften kann. Achten wir auf die kleinen Dinge. Schicken wir keine Mail im Zorn und voller Ärger. Reagieren wir nicht auf etwas, sondern lassen es erstmal stehen, damit wir in den Agieren-Modus kommen, anstatt wild Bälle abzuwehren, die vielleicht nicht einmal uns selbst galten!
Eine Runde Staunen in Respekt vor dem, was geschieht und voller Wertschätzung für die großartigen Lösungen, die wir finden können. Stellen wir uns auf die Seite der Resilienz in diesen Tagen, in denen die Pandemie erneut dazu führt, dass Maßnahmen ergriffen werden, um Menschen in die Vereinsamung zu bringen, Drohgebärden erkennbar sind. Menschen kommen mit unglaublichen Maßnahmen zurecht, wenn sie notwendig sind. Voraussetzung: Sie sind restlos aufgeklärt über die Fakten und darüber, ob man sie einschätzen kann oder nicht. Schwarmwissen muss nicht negativ sein. Ganz im Gegenteil. Wer Bescheid weiß, alle Fakten kennt, kann sehr kreativ werden, so entstehen vorher gänzlich unerwartete Lösungen. Angst und Vertuschung, Lüge und Bedrohung schwächen die Moral, töten das Vertrauen und erleichtern Ungutem aller Art, vor allem dem Einschüchterungsvirus und dem Misstrauensbakterium, das Eindringen und Zerstören in vormals gesunde Strukturen.
Allen einen Jupitertag, der seine freudige Energie großzügig und weise ruhig verteilen kann.
Dieses zauberhafte Bild verdanken wir ebenfalls Stephanie! Ist das nicht großartig?