Krass. Am Montagmorgen hatte ich um 8.15 Uhr einen Termin in der Stadt. 20 nach 7 sicherheitshalber losgefahren, damit alles entspannt ist. Nix war entspannt. Um 8.10 bin ich über den Residenzparkplatz gerumpelt, im Dauerlauf eine Runde bis zur Kaiserstraße. Hätte mir den Sprint sparen können, mein Termin war zwar um 8.15 aber neue Anweisung ans Praxispersonal: alle erst ab 8.30 reinlassen. So geht Zeitplanung. Memo an mich: mit der Straßenbahn bin ich viel schneller, wir haben von hier aus eine Straßenbahn, die nur an wenigen Punkten hält, damit die Schüler alle rechtzeitig ankommen. Werde ich für meinen zweiten 8.15-Uhr-Stadttermin diese Woche genau so machen.
Viele Menschen berichten von hohem Verkehrsaufkommen, weil jetzt wieder so viele Arbeitnehmer vor Ort arbeiten, nicht mehr im Remotemodus von daheim aus. Für manchen ist das die Rettung aus der totalen Einsamkeit, für andere eine restlose Überforderung, sie haben ihre Kollegen nicht wirklich vermisst. Ich staune über die Emotionen, die da hochploppen. Haben wir unsere Kollegen denn nicht wirklich gekannt vorher oder ihre Art billigend in Kauf genommen, weil es so ist und jetzt nicht mehr?
Menschen haben sich verändert in diesen Monaten, in denen das oftmals hilfreiche Korrektiv durch andere gefehlt hat. So mancher ist da in eine ganz eigene Welt hineingefallen, die mit den Realitäten wenig zu tun hat, andere haben sich eine Angstwelt aufgebaut, wieder andere sind aufgewacht wie aus einem langen Schlaf und voller Tatendrang – eine große Spannbreite erleben wir.
Ich bin gespannt, wie sich das in den nächsten Monaten entwickeln mag, sich unser Welt- und Menschenbild anpasst an die Situation, durch den stärkeren Austausch wieder mehr Lebendigkeit in alles kommen mag. Ich würde es uns sehr wünschen, dass wir nach all den Stimmungsschwankungen neu aufeinander zugehen, uns wieder wahrnehmen als Menschen, die sehr vergleichbare Bedürfnisse haben. Und mögen wir aufwachen aus unseren jeweiligen Minibubbles, in die sich der eine oder andere zurückgezogen und sich seine Welt gebaut hat. Das Leben ist nichts Virtuelles, es findet immer noch hier und jetzt und draußen in der Realität statt. Willkommen auf dem Marktplatz des Lebens.
Was ich für ein Frühlingsfoto hielt, hat Stephanie am Wochenende im Wald aufgenommen. Das ist nochmal ein grünes Leuchten vor dem Blätterfall, das strahlt aus sich heraus. Danke, Steffi!