Wochenend-Nachdenk-Input

Die drei Affen werden heute oft durch den vierten mit dem Handy ergänzt. Nach diesen letzten aufreibenden drei ersten Coronawochen wäre es hilfreich, wenn sich all jene, die nicht mit Pflege, Aufrechterhaltung und allem anderen Funktionieren beschäftigt sind, die drei Affen zu Herzen zu nehmen und die Welt nicht mit Angstwellen diverser Art zu überrollen. Es nutzt keinem etwas, wenn neue Hypes ausgerufen werden.

Besonders geschockt war ich über Menschen, die mir gesagt haben, dass Polizei da war, weil „zu viele unterwegs waren“ – eine Familie mit fünf Kindern ist zu siebt, wenn sie rausgeht und sich im Wald fernab von allen anderen aufhält! Das ist dennoch eine „häusliche Gemeinschaft“. Hoch-Zeit für Überwacher, Kontrollfreaks und selbsternannte Ordnungshüter. Anstatt zum Telefon zu greifen, wäre der Griff zu Nadel und Faden und Herstellung diverser Hilfsmittel sinnvoller oder ein Gang für den Nachbarn zur Apotheke, wenn er das nicht kann.

Nutzen wir das Wochenende, so wir es gesundheitlich und arbeitstechnisch können, und wenden den Blick weg aus der Coronahypnose hin zu der Tatsache, dass der Frühling anklopft. Nehmt diese seltenen Tage im Jahr wahr, an denen Rosen braune Blätter treiben, ehe sie grün werden. Das langsame Öffnen der Hyazinthen, das Strahlen und die weiten Blütenarme der Tulpen im Sonnenlicht, das Tanzen der Insekten auf Nahrungssuche und das Gewusel der Vögel, die Nester bauen. Der erdige Geruch des Bodens, den es nur einmal im Jahr so intensiv gibt.

Ein herzliches Lachen ausgelöst hat unsere Zwitscherbox. Früh am Morgen, Christoph rasiert sich, das Badezimmerfenster ist weit auf. Die Zwitscherbox zwitschert. Auf dem Dachfirst des Nachbarn thront das führende Amselmännchen der Gegend und nimmt die Melodien der Zwitscherbox auf und variiert sie höchst kunstvoll. Eine halbe Stunde lang standen wir wedelnd vor der Box, damit sie nicht aufhört (es ist ein Bewegungsmelder) und lauschten dem Duett. Danach war entschieden: die real lebende Amsel hat gewonnen. Sie hat den Wettbewerb an Variantenreichtum, Schönheit und vor allem Imbrunst des Vortrags, angestachelt durch die „Mitbewerber“ für sich entschieden. Kaum war das klar, gabs den Belohnungswurm.

Wie wärs, wenn ihr euch daran erinnert, dass das, was den Menschen erst zum Menschen macht, mit „Kunst und Kultur“ überschrieben werden könnte? Nutzt das Wochenende zum Singen, Tanzen, Malen, Basteln, zum kreativen Kochen, veranstaltet einen Gedicht- oder Geschichtenwettbewerb familienintern. Öffnet verstaubte Bücher! Geht in die virtuellen Museen der Welt. Gestaltet selbst was. Legt ein Naturmandala auf dem Balkon oder im Garten mit allem, was ihr beim Spaziergang findet. Stapelt Kieselsteine mit den Kindern aufeinander und probiert aus, wie viele Lieder ihr kennt und ob ihr im Kanon, zwei-, drei- oder vierstimmig singen könnt. Wer gut bei Stimme ist, hat eine ganz andere Stimmung und bringt die gute Laune mit in die Welt. Seid an diesem Wochenende Botschafter der Freude! Das gibt Kraft, damit wir die nächste Woche mit ihren Herausforderungen gut angehen können. Wer Pause hat – nutzt sie. Lenkt euch nicht ab mit stundenlangem vor dem Rechner sitzen. Flüchtet nicht vor euch selbst, sondern schaut hin. Nie war das so gut möglich wie jetzt.

Also, therapeutische Wochenend-Rezeptur: Welche Schönheiten der Welt kannst du an diesem Wochenende entdecken? Welche Form von künstlerischem Tun liegt dir und warum probierst du es nicht einfach aus?

Allen ein gesundes Wochenende im Frieden mit sich und den anderen. Machen wir es uns nicht gegenseitig schwer, das Leben.

Danke an Theresa für das affige Foto 🙂

Kommentar posten